ANWENDUNG22. August 2025

Warum KI-gestützte Dokumentenautomatisierung Banken und ihre Prozesse effizienter machen kann

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Banken und Finanzdienstleister stehen unter einem doppelten Druck: Auf der einen Seite zwingen Regulatorik und steigende Anforderungen an Compliance zu immer detaillierteren Prüfungen, auf der anderen Seite erwarten Kunden schnelle Entscheidungen und digitale Services. Ein Nadelöhr bleibt laut dem Softwareanbieter Abbyy die Dokumentenverarbeitung – von der Kontoeröffnung bis zum Kreditvertrag. KI-gestützte Dokumentenautomatisierung, auch Intelligent Document Processing (IDP) genannt, entwickelt sich zunehmend zu einer Schlüsseltechnologie, um diesen Spagat zu meistern.

Während bisher oft noch manuell Daten aus Formularen, Anträgen oder Verträgen übertragen wurden, erkennen und interpretieren moderne Systeme Inhalte heute automatisiert. Möglich wird das durch Machine Learning und Natural Language Processing (NLP), die nicht nur Zeichen, sondern auch den semantischen Gehalt von Texten erfassen. So lassen sich komplexe, variierende Dokumente wie Kreditunterlagen, Handelsfinanzierungsdokumente oder handschriftliche Anträge ohne starre Vorlagen verarbeiten. Das Ergebnis sind Prozesse, die schneller, präziser und transparenter ablaufen sollten. Routinearbeiten werden reduziert, während regulatorische Anforderungen durch automatisierte Validierungen zuverlässiger erfüllt werden.

Von KYC-Prozessen bis zur Hypothekenprüfung

Ein zentrales Einsatzfeld im Bankwesen ist dabei die Identifizierung von Neukunden im Rahmen von Know Your Customer (KYC). Hier müssen zahlreiche Dokumente wie Ausweiskopien, Gehaltsnachweise oder Adressbestätigungen geprüft und abgeglichen werden. KI-Systeme erfassen diese Unterlagen automatisch, gleichen Informationen mit Datenbanken ab und melden Abweichungen in Echtzeit. Das soll Fehlerquellen reduzieren und kann die Kontoeröffnung bei sinkenden Kosten beschleunigen. Zudem sinkt laut Abbyy das Risiko, regulatorische Vorgaben zu verletzen – ein Bereich, in dem Banken empfindliche Strafen drohen können.

Auch im Kreditgeschäft entfaltet die Dokumentenautomatisierung ihre Wirkung. Antragsunterlagen für Hypotheken oder Firmenkredite bestehen häufig aus umfangreichen Dokumentensätzen, die sorgfältig geprüft werden müssen: Einkommensnachweise, Bilanzen, Steuerbescheide, Grundbuchauszüge.“

Während Sachbearbeiter hierfür oft Tage benötigen, können KI-Systeme die Unterlagen in kürzester Zeit strukturieren, relevante Datenpunkte extrahieren und mit internen Kriterien oder externen Vorgaben abgleichen. Das verkürzt die Entscheidungswege deutlich und ermöglicht eine höhere Kreditvergabe-Geschwindigkeit, ohne dass Qualitäts- oder Compliance-Risiken steigen.

Handelsfinanzierung und Betrugsprävention

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Besonders komplex sind Dokumente im internationalen Handelsgeschäft – Akkreditive, Frachtbriefe oder Versicherungsnachweise. Hier ist eine präzise Prüfung Pflicht, da kleinste Abweichungen zu Haftungsrisiken führen können. Durch IDP-Systeme lassen sich diese Dokumente inzwischen schneller validieren als dies bei den früher manuellen Prozessen der Fall war – und mit bestehenden Systemen verknüpfen. Das könne Transaktionskosten verringern, erklärt Abbyy. Zugleich soll es eine reibungslosere Abwicklung von Handelsgeschäften ermöglichen. Die Automatisierung kann auch bei der Betrugsbekämpfung unterstützen. Systeme erkennen Unstimmigkeiten in Dokumenten, etwa abweichende Datenformate oder untypische Angaben, und melden diese zur weiteren Prüfung. Zudem lassen sich regulatorisch geforderte Nachweise – beispielsweise im Rahmen von Geldwäscheprävention – systematisch erfassen, speichern und jederzeit revisionssicher abrufen.

Der finanzielle Hebel ist beträchtlich: Indem wiederkehrende Tätigkeiten wie Datenerfassung, Validierung und Archivierung automatisiert werden, sinken Personalkosten und Durchlaufzeiten spürbar.

Fachkräfte können sich auf höherwertige Aufgaben konzentrieren, etwa die Risikoanalyse komplexer Fälle oder die Kundenberatung. Banken gewinnen damit nicht nur an Effizienz, sondern auch an Attraktivität gegenüber einer zunehmend digitalaffinen Kundschaft.“

Auch wenn die größten Effizienzgewinne derzeit im Bankensektor erzielt werden, zeigt sich der Trend branchenübergreifend. Versicherungen nutzen die Technologie für die automatisierte Schadensregulierung, Behörden für die Bearbeitung von Anträgen, das Gesundheitswesen für die Integration von Patientendaten. Für Banken ist dies ein Signal, dass sich die Technologie im breiten Einsatz bewährt – und dass ihr Einfluss auf Geschäftsprozesse nachhaltig sein wird.

Abbyy

Selbstlernende Systeme verändern die Branche

Aktuelle IDP-Lösungen sind bereits in der Lage, strukturierte und unstrukturierte Inhalte in mehr als 150 Sprachen zu verarbeiten. Die nächste Entwicklungsstufe sind selbstlernende Systeme, die sich kontinuierlich anpassen und eigenständig Entscheidungen vorbereiten können. Für Banken bedeutet das: Weniger Aufwand in der Pflege und Anpassung der Systeme, dafür mehr Fokus auf strategische Steuerung und Kundenbindung.

Die Dokumentenautomatisierung entwickelt sich damit von einem reinen Effizienzwerkzeug zu einem zentralen Baustein digitaler Geschäftsmodelle im Finanzsektor. Sie verbindet Kostenreduktion mit Compliance-Sicherheit – und wird so zu einem Schlüsselfaktor für die Wettbewerbsfähigkeit von Banken und Finanzdienstleistern im kommenden Jahrzehnt.tw

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