STRATEGIE10. November 2025

Nur 19% SHUK-Kernsysteme ist stabil: 57 % wollen migrieren – Standardsoftware schlägt Eigenbau

Schwerpunkt: Kernsysteme
Thorsten Vogel, Partner, BearingPoint BearingPoint

Die BearingPoint Kaleidoscope Studie zu SHUK-Kernsystemen ist die umfangreichste und weitgehendste Studie zum Thema SHUK-Kernsysteme für den deutschen Versicherungsmarkt. An dieser Stelle wollen wir einige Einblicke in die Ergebnisse geben.

von Thorsten Vogel, Partner, BearingPoint

Grundidee der Studie ist die Betrachtung von SHUK-Kernversicherungslösungen aus Unterschiedlichen Blickwinkeln („Kaleidoscope“ Ansatz). Dabei wurden im Fokus Ansprechpartner bei Versicherungen befragt, aber auch andere Experten. Neben der Befragung wurden auch bestehende und laufende Implementierungen von SHUK-Lösungen betrachtet:

Eine zentrale Fragestellung ist der Stand der Branche insgesamt. Die häufig vermutete Trägheit von Versicherungen, technologische Themen mit Nachdruck anzugehen, können wir aus den Ergebnissen der Studie nicht bestätigen. Im Gegenteil, die Branche befindet sich in einer Phase der Transformation und viele Versicherungen befinden sich bereits mitten in der Ablösung oder Modernisierung ihrer Kernsysteme.

Die Abbildung illustriert den Status der Transformation der SHUK-Kernsysteme. 24 % der Teilnehmer sind noch nicht bereit, 21 % befinden sich in der Planungsphase, 36 % setzen um, und lediglich 19 % bewerten ihre Systeme als stabil.
Stand der Transformation BearingPoint
Die Abbildung zeigt, dass lediglich 19 Prozent der Studienteilnehmer angeben, mit ihren bestehenden SHUK-Kernsystemen in einem „stabilen“ und zukunftsfähigem Status zu sein. Interessant ist hier, dass davon etwa die Hälfte aussagen, dass dies nur eine Momentaufnahme ist und sich der Standpunkt vermutlich innerhalb von zwei Jahren ändern wird.

Insgesamt 57 Prozent der Teilnehmer befinden sich in der konkreten Planung für eine Ablösung der bestehenden Systeme, oder befinden sich bereits aktiv in der Transformation. Es gibt also sehr viel Bewegung auf dem Markt und der Trend wird weiter anhalten.

Ein weiteres Ergebnis ist der anhaltende Trend zur Nutzung von Standardsoftware. Sowohl bei den in Planung befindlichen Transformationen als auch bei den bereits laufenden Projekten orientiert sich die Mehrheit der Versicherungen an Standardsoftware.

Auch der Pfad der Modernisierung oder Neuentwicklung bestehender Systeme in Eigenregie hat durchaus seine Daseinsberechtigung. Es zeigt sich zwar, dass insbesondere Versicherungen mit Eigenentwicklungen eine Ablösung oder Modernisierung anvisieren, es gibt aber weiterhin Unternehmen, die die Eigenentwicklung als Pfad für die Zukunft ansehen.

Was treibt die Versicherungen an? Strategische Treiber der Transformation

Im Rahmen der Studie konnten vier zentrale Cluster von Treibern identifiziert werden, warum Versicherungen in die Transformation ihrer Kernsysteme einsteigen:

  • Cluster 1-Erhöhung von Effizienz und Optimierung von Prozessen: Die Notwendigkeit Prozesse zu optimieren um insbesondere in den Operations-Einheiten und im Schadenmanagement effizienter zu werden ist der zentrale Treiber. Von neuen Lösungen erhofft man sich eine deutlich flexiblere und systemseitig besser unterstütze Bearbeitung von Vorgängen, insbesondere bei Massenprozessen.
  • Cluster 2-Verbesserung der Produktentwicklung und schnelleres Time to Market: Der Prozess zum Launchen neuer Produkte dauert zu lange und die Gestaltungsmöglichkeiten von Produkten sind limitiert. Hier sehen Versicherungen einen großen Vorteil von neuen Systemen. Häufig wurden hier die Abbildung gebündelte Produkte, sowie „embedded“ Produkte als zunehmend wichtig bewertet.
  • Cluster 3-Modernisierung Technologie-Stack und Aufbau Mitarbeiter-Skills: Die Notwendigkeit auf moderne Technologie-Stacks zu wechseln, nicht zuletzt wegen einem Mangel an Ressourcen im Betrieb/Weiterentwicklung der Mainframe-Umgebungen, treibt Versicherungen an, nach neun Lösungen zu suchen.
  • Cluster 4: Unterstützung der Strategie/des Zielbildes: Häufig werden die bestehenden Systeme schlicht al nicht geeignet für zukünftige Aufgaben angesehen. Insbesondere mangelnde Flexibilität und hoher Aufwand bei Integrationen werden als Gründe genannt, in Kombination mit den bereits in den anderen Clustern genannten Punkten.
Die Darstellung umfasst verschiedene Treiber für die Transformation von SHUK-Kernsystemen, unterteilt in Cluster. Die Bereiche Anbieter, Fachlich, Menschen, Strategie, Technisch, Vorgehen/Projekt und Wirtschaftlichkeit sind aufgeführt, jeweils mit der Anzahl der Nennungen.
Treiber für die Modernisierung und Einteilung in Cluster. Gezeigt wird jeweils die absolute Anzahl der Nennungen BearingPoint

Was sind Herausforderungen und Erfolgsfaktoren in laufenden Transformationen?

Die Übersicht identifiziert zentrale Herausforderungen in der Transformation von SHUK-Kernsystemen. Mangelnde organisatorische Vorbereitung (34%) und fachliche Funktionalität (28%) sind die häufigsten Probleme, gefolgt von unklaren Zielsetzungen (27%) und Mitarbeiter-Skills (24%).
bearingPoint
Vorbereitung ist alles, das zeigt die Übersicht. Die vier am (mit Abstand) am häufigsten auftretenden Herausforderungen können bereits in der Vorbereitung adressiert werden. Während der Transformation festzustellen, dass die Organisation für das Vorhaben nicht aufgestellt ist, ist sicherlich kein guter Zustand.

Autor Thorsten Vogel, BearingPoint
Thorsten Vogel ist Partner bei BearingPoint (Webseite) und begleitet Versicherungen bei der Umsetzung von IT-Strategien und der Optimierung von IT-Landschaften und Kernsystemen.

Was sind die wichtigsten Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Transformation? Wir sehen 3 zentrale Punkte:

  • Die richtigen Mitarbeiter auf allen Seiten: Für über 50 Prozent der befragten Unternehmen ist dies der zentrale Erfolgsfaktor. Es geht hierbei vor allem darum, befähigte und mandatierte Mitarbeiter in den zentralen Rollen des Projektes verfügbar zu haben. „Wir waren fachlich zunächst schlicht nicht in der Lage die zukünftigen Prozesse abzubilden. Es fehlte an ausreichender Unterstützung durch Mitarbeiter mit einer entsprechenden Vision.“ – Leiter Schaden einer Versicherung (Standard-Player).
  • Der unbedingte Wille und die Nachhaltigkeit, Prozesse neu zu denken und abzubilden: Der Versuch, langfristig etablierte Prozesse 1:1 in die neue Systemlandschaft zu übertragen ist nicht zielführend. Prozesse müssen neu gedacht werden und der Standard der neuen Lösung akzeptiert werden, wo möglich. „Der unbedingte Wille und die Nachhaltigkeit, Prozesse radikal zu überdenken ist Grundvoraussetzung für Einführung einer neuen Lösung.“ – CIO einer Versicherung (Power-Player).
  • Es müssen klare Ziele für die Transformation definiert werden: Zukunftsorientierte und mit KPIs belegbare Zielsetzungen müssen am Anfang der Transformation definiert werden und im Rahmen der Transformation konsequent verfolg werden. Gleichzeitig benötigt die Zieldefinition Flexibilität, damit im Laufe der Transformation bei Bedarf justiert werden kann. „Ablösung der bestehenden Plattformen ist keine valide Zielsetzung, wir mussten dies revidieren und echte Business Ziele definieren.“ -Programmleiter Transformation einer Versicherung (Standard-Player).

Die hier vorgestellten Ergebnisse liefern lediglich einen kleinen Ausschnitt der Gesamtergebnisse der Studie, in der mit viel Tiefgang u.A. auch auf die Anbieterlandschaft, bestehende Implementierungen und fachliche und technische Trends für SHUK Kernsysteme eingegangen wird.Thorsten Vogel, BearingPoint/dk

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