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ARCHIV21. Februar 2023

Kartellamt vs. PayPal: Ist die Marktmacht von PayPal gar nicht so groß?

"Cashback muss weg" ... Wirklich? - Der Kommentar von Frank Braatz, ChR Source-Magazin
Frank Braatz, Chefredakteur SourceSource

Dass PayPal im deutschen E-Commerce-Markt eine beherrschende Stellung einnimmt, scheint vollkommen klar – zumindest auf den ersten Blick. Aber … warum geht das Kartellamt erst jetzt gegen PayPal vor? Ist die Marktmacht von PayPal viel kleiner als vermutet?

Kommentar von Frank Braatz, ChR Source-Magazin

Immerhin kommt PayPal nach eigenen Angaben auf mehr als 32 Millionen aktive Kunden in Deutschland. Wenn ibi research in einer Studie feststellt, dass acht von zehn Online-Shoppern in den vergangenen zwölf Monaten mindestens einmal PayPal für einen Online-Einkauf genutzt haben (SOURCE 9/2022, S. 8), dann deutet dies darauf hin, dass Online-Händler tatsächlich darauf angewiesen sind, PayPal als Zahlungsmethode anzubieten.

Der Marktanteil von PayPal am Umsatz des deutschen Online-Handels lag laut Online-Payment-Studie des EHI im Jahr 2021 bei mehr als 28 Prozent (SOURCE 5/2022, S. 7). Inzwischen könnte er noch weiter zugenommen haben. Laut Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) ist eine marktbeherrschende oder marktmächtige Stellung nicht an einen bestimmten Marktanteil gebunden, sondern wird vom Kartellamt anhand verschiedener Kriterien geprüft. Zu diesen Kriterien gehört auch der Vorsprung gegenüber Wettbewerbsangeboten – und der ist abgesehen vom Kauf auf Rechnung durchaus beachtlich.

Da drängt sich fast schon die Frage auf, warum das Kartellamt erst jetzt gegen PayPal vorgeht.”

Auf den zweiten Blick stellt sich die Behörde mit der Einleitung des Verfahrens allerdings einer spannenden Herausforderung. Denn die Zahlen des EHI zum Marktanteil geben nur einen groben Anhaltspunkt, weil dabei große Teile des E-Commerce nicht berücksichtigt sind, wie zum Beispiel der gesamte Reisebereich mit großen Playern, wie Lufthansa oder Bahn, sowie die Event-Branche mit diversen Ticket-Shops und last-but-not-least die öffentliche Verwaltung, bei der man Online-Dienste auch online bezahlen kann. Daten zum gesamten deutschen E-Commerce-Markt sind – soweit bekannt – nicht vorhanden.

Frank Braatz, Chefredakteur Source
Frank Braatz, Chefredakteur SourceFrank Braatz ist Chef­re­dak­teur des Source. Der PDF-News­let­ter Source lie­fert seit 1994 mo­nat­lich Zah­len, Fak­ten und Hin­ter­grün­de für Kar­ten-Ex­per­ten bei Fi­nanz­dienst­leis­tern, bei Han­dels­un­ter­neh­men so­wie bei Pro­du­zen­ten und Dienst­leis­tern.

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Eine Herausforderung liegt also schon mal darin, aussagekräftige Daten zum relevanten Markt zu bekommen, die eine ausreichende Basis für die Prüfung bilden könnten, welche Marktmacht Paypal tatsächlich zukommt.

Wenn das Kartellamt sich mit großen E-Commerce-Playern unterhält, könnte es feststellen, dass keiner von denen dank reichlich vorhandener Nachfragemacht die in der PayPal-Standardpreisliste ausgewiesenen Konditionen bezahlt.

Dies könnte darauf hindeuten, dass die Marktmacht von PayPal vielleicht doch nicht so groß ist, wie auf den ersten Blick vermutet.”

Und ansonsten sollte das Kartellamt doch eigentlich froh sein, dass PayPal „einer der teuersten Online-Zahlungsdienste“ in Deutschland ist. Dies gibt den Wettbewerbern ausreichend Spielraum, Online-Händlern attraktivere Konditionen zu bieten.

Und an Wettbewerbern mangelt es beim Online-Payment ja nun wirklich nicht. Mastercard und Visa sind gerade dabei, mit Click-to-Pay eine Lösung in den Markt zu bringen, die es in Sachen Bequemlichkeit und Sicherheit mit PayPal auf jeden Fall aufnehmen kann.

Und die Deutsche Kreditwirtschaft hat ihr giropay-Verfahren jetzt endlich so aufgestellt, dass berechtigte Hoffnung auf eine erfolgreiche Aufholjagd besteht.”

Frank Braatz, Chef­re­dak­teur Sour­ce

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