STRATEGIE28. Mai 2025

MiCA: Krypto ist kein rechtsfreier Raum mehr – Ermittler rücken mit On-Chain-Analyse & Meldepflichten an

Ulrike Grube, Expertin bei Rödl & Partner, thematisiert die Herausforderungen der Anonymität in Kryptowährungen. Die Einführung von Meldepflichten und On-Chain-Analysen zielt darauf ab, Geldwäsche und illegale Aktivitäten zu bekämpfen.
Ulrike Grube, Rödl & Partner Rödl & Partner

Anonymität und vor allem die globale Verfügbarkeit zeichnen Kryptowährungen aus – ideale Bedingungen nicht nur für schnelle und grenzüberschreitende Transaktionen, sondern auch für den bewussten Einsatz für hohe Geld-Volumina – auch und gerade aus nicht geklärten Quellen.

von Ulrike Grube, Dr. Christine Varga-Zschau und Hugues Boissel-Dombreval, Rödl & Partner

Dassind die Grün­de da­für, dass Kryp­towäh­run­gen oder viel­mehr die Platt­for­men für Kryp­towäh­run­gen, aber auch de­ren Nut­zer, die ah­nungs­los ver­meint­lich un­auf­fäl­li­ge Trans­ak­tio­nen über die­se Platt­for­men durch­füh­ren, zu­neh­mend ins Vi­sier der Er­mittlungs­behörden und Geld­wä­sche-Auf­sichts­be­hör­den geraten.

Dr. Christine Varga-Zschau von Rödl & Partner präsentiert sich lächelnd. Ihre Expertise wird im Kontext der Geldwäschebekämpfung und der neuen MiCA-Verordnung hervorgehoben, die regulatorische Rahmenbedingungen für Krypto-Transaktionen schafft.
Dr. Christine Varga-Zschau, Rödl & Partner Rödl & Partner

Die gesetzlichen Grundlagen, die die Geldwäschebekämpfung flankieren beziehungsweise ermöglichen sind vor allem

MiCA-Verordnung:

Mit der Einführung der MiCA-Verordnung (Markets in Crypto-Assets) hat die Europäische Union klare Regeln für den Umgang mit Kryptowährungen geschaffen. Diese zielen darauf ab, Geldwäsche effektiv und effizienter zu bekämpfen. Die Verordnung sieht vor, dass Transaktionen in Kryptowährungen detailliert dokumentiert und überwacht werden und Transaktionen, die eine bestimmte Wertgrenze überschreiten, den Behörden gemeldet werden. Für E-Geld-Token und vermögenswertereferenzierte Token gilt: Transaktionen, die einen Wert von 10.000 Euro oder mehr erreichen, müssen gemeldet werden.

Die MiCA-Verordnung gilt für alle in der EU durchgeführten Transaktionen, unabhängig davon, ob die Kryptowährungen auf EU-Plattformen oder ausländischen Börsen gehandelt wurden.

Hugues Boissel Dornbreval von Rödl & Partner thematisiert die Bedeutung des nationalen Geldwäschegesetzes (GwG) für die Regulierung von Krypto-Transaktionen und die damit verbundenen Meldepflichten für Finanzinstitute.
Hugues Boissel Dornbreval, Rödl & Partner Rödl & Partner

Das nationale Geldwäschegesetz (GwG):

Dieses deutsche Gesetz verpflichtet Finanzinstitute und andere Unternehmen, verdächtige Transaktionen zu melden und die Identität ihrer Kunden zu überprüfen und umfangreiche Sorgfaltspflichten einzuhalten, um die Herkunft der Gelder zu klären und kriminelle Aktivitäten zu verhindern.

Im Einzelnen bedeutet das die Gewährleistung folgender Pflichten:

  • Bei Übertragungen von Krypto-Werten an oder von selbst gehosteten Adressen müssen zusätzliche Maßnahmen zur Risikominderung ergriffen werden, wie die Erhebung und Überprüfung der Identität des Begünstigten oder Auftraggebers. Dies umfasst die Erhebung und Überprüfung von Informationen wie Name, Anschrift und Geburtsdatum.

Die Identitätsüberprüfung bei selbst gehosteten Adressen (auch “non-custodial wallets” genannt) stellt in diesem Zusammenhang eine besondere Herausforderung dar, da diese Wallets ein hohes Maß an Anonymität bieten. Um eine Überprüfung der Identität vorzunehmen, können folgende Methoden Anwendung finden:

  • On-Chain-Analyse: Mithilfe spezieller Blockchain-Analysetools können Transaktionsverläufe teilweise nachvollzogen werden. Diese Tools helfen dabei, eine “Chain of Custody” zu erstellen, die den Weg der Kryptowährungen nachzeichnet („follow the money“).
  • Affidavits oder eidesstattliche Erklärungen: In manchen Fällen kann eine Erklärung, die den Ursprung der Kryptowährungen beschreibt, in Kombination mit anderen Indizien ausreichen.
  • Nachweise über Fiat-Eingänge: Wenn die Kryptowährungen ursprünglich durch den Umtausch von Fiat-Währungen erworben wurden, können Kontoauszüge oder Kaufbelege hilfreich sein, selbst wenn der weitere Verlauf anonym war.
  • Überwachungspflicht: Transaktionen müssen kontinuierlich überwacht werden, um verdächtige Aktivitäten zu erkennen. Das schließt stets auch die Analyse von Transaktionsmustern ein.
  • Dokumentationspflicht: Alle relevanten Informationen zu Transaktionen und Kunden müssen dokumentiert und für mindestens fünf Jahre aufbewahrt werden.
  • Meldepflicht: Verdächtige Transaktionen müssen den zuständigen Behörden gemeldet werden. Dies gilt insbesondere für Transaktionen, die ungewöhnlich hohe Werte betreffen oder ungewöhnliche Muster aufweisen.
  • Verstärkte Sorgfaltspflichten: Bei höheren Risiken, wie bei Transaktionen mit politisch exponierten Personen (PEPs) oder bei grenzüberschreitenden Transaktionen, müssen zudem zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden.

Kryptowertetransferverordnung (KryptoWTransferV):

Diese Verordnung ist bereits seit Mai 2023 in Kraft getreten und verlangt von Unternehmen, die Krypto-Transfers ermöglichen, bestimmte Maßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu ergreifen. Dazu gehören u.a., dass Informationen zum Absender und Empfänger, wie Name, Adresse und Kontonummern müssen lückenlos und rückverfolgbar erfasst werden. Krypto-Plattformen nutzen dabei überwiegend spezielle Software und Algorithmen, um verdächtige Transaktionen zu erkennen.

Diese Systeme analysieren Transaktionsmuster und identifizieren ungewöhnliche Aktivitäten. Wird eine verdächtige Transaktion erkannt, sind die Plattformen verpflichtet, diese an die zuständigen Behörden zu melden.”

In Deutschland erfolgt dies an die Financial Intelligence Unit (FIU) des Zolls. In einigen Fällen erlaubt dies den Plattformen sogar, die betroffenen Kryptoguthaben einzufrieren, um weitere illegale Aktivitäten zu verhindern, bis die Behörden die Situation untersucht haben.

Die häufigsten verdächtigen Aktivitäten im Zusammenhang mit Kryptowährung-Plattformen sind:

Autor: Ulrike Grube, Rödl & Partner
Rechtsanwältin Ulrike Grube ist seit 2002 bei Rödl & Partner (Website) in Nürnberg tätig. Als Partnerin und Praxisgruppenleiterin der Praxisgruppe Wirtschaftsstrafrecht & Prävention berät sie Mandanten bei der Einführung u.a. von Geldwäschepräventionssystemen, aber auch in Situationen, in denen sowohl die Unternehmen als auch die Unternehmensverantwortlichen (steuer- und wirtschafts-)strafrechtliche Verteidigung benötigen.
  • Ungewöhnlich große Transaktionen: Transaktionen, die deutlich größer sind als die üblichen Aktivitäten eines Nutzers, können verdächtig sein.
  • Strukturierte Transaktionen: Mehrere kleinere Transaktionen, die darauf abzielen, die Meldepflichten zu umgehen, sind ein häufiges Anzeichen für Geldwäsche.
  • Transaktionen mit Hochrisikoländern: Transfers aus oder in Länder, die als Hochrisikogebiete für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung gelten, werden besonders genau überwacht.
  • Ungewöhnliche Handelsmuster: Plötzliche Änderungen im Handelsverhalten, wie z.B. der schnelle Kauf und Verkauf großer Mengen an Kryptowährungen, können auf illegale Aktivitäten hinweisen.
  • Verwendung von anonymen oder selbst gehosteten Wallets: Transaktionen, die über Wallets abgewickelt werden, die nicht bei regulierten Dienstleistern registriert sind, können bereits als verdächtig eingestuft werden.

Die Verordnung gilt für alle Verpflichteten nach dem Geldwäschegesetz, die Transfers von Kryptowerten durchführen. Dazu gehören u.a. Banken, Finanzdienstleister und Wertpapierdienstleister.

Sanktionen

Die Nichteinhaltung der Sorgfaltspflichten zur Bekämpfung von Geldwäsche auf Krypto-Plattformen kann schwerwiegende Konsequenzen haben.

Autor: Dr. Christine Varga-Zschau, Rödl & Partner
Rechtsanwältin Dr. Christine Varga-Zschau war langjähriges Mitglied der Praxisgruppe Wirtschaftsstrafrecht & Prävention, bevor sie als Geldwäschebeauftragte von Rödl & Partner (Website) in die Global Function Legal wechselte. Dort berät sie Kolleginnen und Kollegen in Fragestellungen zur Einhaltung von Geldwäschevorschriften und Compliance.
  • Hohe Geldstrafen: Die Höhe der Geldstrafe hängt stets vom Umfang sowie der Schwere des Verstoßes und den finanziellen Verhältnissen des Betroffenen ab.
  • Freiheitsstrafen: Geldwäsche kann mit Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren geahndet werden. In besonders schweren Fällen, wie bei gewerbsmäßiger oder organisierter Geldwäsche, drohen Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren.
  • Einziehung der Kryptoguthaben: Die betroffenen Kryptoguthaben können entschädigungslos eingezogen werden, selbst wenn sie zwischenzeitlich auf Dritte übertragen wurden. Die Einziehung von Kryptoguthaben erfolgt im Rahmen von Strafverfahren und basiert auf den gesetzlichen Regelungen der §§ 73 ff. StGB (Strafgesetzbuch), wenn der Verdacht besteht, dass Kryptowährungen aus Straftaten stammen. Dies geschieht oft durch die Sicherstellung der Zugangsdaten zu Wallets. Nach der gerichtlichen Entscheidung werden die Kryptowährungen eingezogen. Diese können dann durch den Staat verwertet werden, z.B. durch Verkauf an Kryptobörsen. Diese Maßnahmen sollen sicherstellen, dass kriminelle Akteure keinen finanziellen Nutzen aus ihren illegalen Aktivitäten ziehen können.
  • Zusätzliche Maßnahmen: Verdachtsfälle können zur Sperrung von Wallets, zur Beschlagnahmung von Geräten oder zur Verhängung internationaler Sanktionen führen.

Die anzuwendenden Vorschriften sind längst kein unbekanntes Terrain mehr; sie wurden lediglich auf Kryptowährungen erweitert, um auch an dieser Stelle Transparenz einkehren zu lassen.

Allerdings ist zuzugeben, dass die tatsächlichen Entwicklungen auch hier dem Gesetzgeber immer mindestens einen Schritt voraus waren bzw. sind.”

Ein Blick in unser Nachbarland verdeutlicht jedoch, dass es sich bei den nationalen und internationalen Vorschriften um kein stumpfes Schwert handelt.

Ermittlungen wegen schwerer Geldwäsche gegen Binance in Frankreich

In Frankreich läuft seit Februar 2022 ein vorläufiges Ermittlungsverfahren gegen die Kryptowährungsbörse Binance. Diese Ermittlungen beruhen auf Beschwerden von Nutzern, die sich darüber beklagt hatten, dass sie beim Investieren über die Plattform aufgrund von mutmaßlichen Fehlinformationen Geld verloren hatten.

Ende Januar 2025 leitete daraufhin die auf die Bekämpfung organisierter Kriminalität spezialisierte französische Gerichtsbarkeit (Junalco) gegen Binance eine gerichtliche Untersuchung ein, bei der die Befugnisse der ermittelnden Beamten weiterreichen als bei einem vorläufigen Ermittlungsverfahren. Diese gerichtliche Untersuchung betrifft “die Straftaten der schweren Geldwäsche, der Geldwäsche in Verbindung mit Steuerbetrug, der Geldwäsche in Verbindung mit dem Handel mit Betäubungsmitteln und der illegalen Ausübung des Berufs des Dienstleisters für digitale Vermögenswerte (PSAN)” für Taten, die in Frankreich und in der Europäischen Union begangen wurden.

Autor: Hugues Boissel Dombreval, Rödl & Partner
Hugues Boissel Dombreval ist Rechtsanwalt mit Zulassung in Paris und New York. Er leitet die Compliance-Abteilung der Anwaltskanzlei Rödl & Partner in Paris (Website) und berät eine vielfältige Klientel (Mittelstand, börsennotierte Unternehmen, internationale Konzerne) hinsichtlich ihrer gesamten Compliance-Verpflichtungen: Ethik und Anti-Korruption, Wettbewerb, internationaler Handel und CSR. Er ist Lehrbeauftragter an der Universität Paris-Dauphine und Autor mehrerer Artikel im Bereich der Compliance.
  • Ansatzpunkte für die Ermittlung an sich: Der Fall beruht auf zwei Säulen: eine an französische Bürger gerichtete Werbekampagne, bei der angeblich die gesetzlichen Bestimmungen nicht eingehalten wurden und dem Vorwurf, über einen Zeitraum von mehreren Jahren gegen die Sorgfaltspflichten zur Bekämpfung von Geldwäsche verstoßen zu haben.
  • Hintergrund des Falles: Binance soll über Influencer und auf sozialen Netzwerken Werbemitteilungen an in Frankreich ansässige Kunden gesendet haben. Binance sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht bei der französischen Finanzmarktaufsicht (AMF) als Dienstleister für digitale Vermögenswerte registriert und habe somit gegen geltendes Recht verstoßen, lautet die Begründung der französischen Ermittler.

Darüber hinaus unterliegt Binance, wie alle Kredit-, Zahlungs- und E-Geld-Institute, der sogenannten KYC-Pflicht, die verlangt, die Identität eines Kunden und die Herkunft der von ihm eingezahlten Gelder zu überprüfen, wobei je nach Risikoprofil des Kunden mehr oder weniger gründliche Untersuchungen notwendig sind. Diese Schritte zielen insbesondere darauf ab, sicherzustellen, dass Kunden nicht Gegenstand internationaler Sanktionen sind.

Den französischen Ermittlern zufolge soll Binance diese Pflichten in den ersten Jahren seiner Geschäftstätigkeit in Frankreich absichtlich vernachlässigt haben, beispielsweise, indem das Unternehmen es versäumte, seine Kunden zu ermahnen, einen Identitätsnachweis bereitzustellen oder Fragen zu ihrem Einkommen zu beantworten.

Die französischen Ermittler sind der Ansicht, dass die Mängel von Binance es “Geldwäschern” mit Verbindungen zum organisierten Verbrechen ermöglicht haben, mehr als 55 Millionen Dollar (53 Millionen Euro) in Kryptowährungen auf Bankkonten zu transferieren. Diese Mängel machen es den ermittelnden Beamten zufolge “wahrscheinlich, dass das Unternehmen bei der üblichen Geldwäsche von Summen aus verschiedenen Straftaten, insbesondere aus dem Drogenhandel und Steuerbetrug, geholfen hat”.

Die Ermittlungen werden nun unter der Leitung eines Ermittlungsbeamten fortgesetzt und sollen das Ausmaß der Vorwürfe, die Rolle der Führungskräfte von Binance und den Grad der Beteiligung der verschiedenen Unternehmen der Plattform aufklären.”

Binance hat jegliche Beteiligung an den erhobenen Vorwürfen abgestritten.

Ohne Zweifel ist der Umstand, Gegenstand einer solchen gerichtlichen Untersuchung zu sein, für das Unternehmen problematisch. Denn dieses muss bis zum 30. Juni 2026 den von der europäischen MiCA-Verordnung geforderten Status eines Dienstleisters für Kryptoaktiva (PSCA) erlangen, wobei die Anforderungen höher sind als im derzeitigen nationalen französischen Rahmen.
Ob dies trotz der Ermittlungen gelingen kann, ist durchaus in Zweifel zu ziehen, sollten sich die Vorwürfe erhärten. Ulrike Grube, Dr. Christine Varga-Zschau, Hugues Boissel-Dombreval, Rödl & Partner

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