STUDIEN & UMFRAGEN19. August 2025

1,63 Hinweise auf Compliance-Verstöße pro 100 Mitarbeitende: Whistleblowing-Daten im FS-Bereich

Anders Olson, Senior Manager, Data Science bei Navex, steht vor einer Holzpaneelwand. Seine Präsenz unterstreicht die Bedeutung von Whistleblowing im Kontext aktueller Compliance-Daten, die 1,63 Hinweise pro 100 Mitarbeitende in Finanzinstituten zeigen.
Anders Olson, Senior Manager, Data Science bei NavexNavex

Aktuelle Daten von Navex aus Europa (Website) zeigen, dass Finanzinstitute im Schnitt 1,63 Hinweise auf Compliance-Verstöße pro 100 Mitarbeitende verzeichnen (Navex Global, 2025). Dieser Wert liegt über dem branchen­über­greifenden Durchschnitt. Und ist ein Compliance-Alarmzeichen.

Gerade im Kontext der deutschen Finanzaufsicht, die seit Inkrafttreten des Hinweisgeberschutzgesetzes höhere Anforderungen an interne Meldesysteme stellt, lässt sich diese erhöhte Melderate als Zeichen gestiegener regulatorischer Sensibilität interpretieren. Das deutet auf …

… ein wachsendes Problembewusstsein und reifere Hinweisgeberstrukturen im Finanzsektor hin.”

Für deutsche Institute sind die Anforderungen im Compliance-Bereich besonders hoch. Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) verpflichtet seit 2023 alle deutschen Unternehmen ab nur 50 Mitarbeitern zur Einrichtung sicherer, vertraulicher und dokumentierter Meldesysteme.

Für Finanzinstitute kommen zusätzlich verschärfte aufsichtsrechtliche Vorgaben hinzu: § 25h Kreditwesengesetz (KWG) verpflichtet Kreditinstitute, angemessene interne Sicherungsmaßnahmen zur Verhinderung von strafbaren Handlungen zu treffen, einschließlich der Einrichtung von Prozessen zur anonymen Hinweisgabe auf Rechtsverstöße. Die MaComp fordert eine strukturierte, auditierbare Bearbeitung von Compliance-Vorgängen inklusive klarer Zuständigkeiten.

Der Digital Operational Resilience Act (DORA) verpflichtet Finanzunternehmen, ihre IT-Architekturen anzupassen, IKT-Risiken systematisch zu steuern, Cybervorfälle zu melden und die digitale Resilienz regelmäßig zu testen, um hohe Standards für Sicherheit und Compliance zu gewährleisten.

Die Grafik illustriert die Anzahl der Whistleblowing-Berichte pro 100 Mitarbeitende in verschiedenen Regionen von 2021 bis 2024. Europa zeigt einen Anstieg auf 3,66 Berichte, während Nordamerika 20,33 erreicht.
Die Anzahl der Whistleblowing-Berichte pro 100 Mitarbeitende in verschiedenen Regionen von 2021 bis 2024: Europa zeigt einen Anstieg auf 3,66 Berichte, während Nordamerika 20,33 erreicht.Navex
Die europaweit aktuelle Datenerhebung liefert Hinweise auf Veränderungen im Meldeverhalten.

Im Finanzsektor ist der Anteil anonymer Hinweise auf 50 % gesunken – das lässt sich als mögliches Indiz für gestiegenes Vertrauen in die internen Meldesysteme interpretieren.”

Gleichzeitig zeigt sich, dass namentlich abgegebene Hinweise häufiger als begründet eingestuft werden (50 % vs. 33 %). Diese Zahlen unterstreichen die Bedeutung eines vertrauenswürdigen und benutzerfreundlichen Designs von Hinweisgebersystemen, da dieses das Meldeverhalten positiv beeinflussen und so die Qualität der eingehenden Hinweise verbessern kann.

Autor Anders Olson, Navex
Anders Olson ist Senior Manager, Data Science bei Navex (Website). An­ders wech­sel­te 2020 von ei­ner Kar­rie­re im Bank­we­sen zu Na­vex und wur­de dort der ers­te Da­ta Sci­en­tist des Un­ter­neh­mens. Seit­dem spielt er ei­ne ent­schei­den­de Rol­le beim Aus­bau des Da­ta-Öko­sys­tems und nutzt sei­ne Ex­per­ti­se in an­ge­wand­ter Öko­no­mie, um mensch­li­ches Ver­hal­ten im Com­p­li­an­ce-Be­reich zu ana­ly­sie­ren und zu op­ti­mie­ren. Zu­dem war er ma­ß­geb­lich am Auf­bau des Da­ta-Sci­ence-Teams be­tei­ligt, das Kom­pe­ten­zen aus rei­ner Ma­the­ma­tik, In­ge­nieur­we­sen, an­ge­wand­ten So­zi­al­wis­sen­schaf­ten und Ma­chi­ne Learning En­gi­nee­ring vereint.
Thematisch dominieren im Finanzsektor Meldungen zu Verhalten am Arbeitsplatz (47,2 %) und Integritätsfragen (26,5 %). Diese Bereiche sind zentrale Indikatoren für Risikokultur und interne Kontrolle und stehen zunehmend im Fokus regulatorischer Prüfungen, etwa durch die BaFin. Meldungen zur Geschäftsintegrität, beispielsweise zu Bestechung, Betrug oder Insiderhandel, treten dabei im Finanzsektor deutlich häufiger auf als in anderen Branchen (20,0 %) und spiegeln das einzigartige Risikoprofil sowie die Sensibilität der Branche wider.

Whistleblowing: Finanzdienstleister sind langsamer

Gemeldete Compliance-Verstöße schließen Finanzdienstleister im Schnitt einen ganzen Tag langsamer ab als andere Branchen. Angesichts der hohen Sensibilität des Finanzsektors und der Komplexität der branchenspezifischen Anforderungen ist die sorgfältige Bearbeitung der gemeldeten Fälle von zentraler Bedeutung.

Für Finanzinstitute ist hier nicht nur Effizienz entscheidend, sondern auch Nachvollziehbarkeit, wie sie MaComp und DORA fordern.”

Die Grafik illustriert die Substantiierungsraten für Whistleblowing-Fälle in verschiedenen Regionen, unterteilt nach Mitarbeiterzahlen. Europa zeigt die höchsten Werte, während Nordamerika und APAC geringere Raten aufweisen.
Die Grafik illustriert die Substantiierungsraten für Whistleblowing-Fälle in verschiedenen Regionen, unterteilt nach Mitarbeiterzahlen. Europa zeigt die höchsten Werte, während Nordamerika und APAC geringere Raten aufweisen.Navex

In einem Marktumfeld, in dem ethisches Verhalten, Transparenz und belastbare Kontrollsysteme zunehmend über die Wettbewerbsfähigkeit entscheiden, können verlässliche Fallbearbeitung, höhere Substantiierungsquoten und der gezielte Umgang mit Verhaltensrisiken nicht nur potenzielle Bußgelder und Rechtskosten reduzieren, sondern auch Mitarbeitermotivation, Vertrauen und Bindung steigern.

Die Studie kann hier nach Abgabe der Kontaktdaten heruntergeladen werden.Anders Olson, Senior Manager, Navex/ aj

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