Stablecoins und Blockchain als Chance für Europas digitale Souveränität

Boerse Stuttgart Digital
von Dunja Koelwel
Herr Dr. Spanowski, Eric Trump, Sohn von US-Präsident Donald Trump, hat sich kürzlich erneut zur Rolle von Stablecoins im internationalen Finanzsystem geäußert. In einem Interview mit der New York Post erklärte er, dass “Stablecoins den US-Dollar retten werden”. Wie würden Sie diese Aussage einschätzen?
Auch wenn die Aussage rhetorisch überzeichnet ist, verweist sie auf einen wahren Kern: Stablecoins festigen die Position des US-Dollars im digitalen Zeitalter. Rund 99 Prozent aller Stablecoins weltweit werden in US-Dollar ausgegeben.Der Dollar ist seit Jahrzehnten die globale Leitwährung, und Stablecoins tragen dazu bei, seine Dominanz im internationalen Finanzsystem weiter zu stärken.”
Die USA weiten ihren geldpolitischen Einfluss zunehmend auf digitale Infrastrukturen aus. Gleichzeitig ermöglicht die weltweite Nachfrage nach Dollar-Stablecoins den Vereinigten Staaten, einen Teil ihrer Inflation zu exportieren und ihre Währungsmacht zu festigen. In den USA wird das wirtschaftliche und technologische Potenzial von Stablecoins bereits gezielt genutzt, während Stablecoins, die an den Euro gekoppelt sind, bislang nur eine untergeordnete Rolle spielen.
Mit dem GENIUS Act hat die US-Regierung einen umfassenden gesetzlichen Rahmen für Stablecoins geschaffen. Sehen Sie Schlupflöcher?
Der GENIUS Act schafft in den USA durch einen klaren gesetzlichen Rahmen für Stablecoins mehr Rechtssicherheit. Wie bei jedem Gesetz für neue Technologien gibt es jedoch Lücken. Ein aktuelles Beispiel ist die Ertragsgewährung an Stablecoin-Inhaber: Der Act verbietet Stablecoin-Herausgebern offiziell, Erträge an Inhaber zu zahlen. Dennoch nutzen einige FinTech- und Kryptounternehmen Schlupflöcher, um ihren Kunden Belohnungen anzubieten, indem sie die Erträge über verbundene Drittparteien oder separate Investmentprodukte auszahlen, die formal nicht als Teil des Stablecoin-Angebots gelten.
In der MiCAR dürfte von den Regulatoren auch die Hoffnung stecken, auf Euro lautende Stablecoins zu fördern und so eine stärkere finanzielle Souveränität über den „europäischen“ Kryptomarkt zu gewinnen. Hat MiCAR gegen den GENIUS Act international eine Chance?
Dr. Ulli Spankowski ist Managing Director bei Boerse Stuttgart Digital (Website). Darüber hinaus ist er Co-Founder und CEO von BISON, der Krypto-Trading-Plattform für Privatkunden der Gruppe Börse Stuttgart. Außerdem verantwortet er als Chief Digital Officer die Digitalstrategie der Börsengruppe. Als Vordenker der Branche setzte sich Dr. Ulli Spankowski als einer der ersten in Deutschland für die Adaption von Kryptowährungen im institutionellen und klassischen Finanz-Bereich ein. Er agiert als Finanz-Sachverständiger im Deutschen Bundestag und ist Mitglied im digitalen Beratungsgremium des Bundesministeriums der Finanzen.Die MiCAR verfolgt das Ziel, Europas finanzielle Souveränität im digitalen Finanzmarkt zu stärken. Dennoch liegt Europa aktuell hinter den USA zurück. Um im internationalen Wettbewerb mit US-Stablecoins relevant zu bleiben, muss Europa nicht nur auf Vertrauen, regulatorische Klarheit und gezielte Anreize setzen, sondern auch an Geschwindigkeit und Entschlossenheit gewinnen. Ich sehe aktuell die Gefahr, dass Europas Fokus auf Regulierung häufig Selbstzweck wird und sich von den tatsächlichen Marktentwicklungen entkoppelt, während die US-Regulierung eng mit der Industrie abgestimmt ist und so ein innovations- und wettbewerbsfreundlicheres Umfeld schafft.
Peter Bofinger, Professor an der Universität Würzburg, schrieb in seinem Gutachten für das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung: Der digitale Euro der EZB ist keine geeignete Antwort auf Stablecoins. Das für den Einzelhandel im Euroraum konzipierte Digitalgeld ist als globales Zahlungsmittel für Unternehmen eher ungeeignet. Stattdessen empfiehlt er, nationale Zahlungssysteme der Mitgliedsstaaten besser miteinander zu verknüpfen. Wie sehen Sie das?
Der digitale Euro ist in seiner aktuellen Konzeption vor allem als sicheres, staatlich gestütztes Zahlungsmittel für Verbraucher im Euroraum gedacht und weniger als global wettbewerbsfähige Alternative zu Stablecoins.
Mit dem Titel „Stablecoins – das neue Dollar-Imperium?“ werden Sie auf dem diesjährigen Zahlungsverkehrsforum am 4. und 5. Dezember in Frankfurt die Situation einordnen. Was wird die Kernaussage Ihres Vortrages auf dem ZVF sein?
In Deutschland schaut man mit Kopfschütteln auf Trumps US-Regierung. Doch wenn man sich die Entwicklung im Bereich Digital Assets hierzulande anschaut, wäre ein Blick in den Spiegel angebracht. Europa sollte die Chancen neuer Technologien wie Stablecoins und Blockchain aktiv nutzen, um Wachstum, Innovation und digitale Souveränität voranzutreiben!dk
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