Die BBVA stolpert digital nach Deutschland und macht die Kontoeröffnung zum Escape Room

BBVA
Beispielsweise wirkt die Antragsstrecke so mit heißer Nadel gestrickt, dass man sich im Hinblick auf die User Experience doch fragt, ob das nicht besser ginge. So ist das gute Stück so programmiert, dass in einigen Browsern unter bestimmten Umständen die Google-Übersetzung das Steuer übernimmt und – anstatt auf die deutsche Variante zu setzen – das spanische Original übersetzen will. Aus dem Geburtstag wird da ein „Etikett“, was die „Geburtensortierung“ sein soll, erschließt sich ebenso wenig wie die „Staatssicherheit“, die wohl einfach die Staatsangehörigkeit beschreibt. Ähnlich putzig ist die Geschlechterfrage, die einen zwischen „Männlich“, „Weiblich“ und „Taucher“ auswählen lässt.
Es handelt sich dabei schlicht um die via Google involvierte Übersetzung des englischen „Divers“, also der Plural von Diver = Taucher. Kurzum: Warum handelsübliche Browser (in unserem Fall via Chrome nachvollzogen) hier nicht auf die deutsche Version referenzieren, bleibt unklar. Es wäre wirklich interessant zu wissen, wie viele der Neukunden an der Antragsstrecke scheitern oder zumindest erst auf Umwegen ans Ziel kommen – und wie viele Kunden die Bank ihrerseits aufgrund solcher Missverständnisse und daraus resultierender Falschangaben ablehnen muss.
Von „Please hold the line“ bis „ich bin dann mal weg“
Dann die nächste mäßig gute Kundenerfahrung bei der Videoverifizierung des Ausweises (immerhin über einen erfahrenen Dienstleister): Prognostizierte 9 oder 10 Minuten Wartezeit sind an sich schon nicht schön, aber vielleicht angesichts des aktuell hohen Zulaufs zu verschmerzen. Weniger erfreulich allerdings, wenn dann nach minutenlangem Warten auf einmal die Verbindung ganz gekappt wird – verbunden mit dem Hinweis, das habe dann wohl nicht geklappt und man habe vielleicht die TAN nicht korrekt eingegeben? Wenn man nur so weit gekommen wäre. Also zweiter Anlauf, diesmal klappt’s nach guten zehn Minuten. – Schlechte Erfahrungen, die im Übrigen auch andere Kunden machen, wie sich in den einschlägigen Foren nachlesen lässt. Vom „Please hold the line“ zum „ich bin dann mal weg“ dauert’s dann einige Sekunden, in denen man mit einer Art Warteschleifenmusik aus der Spieluhr begleitet wird – sieht so ein professionelles, digitales „¡Bienvenido al mejor banco de la Península Ibérica!“ aus?
Als Tüpfelchen auf dem i kann man dann noch die etwas ungelenk übersetzten, teilweise missverständlichen bis falschen Antworten bei Facebook und Co. sehen, die zeigen, dass das Social-Media-Management zumindest nicht von deutschen Muttersprachlern oder Menschen mit Sprachverständnis betreut wird. Auch anderen Testern ist der etwas unrunde Start bereits ungut aufgefallen – doch die Bank gelobt immerhin Besserung: Man stelle kontinuierlich neue Versionen der App zur Verfügung, die derlei Bugs fixen sollen und bessere zudem beim Kundenservice nach. Davon abgesehen hat die Bank, wie Payment & Banking zuerst berichtete, es bislang noch nicht geschafft, ihre durchaus attraktiven Konditionen in den Kontovergleich der BaFin zu importieren. Hier gab es offenbar technische Probleme – immerhin soll die Bank aber daran arbeiten, ihrer Verpflichtung gemäß § 17 Abs. 2 ZKG, § 2 nachzukommen. Doch selbst wenn die BBVA dem Vernehmen nach im konstruktiven Kontakt mit der BaFin steht, wirft das kein gutes Licht auf das Bankhaus.
Die Konditionen trösten über viel hinweg, nicht über alles

wutzkoh / Bigstock
Nein, liebe BBVA, das könnt Ihr (hoffentlich) besser, denn der Bananen-Ansatz „Produkt reift beim Kunden“ wird euch über kurz oder lang auf die Füße fallen. Anders gesagt: Mit den „mehreren hunderttausend“ Kunden, die in absehbarer Zeit ein Girokonto eröffnen sollen, wird das nur etwas, wenn nicht nur die Konditionen stimmen (3 Prozent und ein umfassendes Kunden-werben-Kunden-Programm sind ein Wort), sondern auch der Service und die App passen. Da sieht dann gerade der digitalaffine deutsche Pfennigfuchser oder Centschubser auch gerne über die spanische Einlagensicherung hinweg, die bei einem großen Bankhaus ohnehin eher von theoretischer Natur ist.
Eine Bank, die digital Fuß fassen und performen will, braucht neben dem intuitiven Konzept vor allem Prozesse, die Vertrauen schaffen und es dem Kunden leicht machen, das zu erreichen, was er will. Das wiederum spart dann auch bei den Serviceanfragen viel Geld ein, wie andere Digitalbanken und FinTechs bestätigen können. So wirkt das Ganze – um den Vergleich mit der Filialbank vom Anfang wieder aufzugreifen – eher nach einem improvisierten Pop-up-Store mit verwirrtem Personal, das den Kunden ratlos zurücklässt und so gar nichts vom digitalen, modernen Ambiente bietet, das man von einer großen Bank erwartet.tw
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