STRATEGIE26. Mai 2025

40 % schneller, 60-fach effizienter? So lief die KI‑gestützte Cloud-Migration bei Lombard Odier

Geoffroy De Ridder, Technology and Operations Unit der Lombard Odier Group, präsentiert sich in formeller Kleidung. Die Modernisierung von Legacy-Systemen im Banken- und Finanzsektor erfordert innovative Ansätze, um regulatorische Anforderungen effizient zu erfüllen.
Geoffroy De Ridder, Technology and Operations Unit Lombard Odier Group Lombard Odier Group

Die Modernisierung von Legacy-Systemen unter Einhaltung strenger regulatorischer Auflagen ist nach wie vor eine große Herausforderung für den Banken- und Finanzsektor. Bei Lombard Odier hat eine technische Bewertung gezeigt, dass KI-gestützte Development- und Datenmodellierungstechniken die Migration in die Cloud beschleunigen. Gleichzeitig lassen sich Kosten und Komplexität eindämmen.

Geoffroy De Ridder, Lombard Odier Group

Kontext und Herausforderung

Als Bank mit jahrzehntelanger Unternehmensgeschichte betreibt Lombard Odier ein hochkomplexes IT-Ökosystem mit Hunderten von miteinander verbundenen Anwendungen. Obwohl diese Systeme stabil und zuverlässig liefen, war eine Neubewertung notwendig, um mit digitalen Innovationen Schritt zu halten und sicherzustellen, dass Anwendungen effizient und auf dem neuesten Stand waren. Die Herausforderung dabei: Systeme so modernisieren, dass der Produktionsbetrieb nicht gestört wird und nicht gegen regulatorische Vorschriften verstoßen wird. Ebenso sollten die Bereitstellungsgeschwindigkeit erhöht und gleichzeitig geschäftskritische Systeme besser gewartet werden können.

Technologieauswahl und Benchmarking

Durch ein detailliertes Benchmarking wurden im Jahr 2020 traditionelle relationale Datenbanken mit dokumentenorientierten NoSQL-Optionen verglichen. Die Bewertung konzentrierte sich auf die Leistung unter realen Arbeitsbelastungen, die Latenzzeit beim Datenzugriff, die Komprimierungseffizienz und die horizontale Skalierbarkeit.

Der Benchmarking-Test ergab eine Leistungssteigerung von 40 % bei leseintensiven Workloads beim Einsatz eines Dokumentenmodells.”

Um diese Leistung zu erreichen, sollte das Datenmodell so optimiert werden, dass das beste dokumentenbasierte Modell eingesetzt werden konnte. Um beispielsweise die Preise von Wertpapieren zu speichern, wurden alle Wertpapier-Kurse für ein Jahr in einem einzigen Dokument gespeichert, anstatt pro Tag ein einzelnes Dokument dafür zu erstellen. Das verbesserte Speicherplatz und Leseleistung für diese Kursnotierungen um das Zehnfache.

Autor Geoffroy De Ridder, Lombard Odier Group
Geoffroy De Ridder, Leiter der Technology and Operations Unit bei der Lombard Odier Group, fokussiert sich auf die strategische Modernisierung von Legacy-Systemen durch KI-Innovationen, um Effizienz und Kosteneffektivität zu steigern.Geoffroy De Ridder leitet derzeit die Technology and Operations Unit bei der Lombard Odier Group (Website) und konzentriert sich auf das strategische Management von Technologie- und Betriebsaktivitäten. Mit einem Master of Sciences in Physik der Polytechnic Federal Institute of Lausanne begann Geoffroy seine Karriere als Wissenschaftler am European Centre for Controlled Fusion, bevor er zu McKinsey & Company wechselte. Er hatte bedeutende Rollen im Bankwesen inne, darunter bei UBS und der Banque Cantonale Vaudoise, wo er zur Entwicklung und Umsetzung von Betriebsstrategien, inklusive IT, auf globaler Ebene beitrug.
Native Storage-Engines boten eine mehr als fünffache Datenkomprimierung. Die Flexibilität bei der Entwicklung von Datenbankschemata und der Wegfall komplexer objektrelationaler Zuordnungen (ORM) waren letztendlich ausschlaggebend für die Entscheidung für eine dokumentenbasierte Datenbankplattform. Mit den Lösungen von MongoDB war der Anspruch an hohe Leistung bei leseintensiven Arbeitslasten gegeben. Außerdem war ein flexibles Dokumentenschema notwendig und native Komprimierungsfunktionen, denn Skalierbarkeit und Flexibilität bei der Umsetzung des Modernisierungsprojekts war essenziell. Die neue Plattform konnte nun mehrere wichtige Arbeitslasten, darunter das bankeigene Portfolio Management System (PMS), unterstützen.

Umgestaltung des Portfolio Management Systems (PMS) und anderer Anwendungen

Da das PMS eine geschäftskritische Anwendung ist, die von Tausenden von Nutzern für die Verwaltung verschiedener Anlageklassen verwendet wird, wurde hier zuerst angesetzt. Die Anwendung wurde überarbeitet, um Backend-Dienste auf die Java-Frameworks Springboot und Quarkus zu migrieren, von einer monolithischen Bereitstellung zu modularen Diensten überzugehen und von eng gekoppelten relationalen Modellen zu optimierten Dokumentenschemata zu wechseln.

Ein domain-orientiertes Design wurde übernommen, um die Geschäftslogik zu extrahieren und von der Anwendung zu entkoppeln. Die APIs wurden unter Verwendung der OpenAPI-Spezifikationen entwickelt, um eine vertragsbasierte Entwicklung zu ermöglichen. Ereignisgesteuerte Patterns wurden dort eingeführt, wo asynchrone Kommunikation von Vorteil war. Diese Refactoring-Strategien wurden auch auf interne Tools und Anwendungen angewandt, die von Java EE-Umgebungen auf den next-generation Cloud-Native-Stack migriert wurden.

Die Abbildung illustriert den Migrationsprozess von Legacy-Systemen, bei dem jBoss EAP6-Anwendungen von Windows-VMs auf Quarkus-Anwendungspods in OpenShift übertragen werden. Zudem erfolgt die Umstellung von einer SQL-Datenbank auf eine MongoDB-Datenbank
Umgestaltung geschäftskritischer Anwendungen in die NoSQL-Datenbank

GenAI-unterstützte Modernisierung: Ablauf und Tools

Um die Code- und Datenmigration zu beschleunigen, wurde ein generativer, KI-gestützter Entwicklungsassistent eingesetzt. Der KI-Workflow begann mit Java-Quellcodeblöcken, die zusammen mit strukturierten Aufforderungen an das KI-Modell übermittelt wurden. Der von der KI generierte, mit Quarkus kompatible Code wurde automatisch kompiliert und validiert. Wenn Kompilierungsfehler auftraten, wurde das KI-Modell erneut aufgefordert, eine korrigierte Version zu erstellen. Dieser iterative Ansatz führte zu einer akzeptablen Qualität für einfache Transformationsvorhaben.

Frühere Aufzeichnungen von Benutzeroberflächeninteraktionen wurden in automatisierte Regressionstestfälle umgewandelt, und Tools zur Analyse der Codeabdeckung wie Karate halfen, die Vollständigkeit der Tests sicherzustellen.

Für die Data Layer wurden die Zugriffsmuster im Detail analysiert, um effiziente Dokumentenschemata abzuleiten, die die standardmäßigen relationalen Modelle ersetzen können.”

Der Code für den Datenzugriff wurde mit Hilfe von KI-gestützten Vorschlägen umgeschrieben, die von technischen Experten validiert wurden. Native Datenmigrationswerkzeuge übernahmen die physische Datentransformation und das Laden.

Jeder Zyklus umfasste statische Analysen und die Codes wurde weiterhin von Experten überprüft, um die Qualität zu sicherzustellen. Bei komplexeren Transformationen, die proprietäre Bibliotheken oder Edge Cases beinhalteten, waren manuelle Eingriffe notwendig. Dieser hybride Ansatz war wichtig, denn so konnte die Umstellung zuverlässig ablaufen und profitierte dennoch gleichzeitig von der Automatisierung.

Ergebnis und Auswirkung

Das Modernisierungsprojekt hatte deutliche und messbare Verbesserungen zur Folge. Einfache Codemigrationen wurden bis zu sechzigmal schneller durchgeführt als in früheren Projekten. Das Refactoring der Data Access Layer wurde mithilfe generativer KI bis zu zwanzigmal schneller durchgeführt.

Durch die automatisierte Testgenerierung und -ausführung konnten die Validierungszyklen von drei Tagen auf unter fünf Stunden reduziert werden.”

Die weiteren 250 bankinternen Anwendungen werden derzeit mit demselben Ansatz weiterentwickelt und auf einer konformen, cloud-fähigen Plattform bereitgestellt, um die regulatorischen Anforderungen in allen Ländern in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika zu erfüllen. Durch die erhöhte Flexibilität und Skalierbarkeit wurde die Grundlage für weitere Innovationen und Systemerweiterungen geschaffen.

Fazit

Die Integration von generativer KI in Software-Modernisierungsstrategien ist nicht nur rein theoretisch und technisch machbar, sondern auch operativ effektiv. KI-gestütztes Tooling ermöglicht eine schnelle Transformation von Legacy-Systemen und wahrt gleichzeitig Qualität, Compliance und Systembetriebszeit. Ein hybrider Ansatz – eine Kombination aus menschlichem Fachwissen und maschinellem Lernen – bildet eine solide Grundlage für die Weiterentwicklung von solchen Plattformen. Geoffroy De Ridder, Lombard Odier Group

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