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STRATEGIE INTERVIEW16. Oktober 2015

SAP S/4HANA: Was bedeutet die neue Version für Finanzinstitute?

Rene Stolte, Computacenter Computacenter
Rene Stolte,Solution Manager ComputacenterComputacenter

Ständig steigende Datenvolumen und immer mehr Informations­quellen machen das Datenhhandling für Finanzinstitute deutlich schwieriger. Trotzdem müssen die Daten in kurzer Zeit ausgewertet werden, denn das ist eine Voraussetzung für viele Kernprozesse wie Kreditvergabe, Zinsberechnung oder Angebotskalkulation. Glaubt man SAP, dann soll der Einsatz von S/4HANA die Lösung sein. Wir fragten bei René Stolte, Solution Manager bei Computacenter nach.

Herr Stolte, könnten Sie uns bitte ganz kurz zusammenfassen, was die Vorteile von SAP S/4HANA gegenüber der vorherigen Version sind?

Der größte Vorteil von S/4HANA ist, dass eine neue Applikation entwickelt wurde, die auf die Möglichkeiten und Performance der HANA Plattform abgestimmt ist und somit erstmals ein einheitliches System aus Datenbank-Plattform und Anwendungen bietet. Schon der Umstieg von klassischen Datenbanken auf HANA ermöglichte neben den deutlichen Performancesteigerungen eine deutliche Reduzierung des Datenvolumens. Mit S/4HANA führt SAP diesen Weg konsequent fort, zum Beispiel durch das wesentlich verschlankte Datenmodell. Dadurch ergibt sich ein enormes Einsparungspotenzial innerhalb der SAP Systemlandschaft, da diese Daten vielfach im Rechenzentrum liegen – etwa in Test-, Entwicklungs-, Backup-, Hochverfügbarkeits-, Projekt- oder Schulungssystemen. In Zukunft werden sich zum Beispiel CRM- oder PLM-Systeme mit dem ERP integrieren lassen und Finanzunternehmen benötigen keine redundante Datenhaltung und Schnittstellen mehr. Dies führt zu weiteren Kosteneinsparungen.

Und wo ist der konkrete Businessnutzen?

Da auch die Anwendungen schlanker werden, lassen sich Geschäftsprozesse in Echtzeit erstellen. Zudem reduziert die In-Memory-Technologie die Antwortzeiten deutlich. Auf diese Weise gewährleisten Unternehmen einen schnellen Zugriff auf die benötigten Informationen, selbst in Big Data-Umgebungen. Die optimierte Nutzung wird durch die neue Oberfläche Fiori unterstützt, die nun für alle Endgeräte einheitlich ist und sich an unterschiedliche Anwenderprofile anpassen lässt. Fiori macht die Nutzung nicht nur „schicker“, sondern auch prozessorientierter, so dass sich der Anwender nicht mehr durch unendlich viele SAP GUI Masken kämpfen muss, bevor er seine Informationen erhält oder einen Vorgang bearbeiten kann.

Müssen bestehende Investitionen der Anwender in existierende Datenbanken nicht geschützt werden?

Das ist tatsächlich ein kritischer Punkt, da Unternehmen praktisch keine Datenbanken anderer Hersteller auf S/4HANA nutzen können. Allerdings sollten sie bedenken, dass die zahlreichen Vorteile von S/4HANA nur durch die enge Integration der SAP-Lösungen möglich sind. Möchten sie also weiterhin eine austauschbare Datenbank verwenden, muss der Applikationshersteller den kleinsten gemeinsamen Nenner dieser Datenbanken unterstützen. Damit lässt sich allerdings niemals das vollständige Potenzial von S/4 und HANA ausschöpfen. Nur in Kombination bieten sie die volle Bandbreite an Performance und Funktionen. Zusätzlich kann SAP damit zum Beispiel auch die Wartungs- und Innovationsintervalle aufeinander abstimmen. Dies vereinfacht den Betrieb komplexer SAP-Landschaften deutlich.

Wann ist es schlauer nicht zu migrieren?

Es gibt eigentlich keine Option, nicht zu migrieren. Da der Support für die alte Business Suite im Jahr 2025 ausläuft, müssen die Unternehmen entweder auf S/4HANA migrieren oder Lösungen anderer Hersteller nutzen. Wenn man aber gegenüberstellt, welche Vorteile den SAP-Anwendern durch die Nutzung der HANA-Plattform möglich werden, stellt sich in vielen Fällen nicht die Frage, ob auf S/4HANA migriert werden soll. Es geht vielmehr um die Frage, wann der ideale Zeitpunkt für diese Migration ist.

Wie eng muss der Austausch zwischen IT- und Fachabteilungen speziell bei einer S/4HANA-Implementierung sein?

Der Austausch zwischen diesen Abteilungen muss bei einer Migration dieser Größenordnung immer sehr eng sein. Schließlich befinden sich in den Fachabteilungen die Endanwender, die auf Basis von S/4HANA ihre täglichen Arbeitsprozesse durchführen sollen. Diese sind möglichst frühzeitig in die Planung einzubinden, um die Akzeptanz und die Effizienz der späteren Nutzung zu erhöhen. Und weil die Kombination aus S/4 und HANA aufgrund der enormen Performancesteigerungen nun Prozesse ermöglicht, die bisher nicht ansatzweise realisierbar waren, ist der frühe Austausch von IT- und Fachbereichen unerlässlich. Projekterfahrungen von Computacenter haben gezeigt, dass sich damit direkte Wettbewerbsvorteile generieren lassen.

Lohnt sich die Migration auf S/4HANA denn finanziell?

Ja. Wenn Finanzunternehmen die gesamte Systemlandschaft migrieren, lässt sich S/4HANA im laufenden Betrieb meist ohne Mehrkosten einsetzen. Dies liegt an den zahlreichen Effizienzsteigerungen im Betrieb und der Nutzung der Systeme. Zwar sind neue Lizenzen nötig und auch Migrationskosten lassen sich nicht vermeiden. Überschätzen sollte man diese allerdings nicht, denn es handelt sich hierbei um eine Standardmigration mit bewährten Verfahren. Zudem gibt es Möglichkeiten, die Investitionskosten auf ein Minimum zu reduzieren, wenn geeignete Architekturen für die gesamte SAP-Landschaft erarbeitet werden. Inzwischen sind von allen relevanten Infrastrukturherstellern SAP HANA-zertifizierte Komponenten verfügbar. Da es sich um Standard x86- und Storage-Systeme handelt, sind diese oft günstiger als Unix- oder Mainframe-Systeme, bieten aber eine deutlich bessere Performance. Zusätzlich führt das reduzierte Datenbankvolumen der HANA-Systeme zu weiteren Einsparungspotentialen bei der Infrastruktur und dem Betrieb der SAP Landschaften.

Sollte man nicht erst einmal abwarten, bis etwaige Kinderkrankheiten ausgebessert sind, oder schon jetzt mit dem Migrationsprojekt starten?

Auch wenn das Jahr 2025 auf den ersten Blick noch in weiter Ferne liegt, sollte man sich schon jetzt mit dem Thema befassen. Denn ein Wechsel der gesamten Applikationslandschaft ist nicht zu unterschätzen, ein solches Projekt dauert Jahre. Ein frühzeitiger Projektstart eröffnet die Chance, Erfahrungen mit HANA zu sammeln und somit die Sicherheit im Betrieb zu erhöhen. Mittlerweile lassen sich SAP HANA Systeme auch stabil im Rechenzentrum betreiben und es gibt kaum noch technische Einschränkungen, die gegen eine Migration sprechen. Unternehmen sind also gut beraten, nicht abzuwarten, sondern schon jetzt mit der Abwägung von Aufwand und Nutzen durch S/4HANA beginnen.

Herr Stolte, vielen Dank für Ihre Einschätzung.aj

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