ISO 20022: Wer jetzt nur konvertiert, verliert

von Steffen Grenzheuser, DPS und Udo Browarczik, Business Analyst
Dabei ist ISO 20022 weit mehr als der neue Nachrichtenstandard für den Zahlungsverkehr und absehbar auch die Wertpapierabwicklung. Wer das Format strategisch versteht, schafft nicht nur Ordnung in der Datenübertragung, sondern öffnet den Weg zu effizienteren Prozessen, automatisierten Prüfungen, klarerem Kundenfeedback und einem flexibleren Architekturmodell.
Umso wichtiger ist es, ISO 20022 nicht als reine Pflichtübung zu behandeln – sondern als Schlüssel für eine gezielte Transformation.
Warum jetzt handeln? Der Druck wächst von außen
Der Veränderungsdruck ist real – und er kommt nicht nur von Regulatoren oder IT-Abteilungen, sondern vor allem von den Kunden. Insbesondere im B2B-Auslandszahlungsverkehr werden Zuverlässigkeit, Geschwindigkeit und Transparenz zur Erwartungshaltung. Die von ibi research und DPS durchgeführte Studie „Cross Border Payments – Die Zukunft des B2B-Auslandszahlungsverkehrs“ zeigt klar: 93 % der befragten Unternehmen wünschen sich transparente Gebühren, 89 % eine eindeutige Verknüpfung zwischen Zahlung und Rechnung, 75 % regelmäßige Statusinformationen zur Transaktion.
Gleichzeitig herrscht große Unzufriedenheit mit der gelebten Praxis. Besonders schwach schneiden die Anbieter bei Echtzeitzahlungen, Kostenstruktur und Tracking-Möglichkeiten ab.
Das technische Rückgrat vieler Banken – häufig jahrzehntealte Mainframe-Systeme – ist auf diese Anforderungen nicht ausgelegt. Der Wunsch der Kunden nach Klarheit kollidiert mit historisch gewachsenen IT-Strukturen.”
Legacy bleibt – aber nicht wie bisher

Hier liegt die Chance von ISO 20022. Der Standard erlaubt es, vorhandene Systeme kontrolliert zu öffnen.
Durch klar strukturierte XML-Daten können Banken neue Anwendungen anbinden, zusätzliche Informationen transportieren und bestehende Prozesse optimieren – ohne das Backend auf einen Schlag auszutauschen.”
Genau dieser schrittweise Modernisierungspfad eröffnet echte Gestaltungsspielräume, ohne die Stabilität zu gefährden.
Konverterlösungen führen in die Sackgasse

Noch gravierender: Für Compliance- und AML-Prüfungen bedeutet das „Truncation Risk“ ein echtes Problem.”
Niemand würde sich hier grob fahrlässig auf eine einfache „Übersetzung“ verlassen wollen. Fehlende Datenstrukturen verhindern automatisierte Checks, erzeugen manuelle Aufwände und machen die Systeme auf Dauer ineffizient. Was bleibt, ist ein modern aussehender Altzustand – und der Eindruck, ISO 20022 sei mehr Last als Chance.
Modular modernisieren – statt alles neu bauen
Der bessere Weg liegt im stufenweisen Umbau. Statt komplette Kernsysteme zu ersetzen, können einzelne Funktionen – etwa für Reporting, Monitoring oder Case Management – als neue, XML-basierte Services eingeführt werden.
Mainframe und moderne Komponenten arbeiten dabei Hand in Hand. Die Vorteile: bestehende Investitionen bleiben nutzbar, regulatorische Anforderungen werden abgedeckt, und Innovationen lassen sich gezielt einführen, ohne den laufenden Betrieb zu gefährden.”
Aufwändige Parallelbetriebe ganzer Infrastrukturen z.T. über Jahre können vermieden werden.
So entsteht eine hybride Architektur, die Stabilität mit Flexibilität verbindet. Und: Sie lässt sich weiterentwickeln – statt sich selbst zu blockieren.
Mehrwert durch Struktur – nicht durch Format
Wenn ISO 20022 voll ausgespielt wird, entstehen messbare Fortschritte. Automatisierungsquoten steigen, Fehler werden reduziert, Compliance-Checks verlaufen zuverlässiger. Gleichzeitig können Zahlungen um Zusatzinformationen ergänzt werden, was insbesondere im internationalen Firmenkundengeschäft für mehr Transparenz sorgt.
Die von ibi research und DPS identifizierten Kundenanforderungen – von der Gebührentransparenz bis zum Zahlungs-Tracking – lassen sich mit strukturierten Daten direkt adressieren. Doch das setzt voraus, dass die Systeme diese Struktur auch verarbeiten – und nicht nur weiterleiten.
Strategische Entscheidung steht an
ISO 20022 ist keine reine Formatfrage – sondern ein strategisches Angebot. Wer heute nur konvertiert, wird morgen doppelt zahlen: durch Reibungsverluste, Medienbrüche und verspätete Innovationsfähigkeit.
Wer jedoch gezielt modernisiert, sich von Konverterlogik verabschiedet und Backend und Architektur neu denkt, profitiert mehrfach – intern wie extern.”
Jetzt ist die Zeit, den Mainframe nicht abzuschreiben – sondern gezielt „abzustauben“ und zu aktivieren. Steffen Grenzheuser, DPS und Udo Browarczik
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