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ZAHLUNGSVERKEHR2. November 2022

Streit um Krypto-Regulierung in den USA ungelöst

Wie sind Krypto-Währungen und NFTs einzustufen: eher als Wertpapier, oder sind sie rechtlich gesehen mit Waren und Rohstoffen gleichzustellen? Diese Frage ist zwischen den zuständigen Aufsichtsbehörden bislang nicht entschieden. Allein dass es keine Festlegung auf eine Krypto-Regulierung gibt, scheint den Kryptomarkt nun etwas optimistischer zu stimmen.

Die Regulierung von Krypto-Assets auf dem wichtigen US-Markt ist von erheblicher Bedeutung für die weitere Entwicklung. <Q>Vladek / Bigstockphoto
Die Regulierung von Krypto-Assets auf dem wichtigen US-Markt ist von erheblicher Bedeutung für die weitere Entwicklung. Vladek / Bigstockphoto

 

Mit großer Spannung hatten Millionen von Krypto-Anlegern die Transformation der Krypto-Währung Ethereum vom Proof-of-Work-Konzept zur Proof-of-Stake-Validierung verfolgt. Als dieser „The Merge“ genannte Schritt erfolgreich vollzogen war, machte sich zunächst Erleichterung breit. Doch die hielt nur kurz an. Der Vorsitzende der US-Börsenaufsicht SEC, Gary Gensler, hatte nach dem Technologiewechsel die Einschätzung geäußert, dass PoS-basierende Kryptowährungen gemäß dem Howey-Test als Wertpapiere eingestuft werden könnten (IT-Finanzmagazin berichtete). Damit würde die Ausgabe und der Handel mit Krypto-Assets erheblichen Auflagen und Einschränkungen unterliegen.

Fast alle Kryptowährungen erlitten in den ersten drei Quartalen 2022 erhebliche Wertverluste. <Q>Statista
Fast alle Kryptowährungen erlitten in den ersten drei Quartalen 2022 erhebliche Wertverluste. Statista

In den folgenden Wochen blieben die Kurse im Krypto-Markt weitgehend auf ihrem geringen Niveau gefangen. Erst in den vergangenen zehn Tagen war eine leichte Erholung zu spüren. Marktexperten machen dafür unter anderem die Erwartung verantwortlich, dass die US-Notenbank Fed das Tempo der Zinserhöhungen drosseln werde, die zu mehr Risikobereitschaft der Anleger beiträgt.

Ein weiterer Mosaikstein in dieser Entwicklung ist die anhaltende Diskussion, wie die Krypto-Regulierung geregelt werden soll – oder ob überhaupt. Dazu beigetragen haben insbesondere die jüngsten Äußerungen von Rostin Behnam, Chef der US-Aufsichtsbehörde CFTC (Commodity Futures Trading Commission), die für die Regulierung der Future- und Optionsmärkte in den USA verantwortlich ist und ebenfalls Anspruch auf die Zuständigkeit für Kryptowährungen und NFTs erhebt.

Krypto-Boom ungebrochen

Mit Verweis auf das deutsche Datenportal Statista prognostiziert AugustaFreePress einen ungebrochenen Anstieg der Anlegerzahlen von Krypto-Währungen und NFTs. Nach global gut 300 Millionen in diesem Jahr sollen bis 2025 mehr als 390 Millionen in Krypto-Assets investiert sein. Trotz des starken Wertverlusts des laufenden Jahres – insbesondere bei Bitcoin und Ethereum – wird es in diesem Jahr ein leicht positives Wachstum bei den Umsätzen weltweit geben, ab dem kommenden Jahr dann wieder einen steilen Anstieg. So werde der Umsatz allein im kommenden Jahr voraussichtlich um 25 Prozent auf über 43 Mrd. US-Dollar steigen.

Die Zahl der Anleger in Krypto-Assets wird weiterhin schnell wachsen.<Q>AugustaFreePress
Die Zahl der Anleger in Krypto-Assets wird weiterhin schnell wachsen.AugustaFreePress

Der wichtigste Markt für Kryptwährungen sind die USA, wo mehr als die Hälfte des Umsatzes erzielt wird. Blickt man auf NFTs, entfallen annähernd 40 Prozent auf Nordamerika, also die USA und Kanada. Dementsprechend übt die Regulierungsfrage in den USA starken Einfluss auf die Wertentwicklung der Krypto-Assets aus. Momentan sieht es nicht nach einer schnellen Entscheidung aus. Die Crypto-Community stimmt dies optimistisch. So lag der Wert des Bitcoin in den vergangenen acht Tagen wieder deutlich über 20.000 US-Dollar, der Ethereum-Kurs konnte im gleichen Zeitraum um mehr als 20 Prozent zulegen und kam zeitweise sogar über die 1.600-Dollar-Schwelle, nachdem er zuvor um die 1.300 Dollar gependelt war.

Krypto-Regulierung per Einzelfall-Entscheidung?

SEC-Chef Gary Gensler hatte die mögliche Einstufung bestimmter Krypto-Assets als Wertpapiere unter anderem damit begründet, dass die Gewinne aus dem Staking mit der Auszahlung einer Dividende vergleichbar sei. Bei der Ausgabe solcher Krypto-Währungen müsste dann beispielsweise ein Börsenprospekt erstellt werden, der die gesetzlichen Vorgaben zur Anlegerinformation einhält. Für die Krypto-Community ein Schock, denn der Aufwand, sämtliche Regularien einzuhalten, wäre erheblich.

Ein zweiter Schock folgte vor einer Woche, als ein Entwurf der US-Aufsichtsbehörde CFTC geleakt wurde, die ein Gesetz zur Krypto-Regulierung in den Kongress eingebracht hatte. Dieser Entwurf wurde allgemein so verstanden, dass er für den dezentralen Finanzmarkt ein indirektes Verbot darstellen würde. Der Aufschrei der Branche führte postwendend zu einer öffentlichen Diskussion seitens der Senatoren darüber, ob Krypto-Lobbyisten zu viel Einfluss auf den Kongress ausüben würden.

Diese hitzige Debatte beruhigt sich gerade ein wenig. Angesichts der bevorstehenden Midterm-Wahlen am 8. November sind kurzfristig keine Entscheidungen des Kongresses zu erwarten. Auch der Vorsitzende der CFTC bemüht sich, die Wogen zu glätten. Insbesondere versucht Rostin Behnam den Eindruck zu entkräften, dass sich seine Aufsichtsbehörde mit der SEC um Kompetenzen streite. Es gebe zwar Meinungsunterschiede, man werde sich aber im Einzelfall verständigen, wie man das bereits in der Vergangenheit erfolgreich getan habe.

Zugleich bekräftigte die CFTC-Kommissarin Christy Goldsmith Romero die Notwendigkeit einer starken Regulierung. Ihres Erachtens sind die Schwächen des Krypto-Marktes mit denen des Finanzmarktes von 2008 vergleichbar und stellten deshalb ein Risiko für Stabilität und Anlegerinteressen dar. Behnam verwies darüber hinaus auf die bislang 62 kryptobezogenen Regulierungsfälle der CFTC seit 2014. Jeder einzelne sei das Ergebnis eines Whistleblowers, Hinweises oder einer Beschwerde gewesen – die üblichen Überwachungsmechanismen hätten demgegenüber nicht gegriffen, deswegen benötige seine Behörde zusätzliche Kompetenzen.

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CFTC

Die zugrundeliegende Angst und Sorge ist, dass wir nicht genug tun. Wenn wir mehr Ressourcen hätten, könnten wir mehr Betrug und Manipulation ans Licht bringen.“

Rostin Behnam, Vorsitzender der Commodity Futures Trading Commission (CFTC)

Der Chef der Finanzaufsicht SEC, Gary Gensler, stellt derweil in Zweifel, ob es überhaupt eines Gesetzes zur Krypto-Regulierung bedürfe. Ebenso lehnte er es ab, eine Abgrenzung zu formulieren, welche Krypto-Assets zu Wertpapieren zählen oder nicht. Gensler setzt dagegen auf eine Regulierung per Durchsetzungserlass im Einzelfall. Auch diese Linie sorgt für Kopfschütteln in der Krypto-Community. Denn sie könnte dazu führen, dass Maßnahmen gegen Marktteilnehmer getroffen werden, die sich zuvor überhaupt nicht bewusst waren, gegen Vorschriften verstoßen zu haben.

Das könnte beispielsweise dem Entwickler der beliebten NFT-Sammlung Bored Ape Yacht Club drohen. Gegen Yuga Labs, die auch für die Kryptowährung ApeCoin verantwortlich sind, läuft seit kurzem ein Ermittlungsverfahren der SEC. Bislang wird Yuga Labs jedoch weder eines Fehlverhaltens beschuldigt, noch werde eine Klage vorbereitet. hj

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