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PAYMENT STRATEGIE2. September 2015

Schnelle POS-Kredite: Warum die Banken die Schlacht um das Bezahlen am POS schon verloren haben

Autor Dirk RöderPrivat
Autor Dirk RöderPrivat

Es begann im Jahr 2009 mit der neuen Firma Square des ehemaligen Twitter Gründer Jack Dorsey. Das bestehende Gebührenmodell der Banken und Kreditkartenfirmen sollte mit einer sehr nutzeroptimierten Anwendung gebrochen und die Akzeptanz der Plastikkarten weiter gesteigert werden. Als Zielgruppe hatte Square all die kleinen Läden und Familienbetriebe im Auge, die nicht unter dem Mantel eines großen Konzerns schlüpfen und dessen Administration und Einkauf nutzen können. Ein cleveres Modell, das sich in Europa nicht durchsetzen konnte und doch die Banken in die POS-Defensive trieb.

von Dirk Röder

Dirk Röder
Dirk Röder ist Mit­grün­der von opentabs, ei­ner mobilen Be­stell- und Bezahllösung für die Gas­tronomie. Röder­ hat tiefgrei­fen­de Erfahrun­gen im Change Management und der stra­tegi­schen Pro­dukt­entwicklung, mit den Schwerpunk­ten Mobile, FinTech und Automobil. Er teilt sei­ne Ge­danken auf sei­nem Blog roederhallo.de über twitter und LinkedIn.
Mit dem simplen Kassensystem von Square und einem kleinen Kartenleser für die Kopf­hörer­buchse am iPad (wahlweise iPhone), konnte selbst eine Privatperson am wöchentlichen Flohmarkt von nun die Zahlmethode Kreditkarte akzeptieren. Square lichtete auch den Dschungel aus Tarifen und komplizierten Verträgen der Kartenherausgeber, indem ein transparenter Plan mit wenig Papierkram zur Kartenakzeptanz führte.

Es dauerte nicht lange, bis auch in Europa die ersten Nachahmer des Modells auftauchten. Der skan­di­na­vische Dienst iZettle startete 2010, sumup aus Deutschland in 2011 und payleven ein Jahr später.

Für Europa zu unsicher

2011: Eine clevere Lösung - allerdings reichlich unsicher- per Square den Magnetstreifen über die Kopfhörerbuchse auslesen.Square
2011: Eine clevere Lösung – allerdings reichlich unsicher- per Square Dongle den Magnetstreifen über die Kopfhörerbuchse auslesen.Square

Die Ent­wicklungs­ge­schwindigkeit der eu­ropäi­schen Anbie­ter wurde vor al­lem durch die hier strikte­ren Si­cherheits­be­stimmun­gen getrie­ben. Der “Square Dongle” von 2011 las lediglich den Ma­gnet­strei­fen ein und die Un­terschrift – auf dem iPhone/ iPad mit dem Fin­ger gekritzelt – genügte nicht den Anforde­run­gen der Kredit­wirt­schaft. Als Folge wur­den Chip-Kar­ten­le­ser mit PIN Code Ein­gabe ent­wickelt und vom Kopfhörer­anschluss Ab­schied genommen. Die neuen Geräte sind mit Bluetooth oder Ka­bel mit dem Smartphone ver­bun­den und damit ei­gentlich nicht mehr so praktisch wie ein­st. Mittlerweile gibt es Anbie­ter wie z.B. payworks, die diese Geräte zur Kartenakzeptanz inklusive SDK für individuelle Apps verkaufen. Das iPad Kassensystem “orderbird” nutzt deren Angebot, um die Kartenakzeptanz mit Kassensystem anzubieten.

Im Mai 2014 startete Square einen neuen Service, der auf den ersten Blick überhaupt nichts mit der Kartenakzeptanz zu tun hat: ein Kreditangebot namens Square Capital. In Folge wurden weitere Angebote an den Konsumenten eingestellt (Wallet und Order) und der Fokus des Unternehmen wechselte hin zum Geschäftskunden. Die neue Strategie scheint sich auszuzahlen, kursieren seit wenigen Wochen die Gerüchte um einen Börsengang von Square.

Das neue Geschäftsmodell: Kredite

Im ersten Jahr zahlte Square Capital US$ 100 Mio Bargeldvorschuss an mehr als 20.000 Händler und die Zahlen aus dem Monat April ’15 sind umso beeindruckender: US$ 25 Mio. Wenn diese Geschwindigkeit anhält, prognostizieren die Auguren US$ 360 Millionen bis Ende des Jahres. Zum Vergleich kommt der seit 2007 am Markt aktive Dienst Lending Club auf US$ 1,6 Mrd pro Jahr. Auch PayPal mischt seit 1,5 Jahren auf diesem Markt erfolgreich mit und schüttete US$ 500 Mio an 40.000 Händler aus. Offensichtlich sieht der Bankensektor in USA hier kein Geschäft, vermutlich aber verhindern starre Strukturen die für einen Abschluss notwendige Flexibilität. Viele Händler beschweren sich, dass deren kurzfristige Engpässe von den Hausbanken nicht bedient werden, weil z.B. die angebotene Summe höher sein muss oder die Gebühren unattraktive Höhen erreichen.

Hier kommt nun die geniale Verbindung vom Kerngeschäft von Square und dem neuen Angebot zum Tragen. Square kennt die Umsätze tagesgenau und kann mittels Hochrechnungen genau analysieren, wie es um den jeweiligen Händler steht. Im Kassensystem wird geeigneten Händlern dann mit einem einfachen Schalter auf der Oberfläche ein individuelles Kreditangebot unterbreitet und die damit verbundenen Gebühren errechnet. In der Regel landet die Kreditsumme bereits einen Arbeitstag später auf dem Konto des Händlers und die Tilgung erfolgt bequem auf Tages- oder Wochenbasis der Kreditkartenumsätze. Hier verspricht Square obendrein Augenmaß und behält höhere Tilgungsraten bei hohen Umsätzen und entsprechend geringe bei schwachen Tagen direkt ein. Da die meisten Schuldner an einer schnellen Tilgung interessiert sind, hilft die Kopplung an die Kreditkartenumsätze. Die Händler werden Kartenzahlungen favorisieren und somit das ureigene Geschäftsmodell von Square mit einer Marge von 34 Prozent antreiben.

Kürzlich erst sammelte iZettle € 60 Mio ein, um das neue Angebot iZettle Advance auszurollen. Drei Mal dürfen sie raten, was hier in Skandinavien, UK, Brasilien und bald Lateinamerika angeboten wird: Exakt dieses Geschäftsmodell – schnelle POS-Kredite.

Auswerten der POS-Daten ermöglicht neue Geschäftsmodelle

Schlussendlich zeigt sich ein weiteres Mal, dass sich konsequentes Auswerten vorhandener Daten lohnt. Auch und vor allem diversifiziertes Querdenken zahlt sich im Zeitalter der Digitalisierung aus. Dabei ist es unerheblich, dass Square aufgrund von Problemen in 2013 und 2014 dringend neue Geschäftsfelder benötigte und die Strategie auf B2B verlegte. Am Ende besteht zwischen Kreditgeschäft und Kassensystem kein direkter Zusammenhang. Außer den zugrunde liegenden Daten, die richtig verknüpft völlig neue Produkte ermöglichen.

Banken entgeht ein lohnendes Geschäft, weil sie die vorhandenen Daten der Geschäfte nicht genug auswerten. Es bedarf einfacher, transparenter und vor allem individueller Lösungen, deren Basis eine extrem schlaue IT ist.aj

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