STRATEGIE: GRUNDLAGE31. August 2015

Blockchain in der Finanz- und Versicherungsbranche – mehr als eine Zukunftstechnologie

Blockchain - jedes Element ist zusammen mit seinem Vorgänger und Nachfolger verschlüsselt. <q>kotist/bigstock.com</q>
Blockchain – jedes Element ist zusammen mit seinem Vorgänger und Nachfolger verschlüsselt. kotist/bigstock.com

Blockchain ist ein heiß diskutiertes Thema – vor allem auf rechtlicher Ebene und seitens des Regulators stehen hierzu noch eine Vielzahl von Fragen offen.  Doch was würde der Einsatz von Blockchain für die Finanzindustrie bedeuten, geht man von der Arbeitshypothese aus, alle rechtlich ungeklärten Punkte sowie regulatorischen Lücken seien geklärt – das heißt, es gäbe für Blockchain aus legislativer Sicht keinerlei Hürden? Die Frage ist nicht, ob dieser Zustand irgendwann eintrifft, sondern wann. Doch wenn dieser Zeitpunkt gekommen ist, wird der Einsatz der Blockchain Technologie unausweichliche transformationelle Folgen für den Finanzmarkt und all seine Spieler haben. 

von Bernd Richter, Capco

Autor Bernd Richter
Bernd_Richter-169Bernd Richter ist Partner bei der Unternehmensberatung Capco im Bereich Capital Markets. Sein Verantwortungsbereich sind Transformations- und Digitalprojekte sowie der Aufbau neuer Geschäftsbereiche.
Jüngst haben sich technologische Lösungen etabliert, von denen man anfangs nicht glaubte, sie würden sich gesellschaftlich und rechtlich durchsetzen – die Cloud ist ein gutes Beispiel hierfür. Mit der Blockchain-Technologie wird es ähnlich sein. Bisher kann man zwar nur Vermutungen darüber anstellen, wie die Transformation durch Blockchain in der Realität aussieht, man kann andererseits jedoch nicht behaupten diese Theorien seien unrealistisch.

Smart Contracts: Umsetzung der Blockchain in der Versicherungsbranche

Ein oft verwendetes Beispiel für die Auswirkungen des Einsatzes von Blockchain bezieht sich auf die Versicherungsbranche. Gerade diese befindet sich aufgrund ihrer stark veralteten Legacy Systeme in der Kostenfalle. Die Blockchain Infrastruktur ist weder im Aufbau noch beim Betrieb kostenaufwendig. Neue sowie bestehende Kundenverträge könnten auf die Blockchain zur Abbildung mittels sogenannter „Smart Contracts“ gelegt werden mit der Möglichkeit, dass eine direkte sichere Datenübermittlung in den Vertrag erfolgt. Beispielsweise wäre jede KFZ-Versicherung durch den Einsatz einer Black-Box, die an einen in der Blockchain verwalteten Versicherungsvertrag „berichtet“, immer individuell an das Fahrverhalten des Fahrers angepasst. D.h. Verträge per se wären intelligent inklusive Kosteneinsparung durch Automatisierung.

Datensicherheit: Blockchain ist sicherer als Cloud-Plattformen

Funktionsweise der Blockchain - erklärt auf http://bitcoin.stackexchange.com/http://bitcoin.stackexchange.com/
Funktionsweise der Blockchain – erklärt auf http://bitcoin.stackexchange.com/http://bitcoin.stackexchange.com/

Der Kritikpunkt der Datensicherheit, wie er bei der Cloud angebracht wurde, existiert in der Welt der Blockchain nicht. Blockchain ist keine proprietäre Plattform, sondern Open Source und steht jedem zur Verfügung – die Weiterentwicklung findet im Netz, also mittels einer Entwickler-Community demokratisch und offen statt, wodurch Sicherheit ohne Hintertüren gewährleistet werden kann. Blockchain ermöglicht ein dezentrales sicheres Hauptbuch, welche keine unabhängige Partei in der Mitte zum Vollziehen einer Transaktion benötigt.

Blockchain als Chance der Finanz- und Versicherungswirtschaft gegen die FinTechs …

Die Nichtbenötigung eines unabhängigen Dritten in vielen Bereichen ist die Transformation – vielleicht sogar die Revolution – die Blockchain mit sich bringt. Es mag auf den ersten Blick so erscheinen, dass Drittanbieter schlicht und ergreifend ersetzt werden. Richtig ist jedoch, dass Blockchain eine Chance für die Branche darstellt. Die seit Jahrzehnten bestehende Infrastruktur von Banken und Versicherern kann mittels der Blockchain Technologie stark verjüngt und Kosten demnach nachhaltig gesenkt werden. Nun ist das natürlich einfacher gesagt, als getan. Dennoch sollte sich die Finanzbranche jetzt mit dem Gedanken anfreunden, den transformationellen Schritt zu gehen. Es gibt bereits genügend Neuankömmlinge auf dem Markt, die nur auf ihre große endgültige Chance warten. Doch bisher haben gerade Banken noch entscheidende Vorteile – sie sind bereits reguliert und seitens der Regulatoren wird es in Zukunft sicherlich auch keine Ausnahmen für Nichtbanken geben, das klassische Geschäft eins zu eins auf einer anderen Technologie Plattform zu betreiben. Ein weiterer Pluspunkt sind die bestehenden Geschäftsbeziehungen zu Kunden sowie das damit verbundene Wissen, das sich Herausforderer erst kostspielig erarbeiten müssen. Gute Gründe für etablierte Unternehmen oder „die alte Welt“, sich bereits heute der Blockchain Transformation zu stellen und sich rasch mit den neuen Möglichkeiten der Technologie auseinanderzusetzen – auch wenn wir heute noch von einer Arbeitshypothese sprechen.

… oder Kooperationen zwischen Finanzdienstleistern und FinTechs?

Zukünftig betrachtet, wird sich aber voraussichtlich eher ein kollaboratives Arbeitsmodell zwischen Banken und FinTechs herauskristallisieren. In einigen Ausnahmen kann es zwar durchaus passieren, dass ein FinTech ein herausragendes Konzept für eine Niche platziert und darüber klassische Bankprodukte erodiert. Doch überwiegend kann man mit Kooperationen bzw. mit einer Kombination aus beidem rechnen. Einige Banken leben dies bereits vor mit speziell dafür aufgesetzten Blockchain Laboren um die Nutzung zu „erforschen“.

In der Versicherungsbranche allerdings ist der Sachverhalt differenziert, da die Ausgangsbedingungen anders aussehen. Hier zeigt sich eine noch stärkere Bedrohung durch neue Spieler aufgrund der geringen regulatorischen Vorbelastung und der klaren Bevorteiligung der Herausforderer, die nicht mit veralteten Strukturen zu kämpfen haben. Das erleichtert ihnen den Markteintritt, indem sie den Ansatz einer Versicherung ganz neu entwickeln – „Build your own Insurance“.aj

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