STRATEGIE22. Juli 2025

Wie die EZB das Zentralbankgeld wCBDC tokenisieren möchte – via Hash-Links, Trigger-Chains und Appia

Schwerpunkt: Transaktionen der Zukunft

Thomas Ambühler, Managing Consultant bei PPI, präsentiert Konzepte zur Implementierung von wCBDC im Rahmen der EZB-Initiative. Sein professionelles Auftreten unterstreicht die Bedeutung der Diskussion über digitale Zentralbankwährungen und deren Integration in bestehende Systeme.
Thomas Ambühler, PPIPPI

Die EZB stellte am 15. Juli ihr Vorgehen zu Wholesale Settlements mit digitalem Zentralbankgeld (Wholesale Central Bank Digital Currency, wCBDC) auf Basis der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) vor. Dabei baut die EZB auf eine Testphase auf, welche Mai bis November 2024 durchgeführt wurde. Die deutsche, französische und italienische Zentralbank hatten jeweils eine eigene Lösung getestet.

von Thomas Ambühler, Managing Consultant, PPI

Von der Einführung des Handels mit tokenisierter wCBDC auf DLT-Basis erhofft sich die EZB neue Möglichkeiten zur Verbesserung der Abwicklung von Transaktionen und die Behebung einiger Defizite des heutigen Ökosystems wie Fragmentierung, Komplexität und technologische Ineffizienz. Dabei antwortet sie auf Forderungen des Marktes. Dieser fordert eine zentrale Lösung, die tokenisiertes Zentralbankgeld bereitstellt. Das wird als wichtiger Baustein in der weiteren Entwicklung eines europäischen DLT-Ökosystems gesehen. Entsprechend bindet die EZB interessierte Parteien in die Entwicklung der Lösung ein.

Die offensichtlichen Use Cases einer DLT-Lösung sind die Programmierung und Automatisierung von Finanzprozessen wie Margin Calls, Rückzahlungen und Zinszahlungen durch Smart Contracts sowie der Abbau von Intermediationskosten durch die Konsolidierung von Handels-, Abwicklungs- und Verwahrungs-Funktionen auf einer Plattform.

Als zentrale Voraussetzung für eine DLT-Lösung gilt die Interoperabilität mit bestehenden TARGET-Services.”

Der Ansatz der EZB ist dabei zweigleisig. Kurzfristig soll eine „Pontes“ genannte Übergangslösung eine Verbindung zwischen DLT-Plattformen und TARGET-Services herstellen. Langfristig soll ein zukunftsfähiges, integriertes Ökosystem (genannt „Appia“) aufgebaut werden, welches ambitionierter und umfassender als Pontes werden soll.

Pontes

Pontes soll bis Ende Q3 2026 starten. Die drei Zentralbanken der Testphase führen die Entwicklung von Pontes weiterhin an. Das wird in dem Aufbau von Pontes ersichtlich:

  • Das neue Eurosystem DLT, über das Zentralbankgeld gehandelt wird, wird über ein Extended Interoperability Interface mit API Gateway an Markt-DLTs angebunden. Dies erinnert an die TIPS-Lösung der Banca d’Italia.
  • In dieser integrierten Markt-DLTs einen Hash-Link-Contract (HLC), über den Käufer und Verkäufer tokenisierter Vermögenswerte mit dem API-Gateway kommunizieren konnten. Das entsprechende Asset wurde im HLC gesperrt, bis das Gateway die Zahlung des Käufers bestätigt oder die Transaktion abbricht und das Asset an den Verkäufer freigibt. Dieses Delivery-versus-Payment-System (DvP) basierend auf dem Hash-Link-Protokoll wird auch in Pontes verwendet.

Auf der anderen Seite der Eurosystem DLT steht ein T2 Interface. Dieses automatisiert die Interaktion mit den TARGET-Services über bestehende Funktionalitäten von T2 RTGS. Wie die Lösung der Deutschen Bundesbank wird ein Trigger-Backend verwendet. Die Trigger-Lösung führte eine Trigger-Chain ein, die mit Markt-DLTs verbunden war. Wenn auf einer Markt-DLT eine Transaktion tokenisierter Vermögenswerte ausgelöst wurde, wurde der Geschäftsvorfall an die Trigger-Chain übergeben. In dieser wurde die (klassische) Zahlung erstellt und an T2 weitergegeben.

Appia

Pontes bildet die traditionelle Finanzmarktinfrastruktur auf DLT-Basis ab. Appia soll darüber hinausgehen. Erklärte Ziele von Appia sind eine erhöhte Sicherheit und Effizienz im Finanz-Ökosystem, die Integration des Marktes und eine Stärkung des Euros im internationalen Raum – auch im DLT-Ökosystem.

Autor Thomas Ambühler, PPI
Thomas Ambühler, Mitarbeiter bei PPI, präsentiert sich in einem professionellen Umfeld. Sein Fachwissen im Bereich wCBDC und Auslandszahlungsverkehr wird durch seine langjährige Erfahrung in IT-Projekten ergänzt.Thomas Ambühler arbeitet seit 2018 für PPI (Website). Er besitzt umfassendes Fachwissen im Bereich Auslandszahlungsverkehr und ISO 20022 sowie langjährige Erfahrung sowohl in fachlichen als auch IT-Projekten. Bei PPI liegt sein Hauptfokus im Auslandszahlungsverkehr, von klassischen Themen wie der ISO-Migration und T2 zu modernen wie Wholesale CBDC.

Offen ist, wie die grundlegende Architektur von Appia aussehen wird. Die Diskussion behandelt zwei Optionen:

  • Shared / Single Ledger: Eine einzelne DLT-Plattform, auf der Zentralbankgeld und alle relevanten Finanzinstrumente vereint sind. Dadurch sind nahtlose, vollautomatisierte und programmierbare Workflows möglich, insbesondere DvP.
  • Full Interoperability / Interoperable Ledger: Mehrere unabhängige DLT-Systeme bilden verschiedene Assets und Zahlungsmöglichkeiten ab und koordinieren sich über Interoperabilitätsprotokolle, synchronisieren sich jedoch bei Abwicklungen. Eine ähnliche Variante wurde in der Testphase von der Banque de France getestet.

Die Entscheidung zwischen den beiden Optionen ist dabei nicht nur technischer Natur, sondern ist auch durch rechtliche und operationelle Fragen bedingt.

Das für H1 2026 angekündigte Launch Paper soll einige Aspekte konkretisieren, insbesondere den Scope, die grundlegenden Prinzipien der Infrastruktur und wie die Interoperabilität funktionieren wird. Auch die nächsten Schritte werden in diesem Launch Paper bekanntgegeben.

Quo vadis, wCBDC?

Mit ihrem zweigleisigen Ansatz legt die EZB den Grundstein für ein modernes, effizientes und sicheres europäisches Finanzsystem auf DLT-Basis.

Hervorzuheben ist, dass die Meinung des Marktes durch die enge Zusammenarbeit mit Marktteilnehmern in die Entwicklung einfließt.”

Während Pontes kurzfristig Interoperabilität zwischen alten und neuen Systemen schafft, zielt Appia darauf ab, den europäischen Finanzmarkt langfristig zu stärken und zu integrieren. Gleichzeitig bleiben zentrale Fragen – insbesondere zur technischen Gestaltung und rechtlichen Rahmenbedingungen – offen. Thomas Armbühler, PPI/dk

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