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BANKENSTEUERUNG22. Oktober 2015

Verstecktes Risiko: Was haben VW und Bewertungs­modelle der Finanzwirtschaft gemeinsam?

Carsten Krah, Business Expert Risk Intelligence Banking bei SAS DACHSAS
Carsten Krah, Business Expert Risk Intelligence Banking bei SAS DACHSAS

Das Thema Modellrisiko wird seit der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt am Main in der Öffentlichkeit sehr emotional diskutiert. Die Frage, welche Abgasrisiken von Diesel-Modellen ausgehen, evoziert sozial-ökonomische Antworten, ähnlich wie bei den Finanzinstituten. Denn auch hier wird über Modellrisiken debattiert mit ebenso sozial-ökonomischem Impetus.

von Carsten Krah, Business Expert Risk Intelligence Banking bei SAS DACH

Schei­nen bei­de Bran­chen meilen­weit vonein­an­der ent­fernt zu sein, liegt der Teufel dennoch in dersel­ben Sa­che: ih­ren Model­len. Was den Auto­bauern die Au­tos, sind den Fi­nanz­in­sti­tu­ten ihre Model­le zur Bewer­tung. Und dass von bei­den Model­len Risiken aus­gehen, ist nicht erst seit ges­tern bekannt.

Das wissen wir in Bezug auf die Automobilindustrie jetzt ganz sicher, wenngleich hier der Ursprung die betrügerischen Absichten waren. Aber auch dies unterscheidet die Automobilbranche nicht immer von den Finanzinstituten.

Schwächen im operativen Umgang mit Modellrisiken

Doch zurück zu unserem Thema. Beispiel Risikomodelle – Die sind bei den Banken auch nicht erst seit der Finanzkrise ins Gerede gekommen, als die Aufsicht signifikante Bewertungsunterschiede in Modellen, ja sogar Schwächen im operativen Umgang mit Modellrisiken identifiziert hat. Und aktuell beschäftigt sich die EBA ja mit dem Thema Modellrisiko im Rahmen des IRB Ansatzes (CP/2014/36).

(Autobauer bitte jetzt weghören!). Kennen Sie einen Risikomanager, der seine Modelle als risikoarm bewertet hat? Ja? Das glaube ich Ihnen sogar, denn wenn ich mich mit Vertretern von Risikoabteilungen darüber unterhalte, behaupten die meisten, sie hätten in Bezug auf die Risikobewertung alles im Griff. Was ein Trugschluss ist.

Denn selbst die Finanzaufsicht hat das Thema Modellrisiko zur Chefsache erklärt. Basel III, CRD IV, CCAR oder Solvency II – überall wird es regulatorisch thematisiert. Auch beim Thema BCBS 239 wollen die Ordnungshüter die Verständlichkeit der Risikolage noch mehr in den Vordergrund stellen.

Was braucht ein Finanzinstitut zur Risikobewertung seiner Modelle? Mit einer rein quantitativen Überprüfung in den Methodenabteilungen ist es jedenfalls nicht getan.
Vielmehr gilt es, das Modellrisiko über den gesamten Lebenszyklus hinweg im Griff zu haben und dies auch dokumentiert bei Prüfungen nachweisen zu können. Voraussetzung ist, dass ein Prozess nicht nur auf dem Papier etabliert, sondern operativ, also im Geschäftsablauf, verankert wird. Dies erfordert eine durchgängige nicht-manipulierbare IT, die ohne Betrugsambitionen angewendet wird, vergleichbar mit der Hauptuntersuchung des TÜV’s bei Fahrzeugen.

A propos Betrug und Software … die Auswirkung auf das IFRS 9-Modell

Betrügerischen Handlungen, wie sie bei der manipulierten Software bei den Diesel-Modellen vorkamen, kann man nur schwer etwas entgegen setzen. Verhindern kann man sie nicht. Die Stringenz und die Eskalationspfade in der Software können nur sicherstellen, dass der Betrug bis in den Vorstand nachvollziehbar bleibt, insbesondere auch bei Whistleblowing. Sie erhöht die Überwachung, verhindert den Betrug nicht, erschwert ihn aber.

Wie wichtig nun also Konsistenz in der Finanzbranche ist, zeigt sich des Weiteren in der gegenseitigen Abhängigkeit von allen Modellen, beispielsweise bei Rechnungslegung und Kreditrisiko. Konkret: Muss bei der Parameterschätzung eine Anpassung des Kreditrisikoratingmodells vorgenommen werden, sollte diese auch eine Modifizierung des neuen IFRS 9-Modells nach sich ziehen. Auf diese Weise lässt sich vermeiden, dass zwei verschiedene Modelle zu zwei komplett unterschiedlichen Bewertungen z.B. der Ausfallwahrscheinlichkeit eines Kreditnehmers kommen.

Und in Bezug auf den Abgasskandal? Auch hier könnte ein ähnliches Vorgehen helfen: Software analysiert die Prozesse, wertet die Testergebnisse aus und entwickelt Szenarien für die Zukunft, um die Abgasrisiken der Diesel-Modelle in den Normbereich zu heben, damit der Diesel eine Zukunft hat. Übrigens: Ich bin mir sicher, dass, spätestens übernächstes Jahr, wenn die neuen EU-Richtlinien zur Abgasverordnung umgesetzt werden sollen, bei SAS die Telefone unruhig werden.aj

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