Kapitalmarkt: 2 Milliarden Transaktionen offline? Warum Banken jetzt on-chain gehen müssen

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von Dr. Philipp Wagner, Leiter Digitale Assets, Deutsche WertpapierService Bank
Der Kauf und Verkauf eines Wertpapiers an der Börse ist nur ein kleiner Teil einer Transaktion im Wertpapiermarkt. Darüber hinaus laufen zahlreiche weitere Vorgänge wie beispielsweise Abrufe von Depotbeständen, Depotüberträge, Zins- und Dividendenzahlungen, SWIFT-Nachrichten oder regulatorische Meldungen. Hier sind viele Systeme und Schnittstellen involviert, die miteinander interagieren. Alleine die dwpbank verarbeitet für ihre über 1.000 Kundeninstitute jährlich bis zu zwei Milliarden technischer Transaktionen über ihre moderne Wertpapierplattform.Für die komplexen Anforderungen des hoch getakteten, weltumspannenden Wertpapier- und Finanzhandels mit wachsender Asset-Vielfalt und Automatisierungsdruck bietet die Distributed-Ledger-Technologie (DLT) – allen voran die Blockchain – heute ganz neue Möglichkeiten.”
Seit über zehn Jahren hat sich die Blockchain-Technologie stark entwickelt und wird in vielen Aspekten als resilient, skalierbar und somit nutzbar angesehen. Blockchain-basierte Transaktionen (auch „On-Chain Transaktionen“ genannt) können die Vielzahl technischer Transaktionen im Finanzmarkt für Akteure weltweit auf Infrastrukturen vereinheitlichen.
Doch warum sollten sich On-Chain-Transaktionen ausgerechnet jetzt im regulierten Kapitalmarkt durchsetzen?
Warum die Zeit für On-Chain-Transaktionen gekommen ist
Nach einer Hype-Phase zwischen 2017 und 2020 hat sich der Blick auf die Blockchain-Technologie professionalisiert. Dank MiCAR, eWpG und (vorläufig) dem EU-DLT-Pilotregime existiert erstmals ein kohärenter regulatorischer Rahmen für On-Chain-Transaktionen. Dieser gibt Finanzakteuren Rechtssicherheit und eröffnet Spielräume für konkrete Anwendungen. Zahlreiche Projekte zeigen: Die Blockchain-Technologie bietet Mehrwerte.
Auch die dwpbank ermöglicht mit der Plattform wpNex erfolgreich den Zugang zu digitalen Assets über bestehende IT-Kundeninfrastrukturen. Neben dem Interesse von Finanzinstituten am Zugang zu den neuen digitalen Assetklassen sind auch immer mehr Emittenten daran interessiert, bestehende Finanzinstrumente wie Anleihen, Aktien oder Fonds zukünftig als Token on-chain abzubilden. Dadurch entsteht neue Liquidität, Zwischenschritte werden reduziert und innovative Produkte ermöglicht – von Kryptowertpapieren über Beteiligungen an Immobilien bis hin zu tokenisierten Schuldscheinen.
Die folgenden Gründe zeigen, dass der Markt bereit ist für On-Chain-Transaktionen
- Offene Protokolle beschleunigen die Adaption. Ethereum, Solana und andere Layer-1-Protokolle haben gezeigt, dass öffentliche Netzwerke mit offenen Schnittstellen und globalen Entwickler-Communities schnelle Innovationen ermöglichen.
- Layer-2 und Sidechains ermöglichen zusätzliche Skalierbarkeit und Interoperabilität. Mit Rollups oder Sidechains ist die Skalierungsfrage größtenteils beantwortet. Moderne Protokolle erreichen bereits auf dem Basis-Layer hohe Verarbeitungsraten von über 10.000 Transaktionen pro Sekunde bei gleichzeitig sinkenden Zeiten für Finalität. Damit ist die Blockchain-Technologie grundsätzlich auch für den schnell getakteten Wertpapierhandel mit hohen Mengen technisch geeignet.
- Governance und Nutzung sind entkoppelt. Die DLT-Node-Infrastruktur selbst wird entkoppelt von deren Nutzung, beispielsweise durch Finanzdienstleister, dezentral betrieben. Nutzer können dabei durch die gegebene Transparenz zusätzlich Prüfungen ihrer Transaktionen selbstständig und jederzeit durchführen. Sie können sich daher auf die Produktentwicklung und Transaktionsabwicklung konzentrieren, statt eine neue Infrastruktur aufzubauen oder selbst zu betreiben. Das senkt die Einstiegshürden und beschleunigt die Time-to-Market.
- Globale Reichweite ist direkt gegeben. Öffentliche Blockchain-Netzwerke sind per se global. Transaktionen lassen sich jederzeit über das Internet abwickeln – unabhängig von Ländergrenzen, Börsenzeiten oder Währungen. Für Banken und Asset Manager bedeutet das: einen schnelleren Marktzugang, neue Kundengruppen und internationale Skalierbarkeit (entlang der jeweiligen Marktregulationen) für neue Produkte.
- Transparenz der Transaktionsdaten vereinfacht Reconciliation-Prozesse. Öffentliche Blockchain-Netzwerke ermöglichen Nachvollziehbarkeit in Echtzeit. Da eine Validierung über das Netzwerk erfolgt, wird zwischen den Marktteilnehmern weniger Datenaustausch benötigt. Das macht Reconciliation-Prozesse einfacher und dezentraler.
- On-Chain-Transaktionen sind agnostisch. Dank Smart Contracts lassen sich unterschiedlichste Finanzinstrumente und Assets auf der Blockchain abbilden – von einfachen Token-Transaktionen über Kryptowertpapiere bis hin zu komplexen strukturierten Produkten wie einem Leihgeschäft.
- Digitales Geld ermöglicht Programmierbarkeit. Mit Wholesale-CBDC und MiCAR-konformen Euro-Stablecoins kann die Geldseite heute auch on-chain abgebildet werden. Insbesondere Stablecoins, die direkt on-chain mit Smart Contracts interagieren, vereinfachen die Prozesse der Geldseite erheblich. Sie reduzieren dabei heutige Prozessketten und ermöglichen Programmierbarkeit sowie Echtzeit-Settlement. Damit werden Treasury-Prozesse neu definiert.
Technologisch bereit – operativ herausgefordert

Trotz Vision, technologischer Reife und regulatorischer Klarheit bleibt die ganzheitliche Adaption im traditionellen Finanzsystem herausfordernd. Die reine Anbindung der aktuellen Systeme an die Blockchain reicht dabei nicht aus. On-Chain erfordert ein Neudenken in bestehenden Systemlandschaften, Rollenmodellen und Prozessen. Produktentwicklung, Compliance, IT und Operations müssen dabei eng zusammenarbeiten. Das erfordert Know-how, eine gezielte Steuerung von Investitionen – und eine neue Haltung zu offenen Systemen und Kooperation. Wie dies gelingen kann, zeigt die Plattform wpNex der dwpbank, die seit 2022 mit einem cross-funktionalen und agilen Ansatz neu entwickelt wurde. Sie ermöglicht Kundeninstituten einen schnellen, regulatorisch sicheren und einfachen Zugang zu digitalen Assets und löst somit die zuvor genannten Herausforderungen direkt gebündelt.
Künstliche Intelligenz (KI) kann in Zukunft dabei unterstützen, On-Chain Transaktionen mit zu orchestrieren. KI-Agenten könnten dann einfache Prozesse steuern und rund um die Uhr die Überwachung von Transaktionsströmen unterstützen. Mit einer steigenden Anzahl angebundener Akteure werden Blockchains und darauf durchgeführte Transaktionen künftig ökonomische Vorteile durch Skalen- und Netzwerkeffekte bieten.
Die Zukunft von Transaktionen ist hybrid
Die Transformation des Kapitalmarkts durch digitale Assets hat bereits begonnen. Hybride Modelle mit cloudbasierten Abwicklungssystemen off-chain (Belegstellung, interne Verbuchung) und in der Marktinteraktion on-chain (Handel oder Settlement) können zukünftig deutliche Synergien erzeugen. Die dwpbank zeigt als moderner Dienstleister für Wertpapierservices in Deutschland mit cloudbasiertem Wertpapiersystem und wpNex-Plattform als Zugang zu digitalen Assets, wie solch ein hybrides Modell erfolgreich funktioniert.
Die Kombination aus digitalem Geld und tokenisierten Assets auf interoperablen Netzwerken wird in einem regulierten Rahmen zukünftig die Nutzung der Potenziale der Blockchain-Technologie ermöglichen.”
Sie macht Transaktionen schneller, automatisierter und direkter. Blockchain verspricht nicht nur mehr Transparenz, sondern eröffnet auch neue Geschäftsmodelle im Interbanken- und Retailbereich über die klassische Wertpapierabwicklung hinaus.
Anleger werden diesen Wandel oft kaum bemerken und dennoch bald einen Teil ihrer Finanzgeschäfte Blockchain-basiert tätigen. Märkte werden 24/7 geöffnet sein, neue Produkte entstehen. Settlement-Prozesse werden in Sekunden abgeschlossen.
Eine erfolgreiche Integration von On-Chain Transaktionen wird jedoch nicht nur durch die zugrundeliegende Technologie, sondern auch durch funktionierende Ökosysteme sowie geeignete strategische Partner und Produkte entschieden. Banken und Dienstleister, die jetzt frühzeitig investieren und innovieren, können Standards mitgestalten und sich Marktanteile sichern.Dr. Philpp Wagner, dwpbank/dk
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