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PAYMENT INTERVIEW29. Juli 2015

Sofort GmbH: 40 Prozent Wachstum und kein bisschen Angst vor Paydirekt

Dr. Gerrit Seidel, Geschäftsführer der Sofort GmbHSofort GmbH
Dr. Gerrit Seidel, Geschäftsführer der Sofort GmbHSofort GmbH

Online Einkaufen und direkt bezahlen: das ist die Domäne von PayPal und der SOFORT Überweisung, und soll – wenn es nach den Deutschen Banken geht – ab 8. November auch mit Paydirekt funktionieren. Dr. Gerrit Seidel, Vorsitzender der Geschäftsführung der Sofort GmbH glaubt nicht an den Durchmarsch von Paydirekt und sieht Sofortüberweisung in einer besseren Position. Im Österreich zeigt Sofort, was auch in Deutschland möglich wäre: Aus zehn Jahren Markterfahrung lernen und eine Kooperation mit Banken schmieden.

Herr Dr. Seidel, fangen wir gleich mal mit dem neuen Rivalen Paydirekt an. Das System der Banken will auch direkte Zahlung vom Girokonto ermöglichen. Ist Paydirekt für Sie ein Problem?

Nein, ganz im Gegenteil. Wir sehen das ganze sportlich. Zunächst: Wettbewerb treibt das Geschäft an. Das ist gut. Und das die Deutschen Banken etwas machen mussten, ist auch klar. Nun sind Banken bekanntermaßen etwas langsam in Innovationen. Es ist aber grundsätzlich begrüßenswert, dass der Deutschen Bankensektor sich zunächst mal formiert und eine Meinung gebildet hat und danach handelt.

Bringt Sie das nicht in Bredouille?

Das ganze Thema bringt uns aus unserer Sicht überhaupt nicht in die Bredouille. Wir sind seit 2005 im Markt und die Entwicklungen im Internet haben sich seitdem von Jahr zu Jahr beschleunigt. Mittlerweile haben wir so ein Wachstum und einen Vertrautheitsgrad bei den Händlern und Konsumenten, so dass wir heute aus dem Markt gar nicht mehr weggedacht werden können. Und ich behaupte die Sofortüberweisung ist mit Fug und Recht des Händlers liebste Zahlungsmethode – aus verschiedenen Gründen.

Aus welchen?

Der Wichtigste ist sicher, dass wir für Händler die „total costs of payment“ herunterfahren. Außerdem sind wir sehr sicher, wahnsinnig einfach, haben ein hohes Verständnis für die Wertschöpfungskette der Händler und begreifen die Händlerstrukturen, insbesondere auch in den einzelnen Segmenten. Will sagen – wir kennen die Anforderungen der Segmente zum Beispiel Travel, Einzelhandel, Elektronik – und verstehen sie auch. Wir haben die Spezifika dieser Segmente begriffen und auch produktseitig umgesetzt, und das ist natürlich ein Vorteil. Zudem ist es von Vorteil, dass wir bereits 2005 angefangen haben. Im Internetzeitalter ist der Vorsprung so gut wie nicht mehr aufzuholen.

Nun hört man immer wieder, dass es auf den Handel ankommt, welche Zahlmethode das Rennen machen wird. Worauf schauen die Händler den nun eigentlich?

Bei Zahlmethoden schaut der Handel auf einige wenige, aber wichtige Punkte: Der Erste ist „Reach“. Das heißt, er braucht Reichweite. Und zwar muss das Zahlungsmittel natürlich so viel wie möglich Banken abdecken – aber nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. Denn: 90 Prozent der deutschen Händler sind in mindestens einem weiteren europäischen Land tätig. Bei grenzüberschreitenden Aktivitäten wollen die Händler die Komplexität reduzieren, und damit Payment-Kosten senken. Auch langwierige IT-Projekte ärgern Händler.

Der zweite Punkt ist die „Vertrautheit“: Händler benötigen von Anfang an ein Zahlungsmittel, mit dem sie vertraut sind, das sicher und einfach ist und das bewiesenermaßen funktioniert. Übrigens, je größer ein Händler ist, umso größeren Wert legt er darauf. Kein Händler will ein Versuchskaninchen für neue, unreife Zahlmethoden sein.

Sofort ist in Europa mittlerweile mit über 30.000 Händlern unterwegs, und das mit einer Reichweite in alle Internetsegmente, die es gibt: Travel, Elektronik, Retail, Software Downloads usw. Und wir haben über 18 Millionen User. Das ist natürlich ein Pfund, das wir in die Waagschale werfen. Und damit können wir sagen, dass wir eine der beliebtesten Zahlarten in Deutschland und Europa sind. Daher sehen wir die Bemühungen der Banken gelassen.

Wer sind denn aus Ihrer Sicht die relevanten Wettbewerber für die Deutschen Banken und Paydirekt?

Neben anderen amerikanischen Wallet-Anbietern natürlich vor allem Paypal. Die haben den Deutschen Banken Angst und Schrecken eingejagt. Die Art, wie sie Kundenbeziehung betreiben, wie sie eine Marke aufgebaut haben und wie sie ihre Dienstleistung rein über das Zahlungsthema hinaus erweitern, Kontoführung mit der Fähigkeiten ein Gehaltskonto abzubilden, bis hin zu Fähigkeiten ins Merchants-Lendig (also ins Händler-Kreditgeschäft) zu gehen – das ist ein zunehmender Schrecken für Banken, dem diese nichts entgegengesetzt haben. Viel zu lange nichts. Und es gab ja viele, viele Anläufe. Jetzt ist Paydirekt dabei heraus gekommen. Aus unserer Sicht zu spät und nur als Reaktion und nicht als proaktive Strategie.

Sie sagen also, der Vorteil der Sofortüberweisung gegenüber Paydirekt ist die Reichweite?

Ja. Diese Reichweite bezieht sich auf eine Penetration bei den Konsumenten. Und das eben nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. Ein großer Teil unserer mehr als 18 Millionen User sind in Deutschland. Und zum Thema Reichweite gehören natürlich auch die 30.000 Händler in allen Internet-Segmenten – und schließlich unsere Verbreitung in 13 Ländern. Und das alles ist Reichweite – das ist, was ein Händler braucht. Und dazu gehört eben auch „Vertrautheit“ und „Sicherheit“.

Eigentlich nennen wir die Zahl nicht so prominent, aber damit sie das besser einordnen können – insgesamt wachsen wir bei der Sofort GmbH aktuell im Vergleich zum Vorjahr um 40 Prozent. Es zeigt Ihnen also, wie das Geschäft abhebt.

Und das Auslandsgeschäft?

Der Revenue unseres Auslandsanteils hat sich von vor wenigen Jahren noch 10 Prozent auf 18 Prozent gesteigert. Ein Indikator, der zeigt: Händler wollen unsere Services grenzüberschreitend. Die Zahlart Sofortüberweisung – im Ausland heißt sie Sofortbanking – wird als Technical Service Provider auch international von den Händlern sehr geschätzt.

Apropos Ausland – Sie sollen in Österreich weiter expandiert haben?

Richtig. Im Österreich haben wir es geschafft eine Kooperation mit den etwa 450 Raiffeisenbanken im Rahmen einer Marketingkooperation zu gewinnen – einem gesamten Bankensektor also. Und das Gleiche haben wir nun mit der zweiten großen Sektorbank, nämlich der BAWAG PSK geschafft, mit der wir eine entsprechende Kooperation eingegangen sind um gemeinsame Marketingaktionen, Produktentwicklung und Innovationen zu betreiben.

Technisch fusst das Ganze auf unserem bestehenden Geschäftsmodell, da hat sich nichts geändert. Unsere Kooperationsbanken schätzen das, weil es für sie technisch gesehen vollkommen unkompliziert ist. Wir bedienen heute schon alle User, die unsere Sofortüberweisung ausfüllen, natürlich auch für die BAWAG PSK. Aber die BAWAG PSK hat es verstanden, das sie letztendlich den Kundenwünschen entsprechen muss. Das heißt, dass sie im Payment-Bereich eine offene Struktur für die Kunden anbieten und vermarkten wollen.

Die Bank hat damit einen Innovationsvorteil im Privatkundengeschäft geschaffen, sie stärkt Ihr Online-Banking-Konto und hält die Liquidität auf dem Konto in Österreich. Diese Dinge hat der österreichische Bankensektor ganz gut verstanden.

Und warum sind Sie dann in Deutschland nicht genauso offen für Kooperationen?

Doch – was Kooperationen angeht sind wir total offen. Und wir würden gerne auch Gespräche mit den Deutschen Banken aufnehmen, mit denen wir gemeinsam kooperieren können. Wir sehen darin klar unsere Stärken und Stossrichtung. Aber wir werden jetzt erst mal sehen, wie Paydirekt abhebt, da bleiben wir dran. Vielleicht ergibt sich ja ein Zeitfenster in dem die Banken feststellen, dass man nicht alles selber machen muss und man mittels Kooperationen schneller vorankommt – sowohl in Deutschland als auch auf europäischer Ebene.

Ich habe ihnen auch schon gesagt, wie eigentlich der Konsument, aber auch der Handel, Zahlungssysteme auswählt und welche Kriterien für ihn wichtig sind. Das sind die Sachen, die man nicht von heute auf morgen oder im Rahmen eines Projektes einzelner Branchensegmente aufbauen kann. Das braucht Zeit. Diese Kernkompetenz kommt über Jahre. Dazu kommt das Thema Struktur – das Ganze ist hinten raus gar nicht so unkomplex. Bei Paydirekt um so mehr, da viele Partner unterschiedlichen Genres zusammen spielen müssen und trotzdem schauen werden, sich voneinander zu differenzieren.

Aber im Online-Handel zählt Geschwindigkeit und Innovationsgrad – das ist ganz, ganz wesentlich. Und deshalb glaube ich, dass wir für diese Art von Entwicklungen ein sehr guter Kooperationspartner für die Banken in Deutschland wären. Weil wir eben in Österreich zeigen: es geht – es geht auch miteinander – und es ist eine Win-Win-Situation für beide Seiten.

Herr Seidel, vielen Dank für das perfekte Schlusswort. Wir sind gespannt.aj

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