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FINTECH16. Januar 2017

BillFront finanziert kurzfristig Rechnungen – Interview mit Christopher Vogt und Gregor Dimitriou

BillFront

Der Londoner Factoring-Dienstleister BillFront und Finleap-FinTech will Bank-Leistungen erweitern und kommt nun nach Deutschland. Auf der Suche nach Bankpartnern haben sich die Geschäftsführer Christopher Vogt und Gregor Dimitriou den Fragen von IT Finanzmagazin gestellt.

Herr Vogt, Herr Dimitriou, Sie bieten heute schon Factoring für Unternehmen im Bereich digitale Werbung/digital Medien (AdTechs & Publisher ) an, um Anzeigenaufträge vorzufinanzieren. Warum gerade die Werbebranche?

Vogt: Die digitale Werbebranche ist groß und wächst zudem stark, nämlich jedes Jahr deutlich zweistellig, maßgeblich getrieben durch Anzeigen auf mobilen Endgeräten. Im Jahr 2016 haben die globalen Umsätze von digitaler Werbung mit über 250 Mrd. USD das erste Mal die Ausgaben von Fernsehwerbung überholt. Neben Google und Facebook ist der Werbemarkt geprägt durch viele junge, innovative und schnell wachsende Unternehmen, also solche mit großem Kapitalbedarf.

Dimitriou:

Dieser Kundenkreis hat aber kaum Zugang zu den üblichen Factoring- bzw. Banken-Finanzierungen, weil die klassischen Anbieter die Adtech- & Publisher-Geschäftsmodelle nicht genügend gut verstehen.”

Chris und ich waren selber lange in der Branche tätig, das heißt wir kennen den Markt etwas besser. Wir haben eine Technologie entwickelt, die es uns ermöglicht, zu überschaubaren Ausfallraten AdTechs & Publisher zu finanzieren.

Inwiefern kooperiert Ihr Unternehmen heute schon mit Banken?

Dimitriou:

Trotz “FinTech” geht es nicht “ganz” ohne Banken. Zum Beispiel arbeiten wir mit der NIBC Deutschland Bank AG als unserem Refinanzierer zusammen.”

Die NIBC finanziert mit Ihrem Kapital einen Teil der Liquidität, mit der wir unsere Kunden versorgen. Bei unserem Auswahlprozess, den wir Ende letzten Jahres unter mehreren möglichen Finanzierungspartnern durchgegangen sind, erwies sich die NIBC als für uns optimaler Partner. Wir werden aber auch mit anderen Banken und schließlich auch direkt am Kapitalmarkt tätig sein müssen, um die Größe unseres Portfolios zu refinanzieren.

Sind auch deutsche Banken als Partner in Aussicht?

Dimitriou: Während unseres o.g. Auswahlprozesses haben wir mit einigen deutschen Banken über eine mögliche Refinanzierung gesprochen.

Leider mussten wir damals feststellen, dass im klassischen deutschen Bankenmarkt noch die Bereitschaft fehlt, sich auf neue Geschäftsmodelle wie unseres einzulassen.”

Seit dem Abschluss unserer Refinanzierungs-Transaktion aber merken wir, dass das Interesse an uns sowohl aus Deutschland, als auch aus anderen Ländern gestiegen ist. Man will eben nicht unbedingt der “erste” sein, der etwas wagt.

Möchten Sie das Billfront-Geschäftsmodell in Zukunft auch auf die Business-Endkunden in anderen Branchen übertragen?

Dimitriou: Absolut, das ist der Plan. Später werden wir auch andere Branchen im B2B-Bereich abdecken, mit dem Fokus auf digitale Geschäftsmodelle. Also Themen, die für klassische Finanzierer eher Neuland darstellen.

Inwieweit hat der Fokus auf digitale Geschäftsmodelle mit Kreditentscheidung zu tun?

Vogt: Der Vorteil, den wir bei digitalen Geschäftsmodellen sehen, ist die Verfügbarkeit von Daten, die wir neben klassischen Finanzkennzahlen ebenfalls für unsere Finanzierungsentscheidung mit berücksichtigen.

Durch die Anreicherung von Daten kann unser Risikomodell schneller und, wie wir glauben, besser fundierte Entscheidungen treffen.”

So können wir zum Beispiel Werbekampagnendaten zur Überprüfung der Rechnungs-Validität miteinbeziehen und digital abbilden.

BillFront-Gründer
BillFront wurde von Christopher Vogt (links) und Gregor Dimitrou gegründet. Die beiden Gründer vereinen langjährige Erfahrung sowohl aus der Finanzbranche, als auch im AdTech-Markt. Gregor Dimitrou arbeitete 12 Jahre lang für JP Morgan und die Deutsche Bank im Investment Banking Sektor in New York, Hongkong und London. Er hat einen Master in Wirtschaft von der Universität in St. Gallen. Christopher Vogt war Führungskraft bei einer der größten Demand-Side-Plattformen in Deutschland, AppLift, zuständig für das globale Marketing-Team auf fünf Kontinenten. Davor war er unter anderem bei Team Europe, Delivery Hero und Vertical Media tätig.

Was denke Sie, müsste sich innerhalb der Banken in ihrer IT ändern, um auch ihre Kunden bedienen zu können?

Vogt: Diese Frage können wir nicht abschließend beantworten, da uns dazu der vollständige Einblick in die IT der Banken fehlt. Allerdings kommt in den Gesprächen mit unseren Kunden häufiger das Feedback, dass Schnittstellen für cloudbasierte Rechnungs- und Accounting-Systeme nicht oder nur unzureichend verfügbar sind. Viele innovative Firmen vertrauen heutzutage aufgrund von Flexibilität und Datensicherheit auf cloudbasierte Anwendungen.

Sind dazu technische Schnittstellen notwendig?

Vogt: Die direkte Verbindung zum Kunden ist natürlich ein großer Vorteil in vielen Bereichen der Zusammenarbeit. Unsere Plattform kann sich mit einer Vielzahl von APIs der Rechnungs- und Buchhaltungssysteme unserer Kunden verknüpfen, große Daten aggregieren und anschließend strukturiert verarbeiten. Das erlaubt uns, trotz der großen Datenmenge, die Kunden individuell zu betreuen. So können wir zum Beispiel die Erhöhung eines Kreditlimits automatisiert durch das System vorschlagen lassen und somit auf unsere Kundenbedürfnisse mittels intelligenter IT-Systeme proaktiv eingehen.

Wie wäre der Prozess bei einem typischen Factoring-Fall über Sie?

Vogt: Durch unsere direkte Verknüpfung mit den Rechnungssystemen unserer Kunden ist die Bedienung aus Kundensicht sehr einfach. Jeder unserer Kunden erhält eine Online-Benutzeroberfläche, wo er seine gesamten offenen Forderungen sieht. Mit wenigen Mausklicks ist das Anfordern einer Auszahlung möglich.

Wie automatisiert ermitteln Sie die Kreditlinie ihrer Kunden und wo unterscheidet sich ihr Angebot von den Banken?

Vogt: Durch den Anschluss an viele gängige Buchhaltungssysteme geschieht das in der Regel innerhalb von Minuten.

Wir analysieren die gesamte Rechnungshistorie unserer Kunden und können darauf basierend einen Finanzierungsrahmen abstecken.”

Unsere Kunden schätzen gerade diese Schnelligkeit bei der Zusammenarbeit mit uns.

Als Unternehmen mit Sitz in London und Berlin – gibt es Bedenken wegen des Brexits?

Dimitriou: Der Brexit bedeutet eher Möglichkeiten als Bedenken für uns. Im Zuge des Brexits haben wir schon von mehreren möglichen britischen Kunden das Feedback bekommen, dass deren Finanzierungspartner entweder abspringen bzw. ihr Engagement auf der Insel zurückschrauben wollen. Wir haben da weniger Berührungsängste und wollen unsere Präsenz in Großbritannien sogar ausweiten.

Wer sind Ihre Konkurrenten und wie schwer umkämpft ist der Markt ?

Dimitriou: Theoretisch sind wir in einem Markt, also der kurzfristigen Rechnungsfinanzierung, aktiv, der sowohl von Factoring-Anbietern als auch von Banken bedient wird.

Allerdings haben wir über unser Marktverständnis und unsere Technologie einen Wettbewerbsvorteil, der uns von der Konkurrenz hervorhebt.”

Herr Vogt, Herr Dimitriou – vielen Dank für das Gespräch.aj

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