Anzeige
PRODUKTE26. Juli 2021

Was der digitale Euro nach den EZB-Plänen für die Verbraucher bedeutet

peshkov / Bigstock

Die Europäische Zentralbank hat vor einigen Tagen ein Pilotprojekt für die Erprobung und Etablierung eines digitalen Euro angekündigt. Ist all das das zentrale Element einer digital souveränen EU oder vielmehr ein mittelmäßiger Paypal-Klon, nachdem das Ganze in den nächsten Tagen kaputtreguliert wird? Beides ist möglich – und noch ist nicht klar, wie mutig die europäischen Währungshüter mit dem digitalen Euro umgehen werden. Was bisher bekannt ist – und was noch unklar bleibt.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat jetzt die passenden Weichen gestellt für eine digitale Zentralbankwährung, den digitalen Euro. Laut Präsidentin Christine Lagarde will die EZB so „sicherstellen, dass Bürger und Unternehmen auch im digitalen Zeitalter Zugang zur sichersten Form des Geldes, dem Zentralbankgeld, haben“.

Dass die Europäische Zentralbank hier tätig wird, ist durchaus umstritten, anfangs waren etliche Staaten „not amused“, doch nach und nach wurde klar, dass man nicht riskieren will, dass dieses spannende finanzielle Instrument den freien Währungen wie Bitcoin, Ethereum und Co. oder anderen Akteuren wie der Facebook-Währung Diem (ehemals unter dem Begriff Libra bekannt) vorenthalten bleibt. So ist die Europäische Zentralbank hier auch ein Stück weit in Zugzwang – auch weil einige Staaten hier schon einen Vorstoß im Hinblick auf die Schaffung digitaler Währungen gemacht haben. So ist etwa China beim Thema CBDC (steht für Central Bank Digital Currency) vorgeprescht ist und hat den digitalen Yuan bereits in verschiedenen Testszenarien im Einsatz.

In vielen anderen westlichen Ländern ist man dagegen deutlich weniger enthusiastisch, was auch damit zu tun haben dürfte, dass in den Industrieländern ein gut ausgeprägtes Bankensystem nebst diverser sonstiger Paymentlösungen von Paypal bis Apple Pay existiert. In diversen Emerging Markets könnten an digitale Währungen angelehnte Lösungen zur Zweitwährung werden (vgl. einige südamerikanische Märkte wie Argentinien).

Digitaler Euro als Ergänzung zum Fiatgeld

>Mechanik/bigstock.com

Dabei soll das digitale Zentralbankgeld hierzulande allerdings stets nur eine Ergänzung zum Fiatgeld, welches die Geschäftsbanken ausgeben, werden. Bislang ist pro Bürger innerhalb der EU ein Maximalbetrag von 3.000 Euro im Gespräch, den Bürger in Zukunft als zentralbankgesichertes Digitalgeld halten können. Der Unterschied zum Fiatgeld, für das gegenüber dem Kunden die jeweilige Geschäftsbank haftet: Der Besitzende, der Bürger hat gegenüber dem Staat eine direkte Förderung – und zumindest in den westlichen Industrieländern dürfte das in der Praxis nach heutigen Verhältnissen abseits von Verschwörungserzählern keinen ernsthaften Unterschied machen.

Die wie auch immer ausgestaltete Beschränkung auf wenige tausend Euro hat einen guten Grund: Man will nicht riskieren, dass sich zusätzlich zum klassischen Bankensystem – die jeweilige Zentralbank hat die Geschäftsbanken als Partner, die wiederum die Verbraucher – ein Subsystem entwickelt.

Doch so oder so ist all das sicherlich ein Grund, warum die EZB jetzt selbst über das Thema einer CBDC überhaupt sinniert: „Digitale Zentralbankwährungen versprechen, die bessere Effizienz ihrer digitalen Form mit der Sicherheit einer Zentralbank in einem einzigen Zahlungsmittel zu kombinieren“, hatte beispielsweise Bundesbankvorstandsmitglied Burkhard Balz Anfang des Jahres erklärt.

Mehrwert durch Online-Bezahlungen, auch automatisiert

Wie auch die EZB betont, soll der digitale Euro das Bargeld nicht ersetzen, sondern ergänzen, etwa bei Onlinezahlungen oder M2M-Payment-Lösungen. Doch gerade im Online-Payment-Umfeld gibt es in den Industriestaaten bereits ausreichend Möglichkeiten, sodass das Zentralbankgeld kaum einen Mehrwert verspricht. Bisher sehen Kritiker vor allem, dass letzten Endes beim digitalen Euro kaum mehr rauskommt als ein Paypal-Klon.

Ein Vorteil könnte indes der Programmatic-Ansatz, also die Datengetriebenheit sein. So sieht beispielsweise Dr. Jörn Heckmann, Rechtsanwalt bei der Wirtschaftskanzlei CMS, hierin einen USP:

Ein Unique Selling Point des digitalen Euros dürfte weiterhin dessen Programmierbarkeit sein. Nur eine solche Ausgestaltung würde den digitalen Euro auf Augenhöhe mit gängigen Kryptowährungen wie dem Ether bringen. Noch ist allerdings offen, ob die EZB bereits jetzt zu einem derartigen Paradigmenwechsel bereit ist und eine entsprechende Programmierbarkeit zur Realisierung von Smart Contracts implementiert.“

Jörn Heckmann, Rechtsanwalt bei der Wirtschaftskanzlei CMS

Dennoch sehen Experten die Entscheidung für den digitalen Euro durchaus als Schritt in die richtige Richtung. So begrüßt beispielsweise die Deutsche Kreditwirtschaft die Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB), ein Projekt zur Vorbereitung eines digitalen Euros zu starten. Dennoch gehe all das, was hier an vagen Plänen beschlossen wurde, nicht weit genug:

Ein digitaler Euro ist wesentlich für die Wettbewerbsfähigkeit Europas und seiner Unternehmen in einer immer stärker digitalisierten Geschäftswelt. Ein digitaler Euro, wie ihn die EZB andenkt, reicht dafür nicht aus. Es braucht zusätzlich sowohl tokenisiertes Giralgeld als auch tokenisiertes Zentralbankguthaben, um unsere Volkswirtschaft sicher in die Zukunft zu begleiten.“

Statement der Deutschen Kreditwirtschaft (DK)

Frühestens in fünf Jahren kommt der digitale Euro

Wann ein digitaler Euro in den Regelbetrieb geht, ist noch unklar. Zunächst wird in den nächsten zwei Jahren ausgehandelt, nach welchen Regeln das digitale Geld funktionieren soll. Danach folgen etwa drei Jahre Erprobungsphase, gegebenenfalls sind in diesem Kontext noch weitere Justierungen geplant. Unterm Strich ist also frühestens in fünf Jahren mit dem CBDC-Euros zu rechnen. Dann könnten die EU-Bürger die Möglichkeit haben, digitale Euros in digitalen Brieftaschen („Wallets“) zu speichern und für Online-Zahlungen einzusetzen.

Zentrale Rahmenbedingungen hierfür haben die Initiatoren bereits vor einigen Monaten definiert: Als da wären die Konvertierbarkeit, die Interoperabilität sowie die internationalen Standards für grenzüberschreitende Zahlungsflüsse. In der Praxis dürften hier noch einige Details hinzukommen, auch wenn all das schon recht gut aufzeigt, dass die EZB das ganze CBDC-Thema eher konservativer angehen wird. Burkhard Balz erklärte Anfang des Jahres, es gehe beim Design der digitalen Währung darum, die Eigenschaften des Bargeldes, wie Anonymität, Sicherheit und Offline-Verwendbarkeit, auf die digitale Sphäre zu übertragen:

Burkhard Balz, Vorstandsmitglied der Deutschen BundesbankBundesbank

Die digitale Wirtschaft hat die Zahlungslandschaft bereits erheblich verändert und wird dies auch weiter tun. Es liegt in der Verantwortung der Zentralbank, Vertrauen in ihre Währung zu schaffen und sicherzustellen, dass Zahlungen wettbewerbsfähig, innovativ und sicher bleiben. Wir müssen auch sicherstellen, dass das Geld der Zentralbank auf eine Weise angeboten wird, die mit der digitalen Wirtschaft vereinbar ist.“

Burkhard Balz, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank

Es ist vernünftig, dass die Europäische Zentralbank das Thema der CBDC in Form eines digitalen Euro im Hinblick auf Zukunftsinnovationen besetzt. Welche Relevanz der digitale Euro erreichen kann und ob sich hieraus praktikable Lösungen für die Wirtschaft ergeben, bleibt indes abzuwarten. Dennoch ist sich der IT-Branchenverband Bitkom sicher darüber, dass es für all das einen Markt gibt: Fast vier von fünf der in einer Umfrage befragten Unternehmen sprechen sich für die Schaffung eines digitalen Euro aus und sehen diesen als wichtiges Element einer digital souveränen EU. tw

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert