STRATEGIE8. August 2025

Gretchenfrage: Low Code-Plattformen oder Softwareentwicklung powered by KI?

Schwerpunkt: Low Code & No Code
Tobias Ehret, finwyzprivat, präsentiert sich in einem hellen Hemd. Der Fokus liegt auf der Diskussion über Low-Code-Plattformen, die Unternehmen helfen, digitale Prozesse effizienter zu gestalten.
Tobias Ehret, finwyzprivat

Die Digitalisierung schreitet unaufhaltsam voran, und Unternehmen stehen unter Druck, ihre Prozesse schneller, flexibler und kosteneffizienter zu gestalten. Low-Code-Plattformen bieten hierfür eine Lösung, die die Softwareentwicklung revolutioniert.

von Tobias Ehret, Geschäftsführer, finwyz

Laut Gartner Market Review gab es im Juli 2025 157 Anbieter von Enterprise Low-Code Application Platforms (LCAPs), die sich in reine Low-Code-Anbieter und Generalisten mit Low-Code-Funktionen unterteilen lassen (siehe Grafik unten). Diese Plattformen ermöglichen eine kürzere Time-to-Market und reduzieren die Abhängigkeit von knappen IT-Ressourcen, indem sie auch Nicht-Programmierern die Entwicklung von Anwendungen ermöglichen. Doch wie verändern diese Plattformen die IT-Landschaft, insbesondere in der Finanzbranche, und welche Trends wie das Model Context Protocol (MCP) prägen die Zukunft?

Kürzere Time-to-Market, weniger Abhängigkeit von IT-Experten

Low-Code-Plattformen zeichnen sich durch visuelle Entwicklungsumgebungen aus, die es ermöglichen, Anwendungen per Drag-and-Drop und vorgefertigten Bausteinen zu erstellen. Statt monatelanger Programmierarbeit können Unternehmen Anwendungen in Tagen oder Wochen umsetzen. Low Code Anbieter proklamieren, dass mit ihrer Hilfe Softwareentwicklung zehnmal schneller erfolgen kann. Auch fehlende IT-Ressourcen werden kompensiert, indem es sogenannten „Citizen Developern“ – Mitarbeitenden mit fachlichen, aber ohne tiefgehenden Programmierkenntnissen – erlaubt wird, Workflows, Kundenprozesse oder sogar komplexe Anwendungen zu entwickeln.

Die Grafik präsentiert eine Übersicht von Low Code-Plattformen, kategorisiert nach Anbietern im Finanzsektor und branchenübergreifenden Generalisten. Sie verdeutlicht die Vielfalt und Marktverteilung in der Low-Code-Entwicklung.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Unternehmen werden unabhängiger von spezialisierten Entwicklern, was Kosten senkt und die Agilität erhöht. Plattformen wie Mendix, OutSystems, Microsoft Power Apps oder Salesforce Lightning bieten intuitive Oberflächen, vorgefertigte Module und Integrationen, die es Fachabteilungen ermöglichen, maßgeschneiderte Lösungen zu erstellen.

Low-Code in der Finanzbranche: Ein Blick auf Deutschland

In Deutschland setzen immer mehr Banken auf Low-Code, um ihre Digitalisierungsprojekte voranzutreiben.

Die Low-Code-Studie 2024 von USU besagt, dass Low-Code Anwendungen bei 55% der Unternehmen in der Softwareentwicklung und bei 67% der Unternehmen im Prozessmanagement eingesetzt werden, besonders stark vertreten bei Banken, Versicherungen und Handel.”

APIs und Embedded Finance: Nahtlose Integration durch Low-Code

Autor Tobias Ehret, finwyz
Tobias Ehret, Gründer und Geschäftsführer von finwyz, präsentiert sich in einem modernen Büro. Der Fokus liegt auf der Diskussion über Low Code-Plattformen und deren Rolle in der digitalen Transformation von Geschäftsmodellen im Finanzsektor.Tobias Ehret ist Gründer und GF von finwyz (Webseite). finwyz  wurde 2018 gegründet und entwickelt als Boutique-Beratung digitale Geschäftsmodelle für ihre Financial-Services-Kunden.  Zuvor war Ehret viele Jahre bei der Deutschen Postbank verantwortlich für digitale Kundenanwendungen und das Online-Business, zuletzt als Mitglied des Executive Committee im Chief Digital Office. Er betreute zudem Beteiligungen der Deutschen Postbank wie giropay.

Ein weiterer Vorteil von Low-Code-Plattformen ist ihre Fähigkeit, APIs (Application Programming Interfaces) zu entwickeln, die eine nahtlose Integration in Drittanwendungen ermöglichen. Dies ist besonders im Bereich von „Embedded Finance“ relevant, wo Finanzdienstleistungen direkt in Plattformen wie E-Commerce-Systeme oder Apps integriert werden. Plattformen wie OutSystems oder Mendix bieten Funktionen, um APIs visuell und ohne tiefgehende Programmierkenntnisse zu erstellen.

Der nächste Schritt oder die Ablösung von Low-Code: Model Context Protocol (MCP)

Ein neuer Trend hat Einzug in die Low-Code-Welt gehalten, das Model Context Protocol (MCP), ein offener Standard, der 2024 von Anthropic eingeführt wurde, um die Integration von großen Sprachmodellen (LLMs) mit externen Tools und Datenquellen zu standardisieren. MCP ermöglicht es, KI-gestützte Anwendungen effizienter in Workflows einzubinden, indem es eine universelle Schnittstelle für den Datenaustausch bietet. So können Low-Code-Plattformen KI-Funktionen nutzen, um beispielsweise automatisierte Analysen oder intelligente Workflows zu erstellen, ohne komplexe, individuelle API-Integrationen zu entwickeln. Anbieter wie Mendix, OutSystems, Microsoft und OpenAI gehören zu den Vorreitern, die MCP bereits implementieren.

Mendix nutzt MCP beispielsweise, um Microflows in KI-gestützte Anwendungen zu integrieren, während Microsoft MCP in Azure und Power Apps einsetzt, um KI-Interaktionen zu vereinfachen. OpenAI hat MCP in seine Agents SDK und die ChatGPT-Desktop-App integriert, um dynamische Verbindungen zu externen Systemen zu ermöglichen. Diese Entwicklungen machen Low-Code-Plattformen noch leistungsfähiger, indem sie KI-gestützte Automatisierung und Interoperabilität fördern.

Die Softwareentwicklung hat sich mit „Citizen Developern“ in den letzten Jahren stark verändert und weiterentwickelt. Low-Code Anbieter sollten KI-Funktionen, wie MCP integrieren, um nicht selbst durch Softwareentwicklung powered by KI, z.B. Vibecoding, überholt und ein Stück weit obsolet zu werden.Tobias Ehret, finwyz/dk

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