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INTERVIEW: BERND-JOSEF KOHL, GFT17. Dezember 2015

IT-Finanztrends 2016: PSD2, Data Management, IoT & M2M und P2P-Geschäftsmodelle

Bernd-Josef Kohl, Head of International Business Consulting der GFT TechnologiesGFT
Bernd-Josef Kohl, Executive Director der GFT TechnologiesGFT

2016 erwarten den Finanzsektor spannende Aufgaben in den Bereichen Regulierung und Digitalisierung, aber auch vielfältige Chancen für neue Geschäftsmodelle. Innovative IT-Konzepte werden eine Schüsselrolle spielen. Wir sprachen mit Bernd-Josef Kohl, Executive Director beim IT-Dienstleister GFT Technologies SE, über die IT-Finanztrends 2016 der Banken und Versicherer.

Herr Kohl, was wird in 2016 die größten Herausforderung für die Banken und Versicherer?

Die Themen Regulatorik, digitale Transformation und IT-Migration werden im Mittelpunkt stehen. Besondere Beachtung verdient sicherlich der zweite Stresstest der Europäischen Zentralbank, der Anfang des nächsten Jahres  durchgeführt werden soll. Zwar müssen sich diesem Verfahren in Deutschland nur die zehn größten Geldhäuser stellen. Aber die nationalen Behörden haben angekündigt, dass sie die nächstgrößeren Banken bis Juni 2016 nach dem gleichen Muster prüfen wollen. Die Zeit bis dahin ist knapp. Wir haben beim ersten EZB-Stresstest eine Bank betreut und können dieses Know-how auch anderen Kreditinstituten anbieten.

Vor etwas über einem Monat sprachen wir bereits über PSD2 (“PSD2: Teuer, unklar, riskant?”). Wie sieht da nun der Fahrplan für 2016 aus?

Über Richtlinien wie PSD 2 möchte die EU den Wettbewerb im Zahlungsverkehr zugunsten der Verbraucher stärken. Aber auch die Banken können davon profitieren, weil sie die Chance erhalten, neue Geschäftsfelder zu erschließen. Mit Hilfe softwaregestützter Dienstleistungspakete, sogenannter Service Layer, könnten die Banken künftig zur zentralen Schnittstelle für sensible Daten zwischen Behörden, Onlinehändlern und Verbrauchern werden. Dann gäbe es beispielsweise zuverlässige Antworten auf die Frage, ob ein Onlinekunde wirklich der ist, für den er sich ausgibt, und ob das angegebene Konto gedeckt ist.

Im Moment stehen die Zeichen bei vielen traditionell aufgestellten Kreditinstituten vor allem auf Sparen. Wird sich dieser Trend 2016 fortsetzen?

Ja. Viele Banken planen, Personal abzubauen und ihr Filialnetz zu verkleinern. Auch die Migrationspläne der Sparkassen-Finanzgruppe und der Genossenschaftsbanken sind ehrgeizig. Natürlich hat das Auswirkungen auf die IT.

An einem Punkt sollten die Banken aber auf keinen Fall den Rotstift ansetzen: beim Data Management. Ohne solide Datenbasis wird die Digitalisierung nicht zu bewältigen sein.

Glauben Sie, dass die Branche im nächsten Jahr vermehrt auf IT-Lösungen aus der Cloud setzen wird?

Ich bin skeptisch, ob die Banken dieser Technologie in vollem Umfang vertrauen. Mit einem zentralen IT-Dienstleister lassen sich aber einzelne Bereiche, bei denen die Flexibilität im Vordergrund steht, als Cloud-Dienste definieren.

2015 empfand ich als das Jahr der professionellen Hacker. Die haben es offenbar immer häufiger auf die Manipulation von Geldströmen abgesehen. Müssen die Banken dem Thema Sicherheit 2016 nicht deutlich mehr Aufmerksamkeit schenken?

Was den Datenschutz angeht, passiert in den Banken momentan sehr viel. Ein hohes Maß an Sicherheit beim Onlinebanking verspricht zum Beispiel das Chip-TAN-Verfahren. Die Entwicklung geht aber noch weiter: Mit einem Spin-Off der Universität Tübingen haben wir ein ebenso sicheres wie komfortables Bezahlverfahren mit einer Display-TAN (wir berichteten, Anm. d. Red.) entwickelt. Der TAN-Code wird direkt in der EC- oder Kreditkarte erzeugt und in einem Displayfeld angezeigt. Die Bankkarte ist per Bluetooth mit dem Smartphone verbunden und vor Virenangriffen geschützt. Solche Lösungen werden in nächster Zeit vermehrt auf den Markt kommen, da müssen die Banken investieren.

Viel Diskutiert werden derzeit auch IoT und M2M-Kommunikation – also die Kommunikation zwischen Systemen. Müsste das nicht auch ein Thema für die Finanzwirtschaft sein?

Durchaus. Hier sehe ich ein großes Potenzial für den Zahlungsverkehr zwischen Banken und größeren Unternehmen. Bisher verlaufen die Zahlungsverkehrssysteme und die Treasury-Anwendungen auf Kundenseite in getrennten Bahnen. Im Zuge der Automatisierung werden die Systeme von Kunde und Bank verlinkt und die Prozesse wachsen ineinander.

Damit wären wir bei einem meiner Lieblingsthemen: Instant Payment. Wann geht es da wie weiter?

Das offizielle White Paper wird für November 2016 erwartet, die Einführung soll ein Jahr später erfolgen. Der Zeitplan ist eng, aber Instant Payment eröffnet den Banken interessante neue Geschäftsmodelle: Wenn etwa die M2M-Software in einer Fabrik erkennt, dass ein Werkstoff zu Neige geht, kann mit der Erfüllung des Auftrags die Zahlung in Echtzeit abgewickelt werden. Von solchen Konzepten profitieren alle Beteiligten.

Dazu passt ganz gut noch ein weiteres Stichwort: P2P. GFT und SIA haben “Jiffy” am Start (wir berichteten). Bewegt sich da schon was in Deutschland?

In Italien haben mittlerweile 13 Bankengruppen die von GFT und dem Zahlungsverkehrsdienstleister SIA entwickelte Digital Wallet Lösung “Jiffy“ eingeführt, die P2P-Zahlungen mit dem Smartphone unterstützt und auf dem SEPA-Standard basiert. Die deutschen Banken könnten diesem Beispiel folgen und ebenfalls eine gemeinsame P2P-Lösung auf den Markt bringen.

Vielen Dank Herr Kohl für den Ausblick auf 2016!aj

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