STRATEGIE10. Februar 2023

Sparkasse Fulda verschlankt Bargeldprozesse mit Safebag und Bepreisung

Annemarie Müller, Sparkasse Fulda
Annemarie Müller, Sparkasse FuldaSparkasse Fulda

Eine bargeldlose Zukunft ist noch nicht in Sicht. Münzen und Scheine sind heute jedoch für Banken und Sparkassen immer noch mit aufwändigen manuellen Prozessen verbunden. Die Sparkasse Fulda hat eine Lösung gefunden: Eine Software bildet das Safebag-Verfahren digital ab und ermöglicht eine individuelle Bargeldbepreisung.

von Annemarie Müller, Betriebsorganisation Sparkasse Fulda und Steven Schwarznau, CEO Alvara

Banken und Sparkassen sind bei Noteneinzahlungen technisch gut gerüstet. In den SB-Bereichen oder SB-Standorten findet der Kunde heute neben den klassischen Geldausgabeautomaten fast immer auch ein kombiniertes Gerät für Aus- und Einzahlung von Noten vor.

Bei der Münzeinzahlung gibt es dagegen noch viel Optimierungsbedarf. Die Münzgeldbearbeitung ist ein aufwändiger, kostenintensiver Prozess.”

Steven Schwarznau, AlvaraAlvara

Effiziente Lösungen sind für sämtliche Teilprozesse erforderlich – von der Münzgeldentgegennahme über die Lagerung und den Transport bis hin zur Münzgeldbearbeitung. Aber auch ein effizienter Prozess verursacht Kosten, welche Banken und Sparkassen nicht mehr allein tragen wollen. Viele von ihnen verlangen von ihren Kunden ein Entgelt. Dessen Berechnung und letztlich auch die Buchung der Kundengutschrift soll möglichst automatisiert erfolgen.

Bei der Sparkasse Fulda zeichnete sich dieses Bild in der Praxis: Die Kunden gaben ihr Geld am Schalter ab. Die Münzen wurden anschließend in den Filialen gezählt und dem Kunden gutgeschrieben. Bei den Zählmaschinen entstanden Kosten für Wartung und Zertifizierung. Die manuellen Prozesse waren sehr aufwändig und mit vielen Medienbrüchen versehen. Hinzu kam: Die tatsächliche Durchsetzung des Preises war stark davon abhängig, ob dem Kunden im persönlichen Geschäftskontakt die Entgelte nicht vielleicht erlassen wurden.

Kamen Einzahlautomaten zum Einsatz, gelangten diese schnell an ihre Kapazitätsgrenzen. Zudem waren die Geräte störanfällig, da mit den Münzen häufig auch Papier und sonstige Gegenstände in die Maschinen gelangten. Wiederkehrende Reparaturen und damit verbundene Ausfallzeiten waren die Folge. Um den Kunden dennoch weiterhin die Münzeinzahlung als Dienstleistung anbieten zu können, entschied sich die Sparkasse Fulda daher für die Einführung eines neuen, standardisierten Prozesses – weiterhin sicher, einfach und transparent. Dabei galt es gleichzeitig, die Filialen von aufwändigen manuellen Prozessen zu entlasten und die vorgesehenen Entgelte beim Kunden durchzusetzen.

Safebag-Verfahren minimiert Aufwände

Die Sparkasse Fulda entschied sich, die Münzeinzahlungen der Kunden auf das so genannte „Safebag-Verfahren“ inklusive individueller Bepreisung umzustellen. Weiterhin beschlossen die Verantwortlichen, den gesamten Prozess zu digitalisieren.

Für eine dokumentierte Entgegennahme der Kunden-Safebags einschließlich Erstellung eines Übergabebelegs sowie Dokumentation der Abgabe an den Wertdienstleister (WDL) führte die Sparkasse eine neue Software in den Filialen ein.”

Nach der Zählung der Münz-Safebags beim WDL findet nun die Übermittlung der Zählergebnisse an eine digitale Plattform statt. Anschließend stehen alle Safebag-Daten für die individuelle Bepreisung sowie die Erstellung von Buchungsdateien zur Verfügung. Wenn der Kunde in der Filiale sein Geld am Schalter abgibt, erfasst der Mitarbeitende die Safebag-Nummer, den Kundennamen sowie die IBAN in der Plattform und erstellt den Übergabebeleg für den Kunden. Zur Vermeidung von Erfassungsfehlern kommt für die Eingabe der Nummer ein Tastaturscanner zum Einsatz, mit welchem der Barcode auf dem Safebag gescannt wird.

Autor Annemarie Müller, Sparkasse Fulda
Annemarie Müller, Sparkasse FuldaAnnemarie Müller arbeitet seit 1989 bei der Sparkasse Fulda (Website). Seit über 9 Jahren ist sie Mitarbeiterin der Betriebsorganisation.
Die Lagerung findet bis zum nächsten Anfahrtstag in der Filiale statt. In diesem Zeitraum ist in der Anwendung nachvollziehbar, welche Safebags sich in der Filiale befinden. Am Anfahrtstag dokumentieren die Filialmitarbeitenden in der Software die Übergabe an den Fahrer des WDL. Zeitgleich können die am Schalter erfassten Kundendaten per Standard-Schnittstelle an den WDL übermittelt und am Zählarbeitsplatz im Cash Center für die Bearbeitung/Zählung aufgeblendet werden. In diesem Fall entsteht beim WDL kein weiterer Erfassungsaufwand; Fehlerquellen verringern sich.

Die Sparkasse Fulda hat sich jedoch aus Datenschutzgründen entschieden, die Kundeninformationen zu den Münz-Safebags nicht an den WDL zu übermitteln. Für den Prozess mit der Software-Lösung ist es ausreichend, wenn der WDL per Schnittstelle die Filiale, aus welcher das Safebag abgeholt wurde, die entsprechende Nummer, den gezählten Betrag sowie die gezählte Stückelung übermittelt.”

Die Daten sind dann über die Plattform mit den bereits vorhandenen Informationen verknüpft. Die nächsten Prozessschritte finden in der Hauptkasse mit Hilfe einer weiteren Anwendung statt. Diese Software übernimmt die Safebag-Daten von der Plattform. Auf Basis des konfigurierten Preismodells wird das fällige Entgelt berechnet. Dabei ist es möglich, in der Anwendung hinterlegte Sonderkonditionen bzw. Ausnahmen zu beachten. Im letzten Schritt erstellt das Programm Buchungsdateien, mit denen es möglich ist, Kundengutschrift und Entgelt zu buchen. Die Lösung legt dabei Buchungsdateien in einem Verzeichnis ab, aus dem die Dateien automatisiert an die Zahlungsverkehrsanwendung der Sparkasse übermittelt und dort verarbeitet werden. Damit ist der komplette Prozess von der Übergabe des Safebags am Schalter, über die Zählung bis hin zur Verbuchung der Gelder automatisiert.

Prozessumstellung in acht Wochen

Autor Steven Schwarznau, Alvara
Steven Schwarznau ist seit Januar 2021 Geschäftsführer von Alvara | Digital Solutions (Website). Der diplomierte „Praktische Informatiker“ verantwortet zudem seit über zehn Jahren die Bereiche Software-Entwicklung, Cloud-Betrieb und Produktentwicklung.

Bei den digitalen Lösungen, wie beispielsweise Alvara ICC, handelt es sich um Browser-basierte Anwendungen, die auf Seiten der Nutzer keinerlei Installation erfordern. Der Betrieb der Plattform erfolgt in zertifizierten Rechenzentren in Deutschland. Die Anlage der Sparkasse einschließlich der Filialen auf der Plattform übernahm der Software-Anbieter. Im Rahmen des Einführungsprojekts erstellte die Sparkasse dabei das Benutzer-Sollkonzept (Benutzerrollen). Die initiale Anlage der Nutzer ließ das Institut automatisiert durchführen. In Vorbereitung auf den Beginn der produktiven Nutzung der Plattform schulte der Lösungsanbieter Multiplikatoren aus den Filialen sowie die zentralen Mitarbeiter der Sparkasse. Die zur Verfügung gestellte zweiseitige Kurzanleitung gab den Filialmitarbeitenden zusätzlich die Sicherheit, dass es sich um eine einfach zu nutzende Anwendung handelt. Die Bargeldbepreisungs-Lösung basiert auf einer SQL-Datenbank, welche im Rechenzentrum der Sparkasse betrieben wird. Die Verbindung zur Plattform findet über einen Windows-Dienst statt. Die Sparkasse übernimmt für die Anwendung die komplette Administration, also Benutzer, Filialstammdaten, Entgeltmodell und Konfiguration der Buchungsdateien.

Von der Beauftragung bis zum Beginn der produktiven Nutzung vergingen nur acht Wochen. Im Rahmen des Einführungsprojekts hat der Anbieter die Sparkasse umfassend beraten und unterstützt. Das Institut profitiert auf vielen Ebenen – unter anderem von den vielfältigen Recherchemöglichkeiten: Die Filialen sind beispielsweise auskunftsfähig, wo sich das Geld der Kunden befindet (Track & Trace). Die zentralen Stellen können darüber hinaus auf umfassende Auswertungsmöglichkeiten zurückgreifen. So können die Fachverantwortlichen beispielsweise ermitteln, wie viele Safebags in den Filialen abgegeben und welche Entgelte vereinnahmt wurden oder welche Kunden den meisten Aufwand erzeugen.

Fazit

Digitale Lösungen können den heute in genossenschaftlichen Banken und Sparkassen gängigen Safebag-Prozess vollständig unterstützen – von der Entgegennahme, über die Auszählung bis hin zur Entgeltberechnung und Verbuchung.”

Die Prozesse sind dabei verschlankt und standardisiert. Durchgängig digitale Abläufe verhindern Fehlerquellen durch nicht mehr vorhandene Medienbrüche und entlasten die Mitarbeitenden von aufwändigen manuellen Tätigkeiten.Annemarie Müller, Sparkasse Fulda und Steven Schwarznau, Alvara

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