MEINUNG15. September 2025

Statement Bundesbank: Digitaler Zahlungsverkehr ist eine ökonomische Notwendigkeit

Schwerpunkt: Neue Payment Schemes
Dirk Schrade (Bundesbank) sieht den digitalen Zahlungsverkehr als absolute Notwendigkeit.
Dirk Schrade, stellvertretender Leiter Zahlungsverkehr und Abwicklungssysteme, Deutsche Bundesbank Deutsche Bundesbank

In Deutschland wird immer häufiger elektronisch bezahlt. Gemessen am Umsatz werden schon heute knapp drei Viertel aller Zahlungen elektronisch abgewickelt. Der Trend wird auch durch eine aktuelle Umfrage der Bundesbank zu elektronischen Zahlverfahren bestätigt. Darin befürworten beinahe drei Viertel der Befragten eine gesetzliche Verpflichtung des Handels, mindestens eine elektronische Zahlmethode zu akzeptieren. Ein moderner digitaler Zahlungsverkehr ist nicht nur ein frommer Wunsch, sondern ökonomisch notwendig.

von Dirk Schrade, stellvertretender Leiter Zahlungsverkehr und Abwicklungssysteme, Deutsche Bundesbank

Mehr als die Hälfte der Befragten gaben an, dass sie im Geschäft schon einmal nicht wie beabsichtigt bargeldlos bezahlen konnten. Die Botschaft ist eindeutig: Bürger erwarten Wahlfreiheit beim Bezahlen. Nicht nur an der Ladenkasse, sondern auch im E-Commerce und für Zahlungen zwischen Privatpersonen (P2P).

Die europäische Zahlungsinfrastruktur steht dabei vor einem Paradigmenwechsel: Mit Echtzeitüberweisungen, neuen Bezahllösungen wie „wero“ und der geplanten Einführung eines digitalen Euro wird der Zahlungsverkehr in Europa nicht nur effizienter, sondern auch souveräner und zukunftsfähiger.

Instant Payments – ein erster Schritt

Bereits seit 2018 sind Echtzeitüberweisungen (Instant Payments) in Europa verfügbar. Sie sind ein wichtiger Baustein für einen modernen digitalen Zahlungsverkehr – und zwar mit europäischer Regelsetzung und Infrastruktur. Sie ermöglichen Gutschriften innerhalb Europas in Sekundenschnelle – rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr.

Echtzeitüberweisungen werden weltweit immer relevanter: Mit dem indischen System für Echtzeitüberweisungen UPI werden mittlerweile monatlich fast 20 Milliarden Zahlungen getätigt.”

In Brasilien ist das dortige Instant Payment System PIX innerhalb von nur fünf Jahren zum beliebtesten Bezahlverfahren aufgestiegen. Und seit 2023 setzt die amerikanische Notenbank mit FEDNow neue Impulse für Echtzeitüberweisungen in den USA.

Autor Dirk Schrade
Dirk Schrade ist Ständiger Vertreter des Leiters des Zentralbereichs Zahlungsverkehr und Abwicklungssysteme der Deutschen Bundesbank (Webseite). Nach Abschluss seines Studiums an der FH der Bundesbank war er mehrere Jahre im Filialbereich der damaligen Landeszentralbank in NRW tätig. Im Jahr 2000 wechselte er in die Zahlungsverkehrsabteilung der Bundesbank-Zentrale.Dirk Schrade beschäftigt sich mit den Themengebieten Zahlungsverkehr, Wertpapierabwicklung sowie Sicherheitenverwaltung. Er vertritt die Deutsche Bundesbank im Zahlungsverkehrskomitee des ESZB (Market Infrastructure and Payments Committee). Er leitete außerdem die G20-Arbeitsgruppe zu Innovationen im Zahlungsverkehr.

Auch für Deutschland und den Euro-Raum eröffnen Instant Payments neue Anwendungsfelder. P2P-Zahlungen mit dem Smartphone, schnelle Auszahlung von Versicherungsleistungen oder maschinengestützte Micropayments im Internet of Things sind nur einige Beispiele. Mit der European Payments Initiative (EPI) entsteht unter dem Markennamen „wero“ eine Bezahllösung für alle Arten des Point-of-Interaction, die auf Echtzeitüberweisungen basiert und gesamteuropäisch ausgerichtet ist. Die Bundesbank begrüßt die Entstehung von wero ausdrücklich, weil es Wettbewerb und Innovation im Binnenmarkt stärkt und das Ziel des Eurosystems nach mehr Autonomie und Resilienz im europäischen Zahlungsverkehr unterstützt.

Mehr Initiativen sind notwendig

Gleichwohl braucht es noch mehr Initiativen, um das Potenzial von Echtzeitüberweisungen im E-Commerce, am Point of Sale und in neuen Ökosystemen voll auszuschöpfen.

Der Europäische Gesetzgeber verpflichtet Zahlungsdienstleister ab Oktober 2025, Instant Payments anzubieten.”

Regulatorische Compliance ist aber nicht ausreichend. Nur wenn Echtzeitüberweisungen zu attraktiven Produkten werden, einen hohen Bekanntheitsgrad erlangen, intuitiv bedienbar sind und Vertrauen vermitteln, werden Kunden sie annehmen. Kommunikation und Information sind deshalb entscheidend, auch weil wesentliche regulatorische Umsetzungen in kurzer Zeit erfolgen sollen. Wichtig ist hierbei auch die baldige Einführung von „Verification of Payee“. Die Empfängerüberprüfung bei Überweisungen erhöht die Sicherheit. Gleichzeitig erfordert sie aber Wissen im Umgang, eine gute Datenqualität und reibungslose Nutzungserlebnisse, damit die Einführung erfolgreich verläuft.

Im digitalen Zahlungsverkehr sind einheitliche, europäisch harmonisierte Standards von zentraler Bedeutung. Nur wenn Marktakteure solche Standards konsequent anwenden, entsteht ein skalierbares, interoperables Netzwerk, das Wettbewerb insbesondere auch mit globalen Anbietern fördert und Europas digitale Souveränität sichert.

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Neben Instant Payments und der European Payments Initiative soll auch der digitale Euro mittelfristig eine Schlüsselrolle spielen, um die europäische Zahlungsinfrastruktur weiter zu stärken. Als digitale Zentralbankwährung würde er nicht nur die Wahlfreiheit der Bürgerinnen und Bürger beim Bezahlen erweitern, sondern auch die Resilienz und Autonomie des europäischen Zahlungsverkehrs erhöhen.

Er wäre ein strategisches Instrument, um Europas digitale Souveränität zu sichern und die Abhängigkeit von globalen Zahlungsanbietern zu reduzieren. Gleichzeitig bietet er die Chance, Innovationen im Zahlungsverkehr zu fördern und Europa als Vorreiter im Zahlungsverkehr zu positionieren.

Die Nachfrage nach elektronischen Zahlungen wächst. Instant Payments sind einer der „infrastrukturellen Hebel“, um diesen Bedarf sicher, effizient und europäisch souverän zu decken. Durch das verpflichtende Angebot ab Oktober 2025 wird zusätzliches Momentum erzeugt. Mittelfristig könnte der digitale Euro als weiterer Baustein im europäischen Zahlungsverkehr hinzukommen.

Entscheidend sind nun drei Punkte:

  • Verbindliche, europaweit einheitliche Standards umsetzen und nutzen.
  • Kunden frühzeitig informieren und durch Kommunikation Vertrauen schaffen.
  • Europäische Lösungen wie wero weiterentwickeln und die Chancen eines digitalen Euros kooperativ und konsequent nutzen.

Ein moderner digitaler Zahlungsverkehr ist nicht nur ein frommer Wunsch, sondern ökonomisch notwendig. Ein robustes und zukunftsorientiertes Zahlungsökosystem nutzt dabei uns allen: Bürgern, Unternehmen und Zahlungsanbietern. Dirk Schrade, Bundesbank/dk

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