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DIE FINTECH-BANK15. April 2015

Finnisches FinTech-Startup Holvi – jetzt sind deutsche KMUs das Ziel

Johan Lorenzen, CEO HolviHolvi
Johan lorenzen, CEO HolviHolvi

Holvi, das schon 2011 in Helsinki starte­te, kommt nun auch nach Deutsch­land. Das FinTech-Startup ist ei­gentlich ei­ne handfeste Direktbank – oder eben ei­ne Direktbank, die als FinTech auf­tritt. In jedem Fall ist es ei­ne der ganz we­nigen Banken-Neu­gründun­gen der jünge­ren Zeit. Mit sei­nen Services zielt die finni­sche Holvi jedoch vornehmlich auf klei­ne und mittlere Unternehmen (KMUs). IT Finanzmagazin hat Johan Loren­zen, Ge­schäftsfüh­rer und Grün­der von Holvi ein we­nig auf den Zahn gefühlt.

Herr Lorenzen, fangen wir gleich mal mit einer etwas direkteren Frage an: Was unterscheidet Holvi eigentlich von einer Number26 oder von klassischen Anbietern?

Number 26 ist eine sehr schicke und schön gemachte Banking App. Das bedeutet Number26 bietet die Möglichkeit ein Konto von der Wirecard Bank direkt über das Smartphone zu eröffnen. Das ganze geht wahnsinnig unkompliziert und schnell. Man könnte vereinfacht sagen, Number26 hat auf dem Fundament von Wirecard Bank Konten eine schöne, handlich App oben drauf gebaut.

Holvi ist ein wenig anders: Seit Sommer 2014 haben wir unsere eigenständige, unabhängige Lizenz und alle Konten die wir anbieten, sind unsere eigenen. Wir sind keine zusätzliche Ebene auf dem Backend einer traditionellen Bank, sondern das gesamte Angebot von Holvi kommt aus eigenem Hause. Das bedeutet, alles womit der User zu tun hat, wird von uns zur Verfügung gestellt.

Holvi
Holvi

Der Unterschied ist weiter, dass im Gegensatz zu einer Bank Kundeneinlagen niemals auf unserer Bilanz aufscheinen, da wir Kundengelder auch wirklich als solche behandeln und getrennt von unserer Bilanz auf separaten Konten halten. Somit die Einlagen zu keinem Zeitpunkt von unserem wirtschaftlichen Wohlbefinden abhängig. Es bedeutet auch, dass wir alle Prozesse frei und unabhängig gestalten können, uns dabei aber immer nach dem gelten EU Recht orientieren und AML, KYC und dergleichen mit unserer eigenständigen Legal Compliance Task Force umsetzen. Damit übernehmen wir viel Verantwortung, aber bekommen zugleich die Freiheiten, die wir benötigen um Holvi tatsächlich zu einem noch nie da gewesenen Financial Hub auszubauen. Zugleich sind Kundeneinlagen von Anfang an optimal getrennt und geschützt.

 

KMU und Microbusinesses ist das zurzeit am stärksten vernachlässigte Segment im Banking.

Ist da ein Markt für ein digitales Onlinekonto und für wie groß schätzen Sie ihn ein?

Sieht man sich die Zahlen alleine in Deutschland an, so hat sich die Zahl der fintech-Startups in nur einem Jahr verdreifacht! London bzw. Großbritannien und die USA überraschen nahezu jede Woche mit neuen Rekorden, was die Investment Volumina in fintech-Startups anbelangt. Ich denke wir alle sind davon überzeugt, dass die Zeit gekommen ist um einen Markt, der sehr lange von traditionellen Playern dominiert wurde, aufzubrechen und umzugestalten.

Da wir von Holvi unser Angebot (nicht nur aber vor allem) an Selbständige richten – an die Makers and Doers, wie wir sie nennen – gehen wir von einem Marktpotenzial von 40 Millionen Selbständigen alleine in Europa aus. Diese Selbständigen benötigen eine Banking Lösung, mit der sie ihre Finanzmanagement Tätigkeiten schnell abarbeiten können. Wir haben speziell in Deutschland und Österreich schon sehr viel positives Feedback gesammelt – es sieht also gut aus!

Sieht man sich die Entwicklung des letzten Jahrzehnts in Deutschland an, so ist die Anzahl der Selbständigen im Vergleich zu den Arbeitnehmern überproportional gestiegen und beläuft sich auf über 4,5 Millionen. Vor allem diese selbständig Arbeitenden brauchen eine unkonventionelle Banking Lösung die ihnen tatsächlich Arbeit abnimmt. Und das jeden Tag.

Direkt-Banken gibt es ja einige. Was macht nun Holvi so besonders?

Ein Teil davon wurde bereits erwähnt, aber das ganz Besondere an Holvi ist sicherlich, dass wir es geschafft haben eine Bank ohne Bank zu bauen und das komplett neu, von Grund auf. Es ist also eine Bankenneugründung des 21. Jahrhunderts ohne Bank im Zentrum.

Wir bauen aber auch unsere täglichen Geschäftsprozesse nicht wie eine Bank auf, sondern orientieren uns stark an den Best Practices von innovativen Technologieunternehmen und akquirieren Kunden nicht mit Lockangeboten oder Gratiskonten, sondern insbesondere durch Funktionalitäten bzw. Features die Sharing logisch unterstützen und Viralität schon im Code beinhalten. Unsere Kunden sind sehr begeistert davon!

Holvi
Holvi

Auf welcher Entwicklungsstufe befindet Sie sich derzeit?

Zur Zeit befinden wir uns auf Expansionskurs – unsere Lizenz haben wir in den Europäischen Währungsraum passportiert – das heißt wir sind in ganz Europa online und nehmen erste Pilotuser in unser System auf. In Deutschland, Österreich und Finnland ist diese Expansion besonders weit vorangeschritten und wir stehen kurz vor einem offiziellen Launch.

Wer finanziert Holvi?

Sowohl Branchenkenner als auch Angel Investoren sind in Holvi investiert. 2014 investierte der größte Venture Capital Fonds Österreichs, Speedinvest, in Holvi und seitdem wachsen wir stärker als je zuvor.

Und wie werden Sie Geld verdienen?

Wir arbeiten daran nicht nur ein komplett neu gedachtes Konto für Selbständige und Microbusinesses anzubieten, sondern einen Marktplatz zu bauen, der es User – ähnlich wie in einem iTunes oder Google Play Store – ermöglicht Produkte und Features (wie etwa integrierte Rechnungslegung oder Spesenabrechnung, Online Shop oder API) frei auszuwählen und auch tatsächlich nur für die ausgewählten Dienste zu bezahlen. Banking ist eine grundlegende Dienstleistung für jedes Unternehmen und kann in Zukunft niemals nur ein standardisiertes Angebot für Jedermann sein, sondern muss persönlich auf die jeweiligen Bedürfnisse, Projekte und Unternehmungen flexibel zugeschnitten werden können.

Holvi
So soll das User-Interface von Holvi aussehen.Holvi

Wie ist die Idee entstanden?

Die ursprüngliche Idee zu Holvi entstand aus der Frustration, dass ein Durchschnittskonto, obwohl alle wichtigen Finanzinformationen dargestellt werden, keinen Mehrwert bietet. Es war nicht möglich zusätzliche Services und Adaptionen, die im Tagesgeschäft benötigt werden, einzubauen und es war an der Zeit das zu ändern.

Welche Bank-Erfahrung haben Sie und Ihre Mitarbeiter?

Ich selber habe vor meiner Tätigkeit Banken zu Infrastrukturthemen beraten, fintech-Unternehmen betreut und in sie investiert. Tuomas, unser Co-Gründer hat schon seit über einem Jahrzehnt Erfahrung in der Ausrichtung und Einführung von Zahlungsinfrastrukturen, entweder für Unternehmen oder ganze Länder.

Wie stehen Sie zu den Banken? So gesehen sind sie ja ein Banken-Herausforderer, oder?

Wir verstehen uns nicht als Konkurrenz zu Banken im generellen Sinne. Banken erfüllen eine wichtige volkswirtschaftliche Aufgabe, wie etwa die kurzfristige Überbrückung von Kapitalengpässen von produzierenden Unternehmen. Viele etablierte Banken leisten hervorragende Arbeit und das jeden Tag. Holvi hat die Möglichkeit Produkte und Services von Banken direkt miteinzubinden und User frei entscheiden zu lassen, was sie später nutzen möchten. Damit stehen wir nicht in Konkurrenz, sondern eröffnen einen neuen Marktplatz für User – ähnlich wie ein Google Play oder iTunes Store.

Unser Ziel ist es die Bankenlandschaft nachhaltig und unabhängig zu verändern und wir sind mehr als motiviert genau das zu bewerkstelligen.

Was sind aus Ihrer Sicht die interessantesten Themen im Banking der nächsten Jahre?

Es tut sich einiges in der fintech-Szene – wie zum Beispiel im Banking Bereich für KMU und Microbusinesses, das zurzeit am stärksten vernachlässigte Segment im Banking.

Hier schaffen es kleine fintech-Startups und Newcomer schneller ihr Angebot attraktiv zu gestalten und tatsächlichen Nutzen zu stiften. Traditionelle Player können mit diesem Tempo oft nicht Schritt halten.. Egal ob man den deutschen oder englischen Markt betrachtet, viele kleine Unternehmen und Startups haben es verstanden Lösungen für echte Anwendungsfälle zu bauen, Banking Prozesse stark zu vereinfachen und zu beschleunigen und die Veränderung die wir in der Gesellschaft beobachten auch im Angebot wiederzuspiegeln. Egal ob Banking für Microbusinesses oder Privatkunden, Kreditplattformen, Corwdinvesting oder eCommerce – die obersten Leitgedanken sind Usability, Technologie und Design, und vor allem Geschwindigkeit. Die #fintech Bewegung gewinnt an Gewicht, Professionalität und Volumen. Diese Veränderungen werden nicht spurlos an uns vorbeigehen. Und das weltweit.

Zieht man einen Vergleich mit Mobilfunkanbietern, dann muss eine IBAN Kontonummer genau so portabel werden wie eine Telefonnummer, die unabhängig von Anbietern mitgenommen werden kann. Diese Liberalisierung wird Endkunden angenehme Vereinfachungen bringen.

Haben Sie Kontakt zur Regulierung – und wie sind Ihre Erfahrungen?

Da wir über unsere eigene Lizenz verfügen, müssen wir uns nach geltendem EU Recht richten bzw. durchlaufen regelmäßig unsere Checks und Audits mit der Finnischen Finanzmarktaufsicht. Soweit haben wir sehr positive Erfahrungen mit den zuständigen Behörden gemacht, da so etwas wie Holvi auch für sie Neuland ist und wir gemeinsam an der Umsetzung arbeiten. Unsere Erfahrungen sind also sehr gut!

Abschließend die Glaskugel-Frage. Wie wird Holvi in fünf Jahren aussehen? Was werden Sie realistisch erreicht haben?

Wir haben uns – wie jedes Startup denke ich – sehr ambitionierte Ziele gesteckt und wollen Holvi in den nächsten Jahren zu dem persönlichen Financial Hub ausbauen, der beliebig zusätzliche Services einbinden kann – egal ob das eine Crowdinvesting Plattform oder ein konventionelles Sparkonto ist. Es soll ein Hub werden für alle, die weniger Zeit in einem Banking Interface verbringen möchten und mehr mit ihren Ideen. In fünf Jahren möchten wir die erste Wahl für Europas Selbständige und Mikrobusinesses sein.

Herr Lorenzen, vielen Dank!aj

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