STRATEGIE7. August 2025

BPM-Tools bringen Sie nicht weiter: So kommt die Bank-IT in vier Schritten zur Prozess-Exzellenz

Eric A. Leuer, Manager bei Cofinpro, präsentiert sich in einem formellen Outfit. Sein gepflegtes Erscheinungsbild und der direkte Blick vermitteln Professionalität. In der Diskussion um Prozessoptimierung in der Bank-IT spielt er eine zentrale Rolle.
Eric A. Leuer, Manager CofinproCofinpro

Viele Kreditinstitute setzen große Hoffnungen auf neue Technologien und BPM-Tools, um Prozesse zu optimieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Doch häufig führt dies nur zu einem Ergebnis: Chaos in Hochgeschwindigkeit. Mit diesen vier Schritten geht es besser.

von Eric A. Leuer, Manager Cofinpro

You can’t manage what you can’t measure.”

Das dem Managementvordenker Peter Drucker zugeschriebene Bonmot hat für den Bankensektor höchste Relevanz. Hier entscheiden regulatorische Compliance, operative Effizienz und Kundenzentrierung über Erfolg oder Misserfolg. Grundvoraussetzung dafür sind qualitativ hochwertige Geschäftsdaten, genauso wie präzise Daten über die Prozesse selbst – also beispielsweise Durchlaufzeiten, Liegezeiten und Medienbrüche.

Viele Institute experimentieren mit Künstlicher Intelligenz (KI) und setzen auf isolierte Elemente der Automatisierung, um die benötigten Effizienzsteigerungen zu erzielen.

Doch in der Realität scheitern viele Finanzinstitute bereits an den dafür nötigen grundlegenden Voraussetzungen.”

Ihnen fehlt es sowohl an fundiertem Prozessverständnis als auch an einer soliden Datenbasis. Anstelle von schlanken End-to-End-Prozessen gibt es fragmentierte Insellösungen und manuelle Medienbrüche, die nicht selten auf Excel- oder Word-Lösungen basieren. Eine Automatisierung auf dieser instabilen Basis verstärkt lediglich bestehende Ineffizienzen und verschenkt das Potenzial.

Moderne, IT-basierte Lösungen sind zwar essenziell, um Prozessverbesserungen zu identifizieren und zu erkennen. Als alleiniges Werkzeug für nachhaltige Ergebnisse können sie jedoch nicht dienen. Fehlendes methodisches Know-how, unzureichende Ressourcenallokation oder mangelnde Kollaboration zwischen IT und Fachbereichen bilden Barrieren und verhindern den strukturellen Fortschritt.

In vielen Organisationen werden Prozessinformationen deshalb nicht als strategische Chance begriffen, sondern als eine operative Belastung und regulatorische Pflicht gesehen.”

Dies führt zu verlängerten Durchlaufzeiten, eskalierenden Kosten und Unzufriedenheit bei Kunden und Mitarbeitenden gleichermaßen. Das muss nicht so sein.

Schritt 1: Die Datengrundlage sichtbar machen

Autor Eric A. Leuer, Manager Cofinpro
Eric A. Leuer, Manager bei Cofinpro, präsentiert sich in einem professionellen Porträt. Sein Fokus liegt auf der Optimierung von Prozessen in Banken, wobei er Datenqualität und technologische Innovation miteinander verbindet.Eric A. Leuer ist Manager bei der Cofinpro (Website) und unterstützt Banken bei der Gestaltung effizienter Prozesse. Dabei verbindet er Datenqualität, technologische Innovation und integriertes Prozesscontrolling zu einer End-to-End-Sicht, die Transparenz und Steuerbarkeit schafft.

Die Basis der Prozessoptimierung – und damit auch der Automatisierung – ist eine konsistente, detaillierte Datenerhebung. Pauschale Aussagen wie „Beim Prozess A werden persönliche Daten aufgenommen, am Ende wird das Konto eröffnet” verschleiern mehr, als sie offenlegen. Zwischen Antrag und Kontoeröffnung liegen zahlreiche ineinandergreifende Schritte – oft über mehrere Abteilungen hinweg. Bleiben diese Zwischenschritte unklar, entstehen „Blackboxes”, die Transparenz und gezielte Verbesserungen verhindern. Deshalb:

Erfassen Sie Ihre Prozesse vollständig, schlüsseln Sie diese granular auf und dokumentieren Sie sie systematisch. Nur auf dieser Grundlage können Sie bewerten, wie Prozesse tatsächlich ablaufen, wo Schwachstellen liegen und wo sich Optimierungspotenziale verbergen.”

Entscheidend ist dabei nicht nur die Vollständigkeit, sondern auch die Tiefe und Relevanz der erhobenen Informationen – etwa zu Durchlaufzeiten, Verknüpfungen zu anderen Prozessen, Volumina oder Prozesskosten.

Schritt 2: Die Prozesse optimieren

Wie aber gelingt nun die Transformation zu nachhaltiger Prozessexzellenz? Indem vor allem die folgenden vier Punkte stets beachtet werden:

1. Relevante Prozesse identifizieren: Gehen Sie strategisch vor statt aktionistisch. Legen Sie den Fokus auf Prozesse mit höchster Geschäftsrelevanz: also auf risikoreiche, kostenintensive oder kundenkritische Abläufe. Eine systematische Kategorisierung dieser Prozesse in wertschöpfende Kernprozesse und deren Kritikalitätsbewertung bildet die Grundlage für eine prioritätenbasierte Optimierung.

2. Systematische Transparenz schaffen: End-to-End-Prozesssichten und strukturierte Assessments decken Verantwortlichkeiten, Datenflüsse und Engpässe auf. So identifizieren Sie Optimierungspotenziale und können Verbesserungen zielgerichtet planen.

3. Potenziale quantifizieren: Definieren Sie Kennzahlen und setzen Sie sich ein klares Zielbild. Quantifizierbare Optimierungsansätze und ein zukunftsorientiertes Prozessdesign münden in einen robusten Business Case mit realistischen Zeitrahmen.

4. Erst optimieren, dann stabilisieren, schließlich automatisieren: Automatisierung entfaltet ihre Wirkung nur auf grundlegend optimierten und stabilen Prozessen. Agile, iterative Vorgehensweisen zur Automatisierung liefern hier schnelle Erfolge und schaffen organisatorische Akzeptanz, anstatt große Konzepte endlos zu diskutieren. Mit Quick Wins wird das Momentum für strategische Veränderungen geschaffen, während die schrittweise Iteration das Optimierungspotenzial kontinuierlich und stabil erweitert.

Schritt 3: An die Unternehmenskultur denken

Nachhaltige Prozessexzellenz entsteht nicht allein durch den Einsatz neuer Technologie – sie braucht eine kulturelle Verankerung. Ein zentraler Bestandteil dafür ist die klare Definition von Rollen und Verantwortlichkeiten innerhalb der Bank – insbesondere unter Einbeziehung des mittleren Managements. Gerade diese Führungsebene befindet sich häufig in einer Sandwich-Position: Von unten kommen Beschwerden über steigende Komplexität und Arbeitslast, von oben der Druck zu mehr Effizienz bei sinkenden Budgets. Ein professionelles Prozessmanagement, das sich vom reaktiven „Ordnungsamt” zum proaktiven Impulsgeber wandelt, kann dieses Dilemma auflösen – indem es Transparenz schafft und datenbasiert aufzeigt, wo es hakt, was Prozesse kosten, wie lange sie dauern und wo Engpässe entstehen.

Das Prozessmanagement wird damit zum internen Dienstleister und Enabler: Es unterstützt Fachbereiche und Führungskräfte dabei, operative Abläufe effizienter zu gestalten und fundierte Entscheidungen zu treffen. Das Ergebnis: Komplexe Prozesse, die früher Wochen in Anspruch nahmen, lassen sich auf wenige Tage verkürzen – mit spürbar positiven Effekten auf Kosten, Effizienz und Kundenzufriedenheit. Gleichzeitig werden durch klar definierte, messbare und stabile Prozesse die Grundlagen für eine künftige Automatisierung geschaffen.

Schritt 4: Den richtigen Technologie-Mix wählen

Business-Process-Management-(BPM-)Systeme bilden das technische Rückgrat einer wirkungsvollen Prozessoptimierung.”

Sie ermöglichen es, Prozesse strukturiert zu erfassen, zu modellieren und gezielt zu steuern – sind jedoch kein Allheilmittel. Moderne BPM-Lösungen integrieren zunehmend KI-Funktionen, von generativer KI für die intelligente Prozessmodellierung bis hin zu Anomaly Detection und Predictive Analytics. Doch KI entfaltet ihr Potenzial nur auf einer stabilen Datenbasis und in klar definierten Prozessen. Ohne diese Grundlage bleibt sie wirkungslos. BPM-Tools ersetzen daher nicht die notwendige Vorarbeit (siehe Schritt 1), sondern bauen darauf auf. Sie helfen, Prozesse transparent zu machen und Blackboxes aufzudecken – also genau die blinden Flecken zu identifizieren, die Optimierung bislang behindern.

Auf dieser Basis entfaltet ein technologieübergreifender Ansatz seine volle Stärke: Spezialisierte Automatisierungstools können gezielt Teilprozesse optimieren, während BPM-Systeme den strukturellen Rahmen liefern. Echte Prozessexzellenz entsteht somit aus dem Zusammenspiel von Technologie, Methode und Inhalt. Denn Prozesse verlaufen nicht nur vertikal innerhalb einzelner Organisationseinheiten, sondern auch horizontal entlang ganzer Wertschöpfungsketten – mit zahlreichen Beteiligten, Schnittstellen und Systemen. Der Technologieeinsatz muss dieser Komplexität gerecht werden – und gleichzeitig den Menschen die Werkzeuge an die Hand geben, um sie zu überblicken, zu steuern und gezielt weiterzuentwickeln.

Weiterführende Informationen
Zu den strategischen Dimensionen des Prozessmanagements steht das Whitepaper „Quo vadis, Organisations- und Prozessmanagement? Vom Arbeiten im System zum Arbeiten am System” bereit. Es bietet fundierte Einblicke in die organisatorische Transformation und praktische Handlungsempfehlungen für den kulturellen Wandel. Mehr…

Ergänzend liefert der „BPM-Marktüberblick 2025: KI und BPM-Tools in der Finanzindustrie” eine detaillierte Analyse aktueller Technologien und deren Einsatzpotenziale im Bankensektor. Mehr …

Fazit

Prozessmanagement kann – und sollte – deutlich mehr sein als ein reines Erfüllungsinstrument regulatorischer Vorgaben.”

Es gilt, die Potenziale zu erkennen und zu nutzen: als strategische Disziplin und aktiver Hebel für Effizienz, Steuerungsfähigkeit und Kundenzufriedenheit. Noch verhindern Intransparenz und mangelnde Konsistenz allzu oft echte Exzellenz. Gleichzeitig steigen die Anforderungen – vonseiten der Aufsicht ebenso wie durch die wachsende Kundenerwartung an schnelle, reibungslose Abläufe. Deshalb gilt: Prozesse aufräumen, sichtbar machen und gezielt verbessern. Am besten gelingt der Einstieg in kleinen, beherrschbaren Schritten. Denn statt auf die große Lösung zu warten, sollten Finanzinstitute den Wandel aktiv angehen. Nur wer früh beginnt, verschafft sich einen echten Vorsprung – und macht Prozessmanagement vom Pflichtprogramm zur strategischen Kür.Eric A. Leuer, Manager Cofinpro

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