FIDA Data Studios: Die Zukunft von Open Finance entsteht am Tisch, nicht am Reißbrett

DB, TechQuartier
von Dirk Emminger
Parallel zur Sibos versammelten sich rund 60 Expertinnen und Experten aus ganz Europa im Eintracht Tech Lab Frankfurt. Inmitten von Stadionblick und Startup-Atmosphäre diskutierten sie, wie sich die geplante Financial Data Access Regulation (FIDA) konkret umsetzen lässt – nicht als regulatorische Pflicht, sondern als Hebel für neue Kooperationen. Statt Keynotes und Konferenzfloskeln standen fünf Thementische im Fokus – moderiert von Praktikerinnen und Praktikern, die die Vielfalt der FIDA-Themen sichtbar machten: von Infrastruktur über Strategie und Versicherungen bis zu KI.Interoperable Infrastructure – Von Fragmentierung zu Alignment

FIDA DB TechQuartier
Ein zentrales Thema war die technische Basis: Wie gelingt der Aufbau einer interoperablen Infrastruktur für FIDA in einem zersplitterten Markt? Der Status quo ist geprägt von nationalen Initiativen, Eigenentwicklungen in den jeweiligen Branchen und fehlender Abstimmung. Ein zentraler Punkt: Es braucht realistische Ziele – statt eines großen europäischen Standards lieber praktische Lösungen, die nebeneinander bestehen und zusammenwachsen können.
Der Weg zur Vernetzten Infrastruktur führt über kontinuierliche Zusammenarbeit: durch wiederholte Praxis, nicht durch zentrale Verordnungen.”
Entscheidend wird sein, dass Akteure gemeinsam an Schnittstellen, Datenformaten und Sicherheitsstandards arbeiten – auch jenseits formeller Regulierung.
FIDA und Unternehmensstrategie – Vom Datenzugang zur Agenda

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Am zweiten Tisch ging es um die strategische Dimension von FIDA: Wie lässt sich das Thema so in Unternehmen verankern, dass es über Compliance-Fragen hinaus Wirkung entfaltet? Denn FIDA betrifft nicht nur technische Schnittstellen – es greift tief in die Logik künftiger Geschäftsmodelle ein.
Diskutiert wurden vier zentrale Hebel:
1.Verankerung auf Vorstandsebene: FIDA braucht klare Ownership im C-Level – idealerweise gemeinsam getragen von COO, CIO und CPO. 2.Interdisziplinäre Zusammenarbeit: Produkt, IT, Recht, Risk und Data müssen enger verzahnt arbeiten; klassische Silos bremsen Umsetzung und Tempo. 3.Kundennutzen als Steuerungsgröße: Nur wer frühzeitig konkrete Mehrwerte für Kundinnen und Kunden identifiziert, kann Einwilligung und Datenfreigabe langfristig sichern. 4.Raum für Experimente: FIDA-Readiness entsteht nicht auf dem Papier, sondern im Test – durch frühe Pilotierung, iteratives Lernen und Feedback.Viele Organisationen stehen hier erst am Anfang. Strategien, Budgets und Zuständigkeiten müssen jetzt nachgezogen werden – damit FIDA nicht zur Last-Minute-Regulierung 2026 wird, sondern zur gezielt genutzten Chance.
FIDA und Insurance – Von Compliance zu Business
Der dritte Tisch zeigte:

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Versicherer sind bei FIDA noch stark im Vorbereitungsmodus.”
Im Fokus steht bislang die Erfüllung regulatorischer Pflichten. Doch der größere Hebel liegt in der Entwicklung neuer Services. Kleine, konkret umsetzbare Use Cases – etwa für Prävention, Schadenanalyse oder personalisierte Tarife – könnten den Durchbruch bringen.
Voraussetzung dafür ist Zusammenarbeit über Branchengrenzen hinweg. Nur so lassen sich Erfahrungen aus PSD2 nutzen – und Wiederholungsfehler vermeiden.
FIDA und Agentic AI – Von Datenqualität zu Intelligenz
Künstliche Intelligenz wird im Kontext von FIDA nicht als Zusatz, sondern als logische Folge gedacht.”
Denn strukturierter Datenzugang schafft die Grundlage für intelligenteres Arbeiten. Im Fokus der Diskussion standen Agentic-AI-Systeme – Anwendungen, die im Auftrag von Kundinnen und Kunden agieren, Entscheidungen vorbereiten und Prozesse automatisieren.

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Damit solche Systeme Vertrauen verdienen, müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein:
–Hohe Datenqualität –Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen –Klare menschliche KontrolleEin mögliches Zukunftsszenario: Eine KI analysiert auf Basis freigegebener Transaktions-, Versicherungs- und Gesundheitsdaten die Lebenslage eines Kunden – erkennt Versorgungslücken, schlägt passende Finanzprodukte vor und übernimmt bei Zustimmung die Antragstellung. Vollautomatisiert, aber kontrollierbar.

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Gleichzeitig entstehen niedrigschwellige Anwendungen mit hohem Alltagsnutzen: Etwa ein KI-System, das automatisch die AGBs einer Police durchsucht, um zu prüfen, ob eine neue Brille gedeckt ist – ohne Hotline, ohne PDF-Recherche. Kein komplexer Tech-Stack, sondern ein einfacher Retrieval-Augmented-Generation-Ansatz mit direktem Mehrwert für Kundinnen und Kunden.
FIDA wird damit zum Enabler – nicht nur für Datenzugang, sondern für den produktiven, sicheren und personalisierten Einsatz von KI entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
Data Today – Von Möglichkeiten zur Umsetzung
Der fünfte Tisch rückte den Blick auf das Hier und Jetzt: Viele datenbasierte Mehrwerte lassen sich bereits heute realisieren – auch ohne FIDA. Im Fokus standen Praxisbeispiele aus dem Firmenkundengeschäft und dem Nachhaltigkeitsbereich, in denen Daten bereits gezielt eingesetzt werden.
Man muss nicht auf FIDA warten, um Mehrwert zu schaffen – schon heute sind spannende Use Cases möglich.“
Zum Abschluss war im Eintracht Tech Lab deutlich zu spüren, wie viel Energie in diesem Thema steckt. Was auf Konferenzen oft theoretisch bleibt, wurde hier in konkrete Ansätze übersetzt – mit echten Beteiligten, echten Fragen, echten Lösungswegen.

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FIDA ist keine Regulierung, die man einfach abhakt. Sie ist eine Einladung, Europas Datenökonomie aktiv mitzugestalten.“
Joris Hensen, Deutsche Bank
In den Studios spürt man den Aufbruch: Hier wird nicht über Paragraphen diskutiert, sondern über konkrete Lösungen, die Kund:innen, Banken und FinTechs gemeinsam voranbringen.“
Alice Rettig, TechQuartier

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Ich glaube wir müssen Aktion zeigen. Meine Erkenntnis aus dem FIDA Data Studio ist, wir wissen, was wir machen müssen. Daher ist jetzt Action angesagt.“
Bernd Leukert, Deutsche Bank
Die FIDA Data Studios machen deutlich: Der Wandel hat längst begonnen – nicht als abstrakte Debatte, sondern als gemeinsames Lernprojekt einer Branche. Vielleicht ist genau das die zentrale Erkenntnis aus Frankfurt: Die Zukunft von Open Finance entsteht nicht am grünen Tisch – sie wächst aus gemeinsamer Praxis.Dirk Emminger
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