ANWENDUNG18. November 2025

Künstliche Intelligenz wird zum Gamechanger für Versicherungen und Vermittler

Bigstock

Der Versicherungsvertrieb steht an einem Wendepunkt. Eine neue Studie der Unternehmensberatung Simon-Kucher zeigt, dass die Branche verstanden hat, dass die Digitalisierung, und mit ihr der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI), das dominierende Handlungsfeld sind. Doch zwischen Anspruch und Umsetzung klafft oftmals eine Lücke. Denn zahlreiche Projekte kommen über den Pilotstatus nicht hinaus, während Wettbewerber in anderen Märkten bereits erfolgreich Lösungen einsetzen können.

Um die größten Handlungsfelder und Prioritäten zu identifizieren, hat Simon-Kucher mehr als 30 Versicherer befragt. Grundlage war ein Fragebogen mit fünf Themenblöcken, die das gesamte Spektrum des Vertriebs abbilden: von der Marktbearbeitungsstrategie über Digitalisierung und Künstliche Intelligenz sowie Organisation, Steuerung und Qualifikation bis hin zu Compliance und Regulatorik.

Simon-Kucher

Unter dem Strich steht folgende Erkenntnis: Die Branche weiß, was zu tun ist – aber sie handelt oft zu zögerlich. Digitalisierung, KI und Omnikanal müssen jetzt strategisch verankert werden, sonst drohen Effizienz- und Wachstumsverluste.“

Dirk Schmidt-Gallas, Senior-Partner und Leiter Insurance Practice, Simon-Kucher

Den größten Handlungsdruck sehen die Befragten beim Ausbau digitaler Prozesse und Services für ihre Vertriebspartner – mit einem Wert von 7,0 auf einer Skala von 0 bis 10. Damit liegt dieses Feld sogar vor Endkundenangeboten oder Leadmanagement. Das Signal sei eindeutig, erklärt der Berater – die digitale Zukunft des Vertriebs beginnt beim Vermittler.

Dennoch bleiben Kundenportale, Apps oder erste KI-Projekte häufig Insellösungen ohne flächendeckende Integration in den Vertriebsalltag. Ein Blick nach Südostasien zeigt, dass dort  führende Versicherer KI längst gezielt für Personalisierung,Vertriebsunterstützung und die Optimierung der Customer Journey einsetzen. Vermittler erhalten Echtzeitempfehlungen und trainieren auf KI-basierten Lernplattformen – mit messbar besseren Abschlussquoten und einer deutlich verbesserten Kundenerfahrung. „In Asien ist KI kein Pilotprojekt, sondern gelebte Praxis. Sie stärkt die Vermittler und macht den Vertrieb insgesamt schlagkräftiger“, sagt Tobias Schulz, Senior Director bei Simon-Kucher. „Genau diesen Schritt müssen jetzt auch deutsche Versicherer gehen: Digitalisierung braucht eine klare Strategie statt isolierter Initiativen.“

Omnichannel ist Pflicht, nicht Kür

Phonlamaiphoto/bigstock.com

An zweiter Stelle der Handlungsfelder rangiert laut Simon Kucher der Aufbau einer echten Omnikanal-Strategie. Kunden erwarten heute reibungslose Übergänge zwischen digitalen und persönlichen Kanälen. In der Realität bleibt die Customer Journey jedoch häufig fragmentiert. Versicherer sollten ihre Kanäle stattdessen orchestrieren wie ein Dirigent sein Orchester, von Leadgewinnung über Beratung und Abschluss bis zum Service. Nur so entstehe ein konsistentes Kundenerlebnis, das für einen Mehrwert sorge. Besonders stark spüren dabei Ausschließlichkeitsorganisationen (also Versicherungsvermittler, die ausschließlich für ein einzelnes Versicherungsunternehmen tätig sind und dessen Produkte vertreten) den Veränderungsdruck. Nachwuchsmangel, steigende Anforderungen an Beratungskompetenz und Effizienz sowie neue Kundenerwartungen stellen bestehende Strukturen infrage. „Die AO muss jetzt professionalisiert und modernisiert werden“, sagt Schulz. „Dazu gehören digitale Lernstrecken, zentrale Outbound-Einheiten und klare Karrierepfade für junge Vermittler.“ Nur wer diese Hausaufgaben macht, könne die AO langfristig als Wachstumstreiber erhalten.

Neben Digitalisierung und Strukturwandel ist Profitabilität das dominierende Thema der Studie. Versicherer müssen den Spagat schaffen zwischen bezahlbarem Versicherungsschutz und stabilen Margen. Eine Herausforderung, die sich ohne moderne Steuerungslogiken kaum lösen lässt. „Profitabilität entsteht nicht durch Kostensenkung allein, sondern durch intelligente Steuerung“, so Schmidt-Gallas. „Ohne klare Governance, Datenlogik und Vertriebssteuerung laufen selbst gute Digital- und Omnikanalinitiativen ins Leere.“

Die Studienergebnisse (derzeit noch nicht online auffindbar) zeigen deutlich: Der Handlungsdruck im Vertrieb steigt, doch die Umsetzung bleibt oft hinter den Plänen zurück. Wer jetzt gezielt investiert, in KI, Omnikanal und moderne Strukturen, kann die eigene Vertriebsleistung und Profitabilität entscheidend steigern.

Es geht nicht mehr um das Ob, sondern um das Wie schnell. Nur wer jetzt konsequent umsetzt, wird im Wettbewerb bestehen.“

Dirk Schmidt-Gallas, Senior-Partner und Leiter Insurance Practice, Simon-Kucher

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