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STRATEGIE5. Mai 2022

Bafin: “Kenne Deine Grenzen” – die neuen EBA-Leitlinien zu Bereichsausnahmen des ZAG

Rechtsanwalt Dr. Christian Conreder beleuchtet die neue EBA-Leitlinien zu Bereichsausnahmen des ZAG (BaFin)
Rechtsanwalt Dr. Christian Conreder, Rödl & PartnerRechtsanwalt Dr. Christian Conreder, Rödl & Partner

Die European Banking Authority (EBA) hat am 24. Februar 2022 neue Leitlinien zu den PSD2-Bereichsausnahmen für begrenzte Netze und sehr begrenzte Produktangebote im Zahlungsverkehr veröffentlicht. Diese treten zum 1. Juni 2022 in Kraft; bis zum 1. September 2022 ist für gewisse Unternehmen eine erneute Anzeige bei der BaFin erforderlich. RAs Christian Conreder und Fabian Hausemann (Rödl & Partner) beleuchten die neuen EBA-Leitlinien im Verhältnis zur bisherigen Verwaltungspraxis der BaFin. Dabei wird ein Fokus auf die Folgen gelegt, die sich daraus für Unternehmen ergeben, die Bereichsausnahmen derzeit anwenden.

von RAs Dr. Christian Conreder
und Fabian Hausemann, Rödl & Partner

Die EBA-Leitlinien sind Konvergenzinstrumente, die der EU-weiten Vereinheitlichung von Aufsichtspraxen dienen, die bisher nicht unwesentliche Unterschiede hinsichtlich der Auslegung und Anwendung der angesprochenen PSD2-Bereichsausnahmen aufweisen. Die EBA-Leitlinien entfalten jedoch keine unmittelbare Bindungswirkung gegenüber den Aufsichtsbehörden. Stattdessen findet das „Comply-or-Explain-Verfahren“ Anwendung: die nationalen Aufsichtsbehörden müssen sich also erklären, sobald sie von den Leitlinien abweichen.

Die BaFin hat bereits angekündigt, ihre Verwaltungspraxis an den Leitlinien auszurichten.”

Fabian Hausemann, Rechtsanwalt beleuchtet die neue EBA-Leitlinien zu Bereichsausnahmen des ZAG (BaFin)
Fabian Hausemann, Rechtsanwalt, ist als Senior Associate bei der Rödl Rechtsanwaltsgesellschaft SteuerberatungsgesellschaftFabian Hausemann

Spezifische Zahlungsinstrumente

In Leitlinie 1 wird der Begriff der spezifischen Zahlungsinstrumente konkretisiert. Dabei hat die EBA den weiten Zahlungsinstrumente-Begriff der BaFin bestätigt; insbesondere sind sowohl kartenbasierte als auch nicht kartenbasierte Zahlungsinstrumente erfasst.

Außerdem kann ein Zahlungsinstrument nur unter je eine Ausnahme gefasst werden, eine Kombination unterschiedlicher Ausnahmetatbestände ist nach wie vor nicht möglich. Die wesentlichen Änderungen im Verhältnis zur bisherigen Verwaltungspraxis sind hingegen, …

… dass zum einen keine regulierten und unregulierten Zahlungsinstrumente auf einem einzigen Träger kombiniert werden können. Zum anderen wird insbesondere mit Blick auf Prepaid-Karten klargestellt, dass bereits die Übertragung von Geldbeträgen durch Dritte auf ein Zahlungsinstrument ein erlaubnispflichtiger Zahlungsdienst sein kann.”

Begrenztes Netz von Dienstleistern

In der Leitlinie 2 werden Klarstellungen zu der Ausnahme für ein begrenztes Netz von Dienstleistern vorgenommen. Davon können etwa Tankkarten einer Tankstellengesellschaft für ein Tankstellennetz erfasst sein. Erforderlich ist dafür ein einheitlicher Marktauftritt. Dieses Kriterium hat die EBA in ihren Erläuterungen zum Konsultationsentwurf der Leitlinien insofern konkretisiert, als dass klargestellt wurde, dass mit einer einheitlichen Marke keine Zahlungsmarke gemeint ist.

Falls die BaFin dies in ihrer Verwaltungspraxis berücksichtigen sollte, dürften hiermit nur geringe Änderungen verbunden sein, da die BaFin bisher neben der Zahlungsmarke auch ein allgemeineres Markenverständnis angewendet hat.”

Außerdem können künftig auch reine Online-Shops unter die Bereichsausnahme fallen; die BaFin war bisher davon ausgegangen, dass ein Online-Shop nur in Verbindung mit einem Angebot im Ladengeschäft unter die Ausnahme fallen könne. Unverändert bleibt, dass keine sog. Cross-Akzeptanzen zulässig sind; ein Zahlungsinstrument darf also nicht in unterschiedlichen begrenzten Netzen Anwendung finden. Zuletzt stellt die EBA neue Kriterien zur Bestimmung der Anwendbarkeit der Bereichsausnahme auf: so sind dafür etwa Höchstzahl von Anbietern, das geografische Gebiet des Netzes, Anzahl und Volumina der jährlichen Zahlungsvorgänge, der Höchstbetrag, der den Zahlungsinstrumenten gutgeschrieben werden soll, die Höchstzahl der zu emittierenden Zahlungsinstrumente und Risiken, denen der Kunde bei Nutzung des Zahlungsinstruments ausgesetzt ist, relevant. Ein Unternehmen, das die Ausnahme in Anspruch nehmen möchte, muss also künftig auch quantitative Angaben zum Geschäftsmodell machen.

Begrenztes Waren- oder Dienstleistungsspektrum

In Leitlinie 4 beschäftigt sich die EBA mit der Ausnahme für ein begrenztes Waren- oder Dienstleistungsspektrum. Die EBA verlangt dabei, wie auch die BaFin in ihrer bisherigen Verwaltungspraxis, einen funktionalen Zusammenhang zwischen den angebotenen Produkten. Es muss sich also um eine bestimmte Kategorie von Waren oder Dienstleistungen handeln, die durch einen gemeinsamen Zweck miteinander verbunden sind.

Neue Kriterien der EBA zur Bestimmung der Anwendbarkeit der Ausnahme sind etwa Anzahl und Volumina der jährlichen Zahlungsvorgänge, der Höchstbetrag, der auf Zahlungsinstrumenten gutgeschrieben werden soll, die Höchstzahl der zu emittierenden Zahlungsinstrumente und mögliche Risiken für Kunden.”

Erbringung von Dienstleitungen durch beaufsichtigte Unternehmen

In der Leitlinie 5 stellt die EBA der bisherigen BaFin-Verwaltungspraxis entsprechend klar, dass zugelassene Zahlungsdienstleister und E-Geld-Emittenten auch künftig Zahlungsinstrumente herausgeben dürfen, die von Ausnahmeregelung nach § 2 Absatz 1 Nr. 10 ZAG erfasst sind. Dabei muss aber deutlich erkennbar sein, dass es sich um ein unreguliertes Zahlungsinstrument handelt, und die Nutzer sind darüber in einfacher und klarer Weise zu informieren.

Autoren RAs Dr. Christian Conreder und Fabian Hausemann, Rödl & Partner
Dr. Christian Conreder, Rechtsanwalt, ist Partner bei der Rödl & Partner am Stand­ort Ham­burg und lei­tet den Be­reich Ka­pi­tal­an­la­ge­recht. Der Schwer­punkt sei­ner an­walt­li­chen Tä­tig­keit liegt im Bank- und Ka­pi­tal­markt­recht, na­ment­lich in den Be­rei­chen des Zah­lungs­ver­kehrs- und Ka­pi­tal­an­la­ge­rechts. Ne­ben Ka­pi­tal­ver­wal­tungs­ge­sell­schaf­ten, Emis­si­ons­häu­sern und Fa­mi­ly Of­fices be­rät Herr Dr. Con­re­der u. a. Ban­ken, Zah­lungs­dienst­leis­ter, Kar­te­n­e­mit­ten­ten und Fin­Techs in zi­vil- und auf­sichts­recht­li­chen Fragestellungen.

Fabian Hausemann, Rechtsanwalt, ist als Senior Associate bei der Rödl Rechts­­an­walts­­ge­sel­l­­schaft Steu­er­be­ra­tungs­ge­sell­schaft mbH am Stand­ort Ham­burg tä­tig. Als Teil des bank- und ka­pi­tal­an­la­ge­recht­li­chen Teams hat sich Fabian Hau­se­mann auf auf­sichts­recht­li­che Fra­ge­stel­lun­gen ins­be­son­de­re aus den Be­rei­chen des Ka­pi­tal­an­la­ge­ge­setz­buchs (KAGB), Ver­mö­gens­an­la­ge­ge­setz­buchs (Verm­An­lG) und Kre­dit­we­sen­ge­set­zes (KWG) spe­zia­li­siert. Hau­se­mann be­rät bspw. Ka­pi­tal­­ver­­­wal­­tungs­­­ge­sel­l­­schaf­ten, Fond­sin­itia­to­ren und Fin­Techs bei kon­zep­tio­nel­len und ope­ra­ti­ven Themen.

Notifizierungspflicht gegenüber der BaFin

Die EBA-Leitline 6 bezieht sich auf die Notifizierungspflicht gegenüber den nationalen Aufsichtsbehörden, in Deutschland also gegenüber der BaFin. Diese ist in § 2 Abs. 2 ZAG umgesetzt. Eine solche Pflicht besteht danach, wenn eine Tätigkeit ausgeübt wird, die unter die Bereichsausnahmen des § 2 Abs. 2 Nr. 10 lit. a ZAG fällt, also die Ausnahmen für ein begrenztes Netz von Dienstleistern oder ein sehr begrenztes Waren- oder Dienstleistungsspektrum. Des Weiteren muss der Gesamtwert der Zahlungsvorgänge in den vorangegangenen 12 Monaten 1 Million Euro überschreiten. Unternehmen, die diese Voraussetzungen erfüllen, müssen eine Anzeige mit Dienstleistungsbeschreibung bei der BaFin einreichen.

Für das Notifizierungsverfahren hat die EBA klargestellt, dass sich der Betrag von 1 Million Euro nicht auf die einzelnen Zahlungsinstrumente, sondern auf den jeweiligen Emittenten bezieht.”

Außerdem hat die Anzeige bei einer grenzüberschreitenden Tätigkeit in jedem Mitgliedsstaat zu erfolgen, in dem Nutzer ansässig sind und in dem der Schwellenwert überschritten wird. Sollten sich die Angaben der ursprünglichen Anzeige wesentlich ändern, sind die Emittenten zudem zu einer erneuten Anzeige verpflichtet. Die BaFin hat entsprechend angekündigt, die eingereichten Anzeigen auch in materieller Hinsicht zu prüfen. Außerdem ist auch für Unternehmen, die bereits eine Meldung eingereicht haben, eine zusätzliche Anzeige bis zum 1. September 2022 erforderlich, wenn sie weiterhin eine Tätigkeit im Rahmen der entsprechenden Bereichsausnahmen ausüben wollen. Diese Anzeige muss Angaben zu allen Vorgaben der EBA-Leitlinien enthalten, insbesondere sind also auch quantitative Angaben erforderlich (s.o.).

Die BaFin hat bereits angekündigt, für die erneute Anzeige ein elektronisches Formular zur Verfügung zu stellen.”

Nicht mehr möglich sind hingegen Einreichungen über Verbände. Sollte die Frist zur erneuten Anzeige verpasst werden, so wird der bisherige Registereintrag gelöscht und die verspätete Anzeige als erstmalige Anzeige gewertet.

Das Fazit

Für Unternehmen, die im Rahmen dieser Bereichsausnahmen tätig sind, ergeben sich also einige wichtige Neuerungen. Vor allem ist die Frist zur erneuten Anzeige bis zum 1. September 2022 zu beachten. Bei der erneuten Anzeige müssen die neuen Anforderungen der EBA-Leitlinien im Blick behalten werden. Darüber hinaus können künftig auch Unternehmen, die lediglich Online-Shops betreiben, die Bereichsausnahme für ein begrenztes Netz von Dienstleistern in Anspruch nehmen.RAs Dr. Christian Conreder
und Fabian Hausemann, Rödl & Partner

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