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MEINUNG: SOFTWARE AG26. November 2014

IT-Trends 2015 im Finance: Transformation zur digitalen Bank

Steffen Lorenz, Principal Consultant Software AG Software AG
Steffen Lorenz, Principal Consultant Software AG Software AG

Dem richtigen Kunden über seinen bevorzugten Kanal ein maßgeschneidertes Angebot zu unterbreiten, muss vorrangiges Ziel der Bankhäuser sein, wenn sie angesichts der Konkurrenz aus der digitalen Welt wettbewerbsfähig bleiben wollen. Auf dem Weg dorthin zeichnen sich zwei Trends ab, die unmittelbar miteinander verknüpft sind: Big-Data-Analysen und Omni-Channel-Vertrieb.

Die erste Anfrage für die Kreditvergabe stellt der Bankkunde online mit dem Smartphone, das Beratungsgespräch führt er persönlich in der Filiale, die Bestätigung erhält er per Mail am PC: Der moderne Kunde kommuniziert mit seiner Bank über mehrere Kanäle hinweg, zu jeder Zeit und dort, wo er gerade ist. Dieses veränderte, zunehmend digital orientierte Konsumverhalten stellt den Finanzsektor vor enorme Herausforderungen. Gleichzeitig stehen Banken aufgrund des niedrigen Zinsniveaus unter hohem Kostendruck und müssen sich gegenüber branchenfremden Wettbewerbern behaupten. Hierfür müssen sich traditionelle Bankhäuser im kommenden Jahr technologisch und organisatorisch aufstellen.

Über den Autor
Steffen Lorenz arbeitet als Principal Consultant im Vertrieb der Software AG in Deutschland. Als Diplom-Wirtschaftsinformatiker beobachtet und bewertet er aktuelle Trends, individuelle Kundenanforderungen und neueste Technologien für Kunden aus dem Bereich Financial Services, dem er seit mehr als 20 Jahren verbunden ist.

„Seamless Banking“ heißt das neue ROPO

Finanzgeschäfte ohne Brüche digital, mobil und persönlich erledigen – die Basis dafür, dass Banken ihren Kunden relevante Produkte anbieten können, ist die Echtzeit-Analyse von Interessen, Bedürfnissen und Verhaltensweisen. Es gilt, die Instrumente, die Einzel- und Onlinehandel bereits erfolgreich einsetzen, um ihre Umwandlungsrate zu steigern, in den Finanzsektor zu übertragen: Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, für welche Produkte sich der Kunde in seiner aktuellen Lebens- und Finanzsituation interessiert. Überweist ein Bankkunde beispielsweise regelmäßig Beträge von seinem Girokonto auf ein Konto einer Direktbank, könnte ihn ein attraktives Angebot seiner Bank für ein Tagesgeldkonto interessieren. Mithilfe von Big-Data-Analysen entsteht ein vollständiges Bild des Kunden, anhand dessen Finanzberater Produkte als „Next Best Offer“ anbieten können, die er mit hoher Wahrscheinlichkeit kauft.

Dabei gilt: Je schneller diese Analyseergebnisse zur Verfügung stehen, umso besser. Im Idealfall sieht der Servicemitarbeiter der Bank ein aussagekräftiges Profil des Kunden vor sich, der gerade die Bank betritt. Er weiß zum Beispiel, dass sein Festgeld-Konto in Kürze ausläuft, und kann ihm direkt ein Angebot für eine weitere Anlage machen.

„Schnelligkeit ist das Gebot der Stunde. Banken müssen direkt reagieren und ihren Kunden unmittelbar ein Angebot machen wenn der Kunde das Bankgeschäft tätigt oder sich darüber informiert. Bislang ist in vielen Bankhäusern Usus, Kundeninformationen mithilfe von Business Intelligence Tools auszuwerten lange nachdem der Kunde aktiv war, um dann ein allgemeines Mailing oder eine Postsendung zu verschicken. Das dauert dem digital orientierten modernen Kunden viel zu lang“, erklärt Steffen Lorenz, Experte für Finance-Themen bei der Software AG. „Hier besteht enormer Handlungsbedarf. Digitale Angreifer, die Big Data souverän beherrschen, warten geradezu darauf, im Finanzmarkt anzugreifen. Und dann haben ihre Angebote das Potenzial, etablierten Banken innerhalb kürzester Zeit Marktanteile streitig zu machen.“

Dabei kommt es darauf an, den Kunden auf den Kommunikationskanälen abzuholen, die er bevorzugt nutzt. Hierfür ist eine Segmentierung der Kundengruppen notwendig, um beispielsweise jüngere, digital und mobil orientierte Kunden auf dem Smartphone und ältere Zielgruppen im persönlichen Beratungsgespräch anzusprechen. Ziel des Omni-Channel-Ansatzes „Seamless Banking“ ist es, alle Vertriebskanäle so intelligent und nahtlos zu vernetzen, dass jeder Kunde den Kanal frei wählen kann, über den er einzelne Schritte oder das gesamte Finanzgeschäft abwickeln will – und das unabhängig davon, ob er gerade unterwegs, im Büro oder zu Hause ist.

Handlungsbedarf: Digitaler Umbau der Organisation hin zu Prozessautomatisierung

Technologisch müssen Banken hierfür ihre größtenteils monolithisch geprägten IT-Infrastrukturen aufbohren. Vorherrschend sind im Finanzsektor umfassende zentrale Mainframe-Anwendungen, die für neue digitale, mobile Vertriebskanäle geöffnet werden müssen. Dies setzt einen tiefgreifenden technologischen Wandel voraus: Einige Software-Anwendungen müssen modernisiert, intuitiver und dezentral gestaltet werden, andere können weiterhin zentral gehostet werden, benötigen jedoch zunehmend Schnittstellen und Integrationspunkte für mobile Apps und Zahlsysteme wie beispielsweise Apple Pay oder Google Wallet. Diese Evolutionsstufe müssen Banken unter Einhaltung höchster Sicherheitsstandards und im Idealfall schneller als ihre Wettbewerber erreichen. Die größte Herausforderung ist jedoch, diese digitale Transformation mit einer umfassenden Prozessautomatisierung zu verbinden. Denn unter dem aufgrund des niedrigen Zinsniveaus anhaltend hohen Kostendruck müssen Banken Prozesse standardisieren und optimieren, um Kosten zu senken.

„Dabei widersprechen sich Standardisierung auf der einen und individuelle Kundenansprache auf der anderen Seite nicht“, so Finanzexperte Steffen Lorenz. „Ein wichtiger Standardprozess ist beispielsweise das Kreditgeschäft. Aber gewisse Prozessschritte werden auf den Kunden zugeschnitten, etwa das Angebot, das ihn postalisch, auf seinem Smartphone oder in der Filiale erreicht. Über die Einführung einer neuen Standardsoftware lässt sich dieses Ziel jedoch nicht erreichen, weil so weder eine Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb möglich ist noch den spezifischen Anforderungen der Bank Rechnung getragen werden kann. Besser geeignet ist der Aufbau einer Digitalisierungsplattform, die vorhandene Prozesse, Systeme und Daten integriert und in Form neuer digitaler Produkt- und Serviceangebote zusammenführt.“

Auf diesem Feld besteht derzeit der größte Nachholbedarf: Laut einer aktuellen McKinsey-Untersuchung bilden europäische Retailbanken erst 20 bis 40 Prozent ihrer Prozesse digital ab.

„Da ist noch enorm viel Luft nach oben – und das, obwohl die Prozessautomatisierung kein neues Thema ist. Aber die meisten Banken denken diese Transformation nicht zu Ende. Es gibt noch zu viele Teilprozesse, die nicht digitalisiert sind, noch viele Medienbrüche – Potenzial, das Banken heben müssen, wenn sie sich gegenüber den neuen Wettbewerbern behaupten wollen“, kommentiert Steffen Lorenz. „Der Handlungsdruck steigt, die Konkurrenz aus der digitalen Welt gewinnt an Stärke. Daher können Banken den digitalen Umbau ihrer Organisation nicht auf die lange Bank schieben. Banken müssen sich 2015 so aufstellen, dass sie der digitalen Transformation und den Wettbewerbern, die das digitale Zeitalter hervorbringt, gewachsen sind. Andernfalls besteht die Gefahr, dass sie Marktanteile an Big Player wie Google, Facebook, Amazon oder Apple verlieren – speziell in ihrem Kerngeschäft, wie etwa dem Zahlungsverkehr und dem Kreditgeschäft, wo sie große Teile ihrer Erträge generieren.“

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