EVENTS & MESSEN26. November 2025

DigiFin25 in Berlin und der „FinTech des Jahres“-Award

Am 18. November 2025 versammelte sich im Berliner „Kosmos Berlin“ über 700 Teilnehmer zur DigiFin25. Neu in 2025 wurde die Messe gemeinsam organisiert von Bitkom und Payment & Banking. Im Fokus standen Innovation, Regulierung und neue Geschäftsmodelle – mit einem Höhepunkt: der Vergabe des renommierten „FinTech des Jahres“-Awards.

von Dirk Emminger

Auf der DigiFin 2025 in Berlin präsentiert eine Referentin eine Grafik zur Rolle von Technologie und Innovation in der Finanzbranche. Der Fokus liegt auf prädiktiver Analyse und deren Entwicklung bis 2025 und darüber hinaus.
Dirk Emminger
Das Motto der Konferenz lautete „A New Era of Finance“ – ein Titel, der so auch auf einem Taylor-Swift-Album hätte stehen können. Nur dass es hier weniger um Musik ging, sondern um die Frage, wie die Branche nach Jahren der Krise wieder in Schwung kommt.

Standort Deutschland: Zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Aiga Senftleben, Co-Founder und General Counsel von Billie sowie Mitglied im Bitkom Präsidium, eröffnet die DigiFin25. Auf der Horizon Stage wird die aktuelle Situation der FinTech-Branche thematisiert, unterstützt durch Bitkom-Daten.Gleich zu Beginn der DigiFin25 (Website) gab es einen ernüchternden Realitätscheck in der „Eröffnung“: Laut Bitkom würden nur rund 20 Prozent der FinTech-Gründer:innen erneut in Deutschland gründen. Eine Zahl, die Aiga Senftleben – selbst Mitgründerin von Billie und Bitkom-Vorständin – nicht einfach im Raum stehen lässt. Ihre Diagnose: Überregulierung, langwierige Verfahren und eine noch immer zu zaghafte Risikokultur.

Ein gerne genutztes Wort auf der DigiFin „Gold-Plating“?

Die offizielle „politische Eröffnung“ folgt direkt im Anschluss Michael Schrodi, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, betont die Stärken des Standorts: Frankfurt, Berlin, München – allesamt attraktive Hubs. „Wir haben ein gutes Fintech-Ökosystem und wollen diesen Vorsprung ausbauen“, so Schrodi. Doch auch er sieht Reformbedarf: Regulierung müsse Vertrauen schaffen, dürfe Innovation aber nicht ausbremsen. Sein Signal Richtung Brüssel: „Keine neuen Regelwerke, ohne alte abzuschaffen.“

Was in diesem Kontext immer wieder benutzt und kritisiert wird: das sogenannte Gold-Plating – also die Angewohnheit, europäische Gesetze bei der Umsetzung in nationales Recht durch zusätzliche Anforderungen zu verschärfen. Klingt nach Sicherheitsnetz, wird aber schnell zum Nachteil. Schrodis Botschaft: Genau hier müsse Deutschland pragmatischer werden – und Regulierung als Möglichmacher begreifen, nicht als Selbstzweck.

Ein zentrales Thema bleibt der Zahlungsverkehr – und mit ihm der Digitale Euro. Aus Schrodis Sicht braucht es ihn nicht nur als technologische Option, sondern als strategisches Gegengewicht. „Der Digitale Euro soll uns digitale Souveränität geben.“ Es gehe um Wahlfreiheit – aber eben auch um Handlungsfähigkeit in einem zunehmend fragmentierten Umfeld.

Sparkassen Informatik und Revolut auf einem Podium

Im Digifin25-Panel mit Julia Koch (Finanz Informatik), Christoph Kuban (Revolut) und Verena Thaler (Raisin) wurde schnell deutlich: Die EU hat mit PSD2, dem AI Act durchaus geliefert. Aber der Flickenteppich bleibt – bei Umsetzung, Aufsicht und technischen Standards. „Die Umsetzung ist von Land zu Land sehr unterschiedlich“, sagt Kuban.

Auf der Horizon Stage der DigiFin 2025 in Berlin diskutieren Julia Koch, Geschäftsführerin der Finanz Informatik, Christoph Kuban, General Manager von Revolut, und Dr. Verena Thaler, Chief of Staff & VP Strategy bei Raisin SE, über europäische Finanzordnung.
Dirk Emminger

Ein Beispiel liefert Julia Koch: Gerade bei Kundenidentifizierung und KYC-Prozessen fehle es an europäischer Einheitlichkeit. Der Wunsch nach nutzerfreundlichen Lösungen scheitere oft an nationalen Sonderwegen. Große Hoffnungen knüpft sie an die geplante EUDI-Wallet – vorausgesetzt, die Mitgliedstaaten verzichten auf weiteres „Gold-Plating“. Denn zusätzliche Anforderungen erschweren nicht nur den Rollout, sondern auch das Kundenerlebnis.

Im Rahmen der DigiFin 2025 in Berlin diskutieren Experten auf einer Bühne aktuelle Entwicklungen im europäischen Zahlungsverkehr. Die Veranstaltung bietet Einblicke in Trends und Herausforderungen der FinTech-Branche.
Dirk Emminger

Revolut hat aus dieser Gemengelage längst Konsequenzen gezogen – und sein Westeuropa-HQ nach Paris verlagert. Nicht aus Imagegründen, sondern wegen handfester Standortvorteile: klare Zuständigkeiten, pragmatische Aufsicht, schnelleres Go-to-Market. Frankreich sei aktuell der dynamischste Markt Europas, so Kuban – mit sechsstelligem Neukundenzuwachs pro Monat.

Das ist auch ein Signal an Deutschland und den deutschen Regulator. Denn am Ende des Tages konkurriert die BaFin nicht nur mit der Branche – sondern mit anderen Regulierungsstandorten in Europa.

Digifin25-Impulsbühne: Dort, wo es konkret wurde

Abseits der Hauptbühne wurde es auf der DigiFin25 technischer, konkreter – und die Folien komplexer. Auf der Impulsbühne griffen über den Tag verteilt verschiedene Panels zentrale Zukunftsthemen der Branche auf: vom Zahlungsverkehr über Open Finance bis hin zu KYC, digitaler Identität und KI.

Im Zentrum stand etwa die Frage, wie Europa ein eigenes Zahlungsökosystem entwickeln kann, das nicht von außereuropäischen Plattformen oder BigTech Unternehmen abhängt, sondern selbst Innovationskraft entfaltet. Diskutiert wurde auch, wie Daten zu einem strategischen Rohstoff für Finanzprodukte werden – und welche regulatorischen Rahmenbedingungen dafür mit FIDA und Co. nötig sind.

Ein weiteres Thema: digitale Identitäten und ihre Rolle im Onboarding, KYC und der Geldwäschebekämpfung. Die EUDI-Wallet könnte Prozesse vereinfachen, wenn sie technisch und regulatorisch sauber umgesetzt wird.

Und nicht zuletzt: Künstliche Intelligenz. Die Impulse zeigten: Die Technik ist da, erste Anwendungsfälle laufen, aber Fragen zu Governance, Erklärbarkeit und Aufsicht sind ungelöst. Was fehlt, ist weniger Technologie als vielmehr Umsetzungsmut.

Die Impulsbühne zeigte, dass es in der Branche nicht an Ideen fehlt.

Auf der Impulsbühne der DigiFin25 diskutieren Experten über Künstliche Intelligenz und Automatisierung in der Finanzwelt. Die Themen umfassen Innovation und Betrugsbekämpfung, wobei die Relevanz aktueller Entwicklungen betont wird.
Dirk Emminger

Nach der Mittagspause: KI, Betrug und digitale Assistenten

Der Nachmittag auf der Impulsbühne begann mit einem Thema, das aktuell viel Aufmerksamkeit bekommt: Künstliche Intelligenz im Spannungsfeld von Innovation und Betrugsbekämpfung. Klar wurde: KI ist nicht nur ein Werkzeug für neue Services, sondern auch ein Risikofaktor. Betrugsmuster verlagern sich. “Nicht-autorisierter Betrug ist fast verschwunden – autorisierter Betrug nimmt zu”, so die Diagnose aus der Praxis. Deepfakes, Voice Cloning und Social Engineering stellen traditionelle Sicherheitsmechanismen in Frage.

Der Mensch bleibt die erste Verteidigungslinie – das betonten mehrere Stimmen. Doch ebenso deutlich wurde: Technische Systeme müssen schneller, automatisierter und kontextsensitiver werden. Betrugsprävention darf nicht zum Showstopper im Kundenerlebnis werden. Stattdessen braucht es intelligente Verfahren, die Risiken erkennen, ohne überzureagieren.

Auf der Bühne präsentiert Stephan Paxmann, Chief Innovation Officer der LBBW, einen digitalen Assistenten für die Vermögensverwaltung. Im Hintergrund ist eine Darstellung des LBBW-Gebäudes und der App „AI-Buddy“ zu sehen.
AI generated CloneDirk Emminger

Danach ging der Digifin25-Blick nach vorn: Wie kann KI konkret in der Bank und auch in der Beratung eingesetzt werden? Ein Beispiel kam von der LBBW, die einen digitalen Assistenten für die Vermögensverwaltung testet. Stephan Paxmann, Chief Innovation Officer der LBBW „Wir haben heute so viel Informationen wie noch nie, aber gleichzeitig weder die Zeit noch die Kapazität, diese sinnvoll zu verarbeiten.“ Die Vision: Ein KI-Begleiter, der Informationen filtert, Anlageideen vorbereitet und Kunden durch Entscheidungsprozesse führt. Noch sind es Prototypen – aber die Richtung ist klar. KI könnte auch in der Kundenkommunikation ein neues Level an Relevanz und Personalisierung ermöglichen.

Auch hier zeigt sich: Die Technologie ist da. Was fehlt, sind integrierte Prozesse, Mut zur Skalierung und ein regulatorischer Rahmen, der Innovation ermöglicht, ohne Sicherheit zu vernachlässigen.

Stephan Paxmann, Chief Innovation Officer der LBBW „Wir haben heute so viel Informationen wie noch nie, aber gleichzeitig weder die Zeit noch die Kapazität, diese sinnvoll zu verarbeiten.“

Digitaler Euro: Privat und öffentlich – gemeinsam gedacht

Auch am Nachmittag kehrte der Digitale Euro auf Hauptbühne zurück. Heike Winter (Bundesbank) machte deutlich, dass die Debatte konkreter wird. Die EZB hat die nächste Projektphase eingeläutet, das Parlament nimmt sich des Themas an. Dennoch gelte: Wer Tempo will, darf nicht auf Brüssel warten. Die Privatwirtschaft müsse sich frühzeitig einbringen.

Im Panel (moderiert von Jochen Siegert) wurde klar: Der Digitale Euro muss nicht im Gegensatz zu privaten Initiativen stehen. Lösungen wie Bizum, Wero oder EPI könnten koexistieren – sofern sie interoperabel gedacht sind. Kilian Thalhammer (Deutsche Bank) forderte dafür mehr Offenheit bei Technik und Governance. Barnabas Ferenczi (G+D) sieht in der Vielfalt sogar einen Wettbewerbsvorteil.

Einigkeit herrschte in einem Punkt: Wenn Europa im globalen Zahlungsverkehr bestehen will, braucht es ein gemeinsames digitales Fundament – und starke Partner aus der Wirtschaft, die dieses Fundament aktiv mitgestalten. Gleichzeitig gab es im Publikum auch kritische Stimmen: Sorge vor der wachsenden Komplexität und Zweifel, ob die Umsetzung im aktuellen Setup schnell genug gelingt.

Wenn es uns nicht gelingt, die technische und funktionale Komplexität zügig in den Griff zu bekommen, dann ziehen private Anbieter an uns vorbei – und Europa steht am Ende wieder ohne eigene, wettbewerbsfähige Lösung da.”

Hans-Rainer van den Berg, CEO der euro-v

Auf der DigiFin25 in Berlin stehen mehrere Personen auf der Bühne, umgeben von einer festlichen Atmosphäre. Im Hintergrund ist der Schriftzug „Fintech der Herzen“ zu sehen. Die Veranstaltung würdigt bedeutende Akteure der Fintech-Branche.
Fintech der HerzenDirk Emminger

Fintech des Jahres

Zum Abschluss der Konferenz wurden auf der Award‑Gala sieben bedeutende Auszeichnungen vergeben. Die Preisverleihung wurde von Kevin Hackl (NAO) und Nicole Nitsche (Payment and Banking) moderiert.

  • Newcomer des Jahres: AllUnity
  • FinTech des Jahres (etabliert): Klarna
  • Unternehmer des Jahres: Ralf Heim (Fincite)
  • InsurTech des Jahres: Xaver
  • Unternehmerin des Jahres: Gloria Bäuerlein (Puzzle Ventures – Gründungspartnerin)
  • Investor des Jahres: Puzzle Ventures
  • FinTech der Herzen (Publikumspreis): Opago

Die sieben Awards zum Abschluss der DigiFin25 sind mehr als ein netter Schlusspunkt – sie zeigen jedes Jahr, was aktuell im Ökosystem trendet. AllUnity als Newcomer steht für die Bedeutung regulatorischer Klarheit und Europa bei Stablecoins. Klarna gewinnt als etabliertes FinTech nach einem IPO. Puzzle Ventures wird doppelt geehrt – als Investor und für Gründungspartnerin Gloria Bäuerlein – ein klares Signal für die Rolle von Kapitalgebern, die mehr als nur Geld beisteuern. Und Opago als Publikumsliebling: unterstreicht, dass alternative Paymentlösungen längst in der Mitte der Branche angekommen sind – auch wenn sie abseits des klassischen Bank-Stacks operieren.

Das offizielle Networking endete um 21:00 Uhr mit der Schließung der Komet Bar. Eine kleinere Gruppe zog anschließend noch weiter in eine Bar um die Ecke – und Gerüchten zufolge hat zumindest ein Banker einer Frankfurter Großbank den Heimweg direkt mit dem ersten Zug am Morgen angetreten.

Dirk Emminger

DigiFin25: Wie geht es weiter?

Die DigiFin geht auch 2026 in die nächste Runde: Am 10. November treffen sich wieder Entscheider:innen, Innovator:innen und Macher:innen der Finanzbranche in Berlin. Der Termin steht – und eines ist jetzt schon klar: Es wird wieder um mehr gehen als um Buzzwords. Wir freuen uns drauf.Dirk Emminger

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