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DISKUSSION20. Juli 2015

Kontrovers: Hat Bitcoin überhaupt eine Chance?

aslysun/bigstock.com
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Bitcoin spaltet. Viele sehen darin eine Währung für Kriminelle, die unbedingt verboten werden muss. Andere glauben die Tatsache, dass der Wert des Bitcoins nicht vom Staat beeinflusst wird dem Bürger eine neue Monetäre Freiheit bringen. Sogar das der Bitcoin zur zukünftigen Weltwährung wird ist zu hören.
Wir haben die bekannten Blogger Maik Klotz und Rudolf Linsenbarth zum Meinungsduell eingeladen. Ein spannender Schlagabtausch.

maik-klotz-500Maik: Die wichtigste Frage wie immer aus Sicht des Nutzers: Welches Problem löst eine Kryptowährung wie zum Beispiel Bitcoin? Diese Frage bleibt unbeantwortet. Um überhaupt erstmal den Hintergrund bei Kryptowährungen zu verstehen braucht man ein ähnliches Verständnis wie von Quantenphysik. Kein Konsument der Welt quält sich durch minutenlange Youtube-Tutorials oder Dokumentationen um etwas zu verstehen, dessen Nutzen ihm nicht mal klar ist. Dementsprechend ist Bitcoin nichts für den Joe Sixpack User. Wenn also nicht für Normalsterbliche konzipiert, muss natürlich die Frage erlaubt sein für wen eine anonyme digitale Währung interessant ist und natürlich spielt dann auch die Kriminalität eine Rolle. Aber im Kern sehe ich keinen Nutzen für den Konsumenten, was nicht bedeutet das die dahinterliegende Technik interessant ist oder irgendwann im Zahlungsverkehr eine Rolle spielen wird.
maik-klotz-500Maik: Nein, man muss nicht verstehen wie ein Mobilfunknetz funktioniert, aber welchen nutzen Mobilfunk stiftet. Und bei Kryptowährungen ist der Kundennutzen nicht klar. Ob es das einfachste P2P System der Welt ist darf bezweifelt werden. Denn wenn es so wäre wie Du sagst und man sofort loslegen kann, dann machen wir den Test: Lädt man Breadwallet als empfohlene App von Bitcoin, dann kann man Geld senden und empfangen. Woher das Geld kommt, erfährt der Nutzer nicht. Wie ich Geld in die Wallet bekomme, kein Wort dazu. Also zurück auf die Website von Bitcoin und Studium beginnen. Es mag sein, das wenn man das alles mal eingerichtet hat, der eigentliche Prozess einfach ist, bis dahin ist es ein langer Weg und der ist bei Kryptowährungen sogar ganz ohne Registrierung lang.

Wenn also Kryptowährungen so einfach und so nützlich sind, warum interessiert es dort draußen außer Nerds niemanden? Weil es kein Problem löst. Eine Analogie: Seit dem wir im Netz unterwegs sind, gilt die Empfehlung den E-Mail Verkehr zu verschlüsseln und das nicht nur im Business-Umfeld. Niemand nutzt aber E-Mailverschlüsselung, obwohl es sinnvoll ist. Selbst die NSA Affäre hat daran nichts geändert. Der Wunsch nach Sicherheit ist vorhanden, die Bequemlichkeit aber siegt. Deshalb hat Apple auch TouchID gebracht, weil nicht alle Konsumenten Lust hatten sich ein vierstelliges Passwort zu merken. Nun ist jedes iPhone (aber auch viele Android-Geräte) automatisch mit dem Fingerabdruck verschlüsselt. Der Kundennutzen ist klar: Sicherheit ohne auf Bequemlichkeit zu verzichten. Bei Kryptowährungen kommen noch viele andere Faktoren dazu: Kaum Akzeptanzstellen, fehlende Nutzerbasis, etc. Erkläre mal meinem Vater, Anfang 60, in drei Sätzen warum er Kryptowährungen nutzen sollte.

maik-klotz-500Maik: Wir drehen uns im Kreis und die wichtigste Frage bleibt unbeantwortet. E-Mail hat den postalischen Versand ergänzt und in vielen Bereichen abgelöst. Das Argument bei E-Mail ist einfach: Verschicke Post elektronisch in Echtzeit und kostenlos. Kommen wir zu Kryptowährungen: Ich kann schon heute elektronisch und ich Echtzeit Geld verschicken. Was macht Bitcoin besser? Die Anonymität? Interessiert mich nicht. So wie den meisten der NSA Skandal egal war. Geschwindigkeit? Kann es auch nicht sein. Usability? Wohl eher nicht. Erkläre dann doch mir warum ich Bitcoin nutzen sollte? Ich erkenne keine Argumente. Spieltrieb? Spekulation? Welches Problem oder welchen Use-Case kann ich mit Bitcoins erledigen, welches ich nicht heute schon mit PayPal und Co erledigen kann? Für Kryptowährungen sprechen  aus meiner Sicht vor allem politische Dinge, die sind mir aber aus Konsumentensicht (fast) egal. Es bedarf schon etwas mehr als “Spieltrieb” oder “Spekulation” in eine Währung die niemand versteht. Kryptowährungen werden als Produkt für den Konsumenten in absehbarer Zeit keinerlei Relevanz haben. Als Technologie für Backend-Prozesse sehe ich das schon eher, aber das interessiert den Konsumenten nicht. Zumindest nicht primär.
maik-klotz-500Maik: Ich stimme Dir zu, politisch gesehen werden Kryptowährungen gebremst. Man darf aber nicht vergessen, warum Satoshi Nakamoto Bitcoins entwickelt hat. Er kam aus einer Bewegung, die sich dem Schutz der Privatsphäre verpflichtet sah und er sah die Zentralbanken als gescheitert an. Kein Wunder also das man das ganze nicht forciert. Ich sehe die Zukunft von Kryptowährungen wie Bitcoins eher in der Technologie. Finanzdienstleister werden ein solches System künftig verwenden, um Zahlungen zu veranlassen. Der Kunde wird weiterhin mit Euro oder einer anderen Währung bezahlen, aber die Gleise auf denen das System fährt könnte Bitcoin oder etwas Ähnliches sein.
aj
Rudolf Linsenbarth
Rudolf Linsenbarth ist Senior Consultant für den Bereich Mobile Payment und NFC bei COCUS Consulting. Zuvor war er 11 Jahre im Bankbereich als Senior Technical Specialist bei der TARGO IT Consulting (Crédit Mutuel Bankengruppe). Linsenbarth ist einer der profiliertesten Blogger der Finanzszene und kommentiert bei Twitter unter @holimuk die aktuellen Entwicklungen der Branche. Alle Artikel und Meinungsäußerungen schreibt Rudolf Linsenbarth im eigenem Namen.
Maik Klotz
Geboren 1975. Schulzeit und Ausbildung hinter mich gebracht, zur Freude aller. Trotzdem was gelernt. Heute arbeite ich als Head of Business Development im Bereich Mobile Loyalty. Ich bin Sprecher, Autor und Berater zu den Themen Mobile, Banking und Payment. Mein Fokus liegt auf dem Anwender. Findet mich auf XING oder folgt mir bei Twitter :-)

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