ANWENDUNG5. November 2025

BKA: “Operation Chargeback” gegen Betrugs- & Geld­wäsche­netzwerke – Zahlungs­dienstleister missbraucht

„Operation Chargeback“ - Symbolbild: Ein sitzender, vermummter Individuum interagiert mit einem Gerät in einer futuristischen Umgebung, umgeben von digitalen Sicherheits- und Verschlüsselungssymbolen.
KI, DALL-E

Die Landeszentralstelle Cybercrime (LZC) der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz und das Bundeskriminalamt (BKA) sind am 04.11.2025 in Deutschland, Italien, Kanada, Luxemburg, den Niederlanden, Singapur, Spanien, den Vereinigten Staaten und Zypern gegen drei weltweit agierende Betrugs- und Geldwäschenetzwerke vorgegangen. Für die “Operation Chargeback” wurden mehr als 60 Objekte durchsucht und insgesamt 18 Haftbefehle im In- und Ausland vollstreckt.

Die nun Beschuldigten sollen Kreditkartendaten von rund 4,3 Millionen Karteninhaberinnen und -inhabern aus 193 Ländern missbräuchlich verwendet haben, um mehr als 19 Millionen fingierte Online-Abonnements über professionell betriebene Schein-Webseiten abzuschließen.

Die wichtigsten Zahlen:
1. Über 300 Millionen Euro Gesamtschaden (tatsächliche Belastung der Kreditkarten)
2. Rund 750 Millionen Euro Versuchsschaden (Fälle, in denen die Täter Abonnements generierten, aber keine Belastung der Kreditkarte möglich war, weil die Karte z. B. veraltet war)
3. Rund 2.000 Fake-Internetseiten (insbesondere Streaming-, Dating- und Unterhaltungsangebote)
4. Mehr als 19 Millionen Fake-Abos
5. Über 4 Millionen betroffene Karteninhaberinnen und -inhaber
6. Über 500 Scheinfirmen

Diese Webseiten – insbesondere zu Streaming-, Dating- und Unterhaltungsangeboten – dienten ausschließlich dem Zweck die Kreditkarten der Geschädigten mit entsprechenden Gebühren zu belasten. Die monatlich abgebuchten Beträge wurden dabei bewusst klein gehalten und mit unverständlichen Verwendungszwecken versehen. Dadurch konnten viele Kreditkarteninhaber die Abbuchungen nicht eindeutig zuordnen oder erkannten die unberechtigte Abbuchung nicht.

Die nähere Vergangenheit zeigt, wie stark sich die Begehung von Vermögensdelikten durch den Einsatz digitaler Mittel verändert hat und wie groß die dadurch hervorgerufenen Schäden sein können. Es ist daher gut, wenn auch solche Kriminalität durch den intensiven und aufeinander abgestimmten Einsatz der Behörden Einhalt geboten werden kann.”

Harald Kruse, Generalstaatsanwalt in Koblenz

Nach bisherigen Erkenntnissen haben die Beschuldigten vier große deutsche Zahlungsdienstleister kompromittiert, um die betrügerischen Kreditkartentransaktionen in den Zahlungsverkehr einzuschleusen. Bei einem der Zahlungsdienstleister implementierten die Beschuldigten eine zu
Geldwäschezwecken programmierte Software.

Der Schaden beläuft sich auf mehr als 300 Millionen Euro, weitere Transaktionen im Umfang von rund 750 Millionen Euro konnten nicht verwirklicht werden. Hierbei handelt es sich um Fälle, in denen die Täter Abonnements generierten, aber keine Belastung der Kreditkarte möglich war, weil die Karte zum Beispiel veraltet war. Nach Vereinnahmung der Kreditkartenzahlungen haben die Beschuldigten die inkriminierten Gelder über eine Vielzahl von Bankkonten in Deutschland geleitet, um deren Herkunft zu verschleiern.

Mehr als 100.000 Geldwäschetaten

In Deutschland durchsuchten für die “Operation Chargeback” die Ermittler 29 Objekte in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein. Dabei waren über 250 Einsatzkräfte des BKA, der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und der Steuerfahndung im Einsatz. Fünf Haftbefehle wurden vollstreckt. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens wurden in Luxemburg und Deutschland Vermögenswerte in Höhe von über 35 Millionen Euro gesichert.

Die Maßnahmen stehen im Zusammenhang mit einem seit Dezember 2020 geführten Ermittlungsverfahren der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz und des BKA. Das Verfahren richtet sich gegen 44 Beschuldigte aus Deutschland und weiteren Staaten. Unter ihnen befinden sich Beteiligte der mutmaßlichen Betrugsnetzwerke, Verantwortliche deutscher Zahlungsdienstleister, Vermittler,
Crime-as-a-service-Anbieter sowie ein selbständiger Risk Manager. Die bisherigen Ermittlungen und das koordinierte Vorgehen wurden durch die enge Zusammenarbeit mit den Behörden in Großbritannien, Italien, Kanada, Luxemburg, den Niederlanden, Singapur, Spanien, den Vereinigten Staaten und Zypern ermöglicht. Eurojust und Europol unterstützten den Einsatz.

FIU Deutschland analysierte Finanzdaten für die Operation Chargeback

Das Ermittlungsverfahren beruht auf Analyseergebnissen der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (Financial Intelligence Unit – FIU Deutschland). Die FIU hatte aus zahlreichen einzelnen Verdachtsmeldungen verschiedener Verpflichteter ein auffälliges Muster erkannt und an die Strafverfolgungsbehörden sowie die BaFin übermittelt. Die BaFin unterstützte das
Ermittlungsverfahren mit Maßnahmen gegen Geldwäsche im digitalen Zahlungsverkehr.

Dieses Verfahren belegt, wie wirkungsvoll die Zusammenarbeit zwischen Analyse und Strafverfolgung sein kann. Nach dem Prinzip ‘Follow the money’ hat die FIU das Muster der Geldwäscher sichtbar gemacht und die Ermittlungen zur Entdeckung dieses grenzüberschreitenden Netzwerks ermöglicht.”

Daniel Thelesklaf, Leiter der FIU Deutschland

Die guten Analysen der FIU haben die Maßnahmen der Aufsicht maßgeblich unterstützt. Auch dadurch waren so starke Eingriffe wie Geschäftsbeschränkungen und Geschäftsverbote möglich. Durch den Druck der BaFin konnten die betrügerischen Geschäfte bereits seit 2021 vollständig unterbunden werden und die Beschuldigten sind nicht mehr in den Finanzinstituten tätig.”

Birgit Rodolphe, Exekutivdirektorin Abwicklung und Geldwäscheprävention der
BaFinaj

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