AKTUELL20. Oktober 2025

Künstliche Intelligenz verändert zentrale Prozesse in der Versicherungsbranche

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Der Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) hat sich in der Versicherungswirtschaft in den vergangenen Jahren deutlich professionalisiert. Eine aktuelle Untersuchung des Beratungshauses Sollers Consulting zeigt, dass insbesondere die Schadenbearbeitung inzwischen stark von KI-Technologien geprägt ist. Zugleich offenbart die Studie erhebliche Unterschiede in der strategischen und organisatorischen Vorbereitung auf den KI-Einsatz zwischen den einzelnen Versicherungsunternehmen.

Für die Analyse „Unter der Oberfläche: KI in der Versicherung – Erkenntnisse und Erfahrungen“ führte Sollers Consulting ausführliche Interviews mit Führungskräften von 35 Versicherungsunternehmen in Deutschland, Großbritannien, Frankreich, der Schweiz, den nordischen Ländern, den USA und Kanada. Die Ergebnisse zeigen, dass KI derzeit vor allem in der Automatisierung von Backoffice-Prozessen, in der Schadenbearbeitung sowie bei der Verbesserung der Kundenerfahrung eingesetzt wird. In den kommenden drei bis fünf Jahren dürfte die Technologie auch das Underwriting, die Risikobewertung und Präventionsstrategien grundlegend verändern. Nach Einschätzung der Befragten profitieren Kunden bereits heute von schnelleren Entscheidungen bei Schadenfällen und einer klareren Risikokommunikation. Langfristig wird zudem eine stärkere Individualisierung von Versicherungsprodukten erwartet – insbesondere durch datengetriebene Preisbildung und personalisierte Policen.

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Als technische Basis haben sich große Sprachmodelle (Large Language Models, LLMs) mittlerweile etabliert. Mehrere Versicherer ermöglichen ihren Mitarbeitenden bereits den breiten Zugriff auf generative KI-Tools. Gleichzeitig betont die Studie den hohen Bedarf an klaren Governance-Strukturen: 26 Prozent der befragten Unternehmen verfügen derzeit über keinerlei formelles Modell zur Steuerung und Überwachung von KI-Anwendungen. Ohne entsprechende organisatorische Rahmenbedingungen drohe ein Wildwuchs an Einzelinitiativen und redundanten Systemarchitekturen. „Versicherer, die es versäumen, Governance-Strukturen zur Unterstützung der KI-Transformation aufzubauen, laufen Gefahr, in einem Markt, der sich schnell in Richtung Automatisierung und prädiktive Entscheidungsfindung entwickelt, den Anschluss zu verlieren“, warnt Piotr Kondratowicz, Business Architect bei Sollers Consulting.

Schadenmanagement als Leuchtturmanwendung

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Die größten Fortschritte zeigt laut Studie derzeit das Schadenmanagement in der Kfz-Versicherung. Rund 64 Prozent der Versicherer nutzen KI bereits für Aufgaben wie Dublettenerkennung in Dokumenten oder die automatisierte E-Mail-Triage. Deutlich weniger fortgeschritten ist der Einsatz im Underwriting, wo die Prozesse vielfach noch manuell erfolgen. Am häufigsten kommt KI aktuell bei der Datenextraktion zum Einsatz (69 Prozent), gefolgt von Chatbots (60 Prozent). Anwendungen im Callcenter-Support befinden sich mit einer Nutzungsquote von 38 Prozent dagegen noch im Aufbau.

Die Untersuchung unterstreicht, dass KI in der Assekuranz kein Zukunftsthema mehr ist, sondern sich zunehmend zu einem zentralen Bestandteil der operativen IT-Landschaft entwickelt – mit weitreichenden Implikationen für Technologiearchitekturen, Datenmanagement und regulatorische Compliance.

KI wird vor allem zur Automatisierung der Datenerfassung, der Dokumentenverarbeitung und von Teilen des Schadenbearbeitungsprozesses eingesetzt. In den nächsten drei Jahren werden wir jedoch eine dramatische Ausweitung auf Underwriting-Prozesse, Tarifierung und kundenorientierte Bereiche wie Produktangebote und digitale Dienstleistungen erleben.

Piotr Kondratowicz, Business Architect bei Sollers Consulting

Die Sollers-Studie „Unter der Oberfläche: KI in der Versicherung – Erkenntnisse und Erfahrungen“ kann hier heruntergeladen werden.tw

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