STRATEGIE3. Juli 2025

DORA im Nacken? Warum Banken ohne PaaS bei der Cloud-Migration baden gehen

Ein Mann in einem Anzug steht mit verschränkten Armen vor einem dunklen Hintergrund. Er hält eine Brille in der Hand und wirkt selbstbewusst. In der Diskussion um Cloud-Migration könnte PaaS eine geeignete Zwischenlösung für Banken darstellen.
Alberto Cuccu, Objectways Objectways

Viele Banken wollen ihre IT-Altsysteme endlich in die Cloud übertragen. Dabei wechseln sie oft direkt von On-Premise zu SaaS-Lösungen. Doch vor allem größere, traditionelle Institutionen riskieren hierbei Millionenbeträge. Warum für sie ein mehrstufiger Migrationsprozess über PaaS die sinnvollere Option sein kann, welche Rolle DORA spielt und welche Fehler Banken bei der IT-Transformation machen, weiß Alberto Cuccu, COO von Objectway.

 von Alberto Cuccu, Objectways

Der Wechsel in die Cloud ist längst kein bloßer Trend mehr in der Vermögensverwaltung – sie ist eine Notwendigkeit. Laut KPMG nutzen bereits über zwei Drittel der Banken in Deutschland cloudbasierte SaaS-Lösungen. Dieser Wandel wird nicht nur durch den Wettbewerbsdruck von Fintechs vorangetrieben, sondern auch durch strengere EU-Vorschriften wie DORA, steigende Betriebskosten und den Bedarf an mehr Agilität durch modulare Architekturen.

Prognosen gehen davon aus, dass die IT-Ausgaben im europäischen Finanzsektor bis 2028 jährlich um fast neun Prozent steigen werden”

Das liegt deutlich über dem weltweiten Durchschnitt von fünf bis sechs Prozent. Die Dringlichkeit zur Modernisierung birgt jedoch auch ein Risiko: Viele Institute starten Cloud-Migrationen ohne eine kohärente Strategie.

Vor allem große Finanzinstitute müssen sich mit komplexen Systemen und strengen internen Compliance-Anforderungen auseinandersetzen. Ein überstürzter, pauschaler Ansatz kann mehr schaden als nutzen. Besser ist eine schrittweise Migrationsstrategie, wenn bestimmte geschäftliche Einschränkungen bestehen. Ein aktueller Fall veranschaulicht dies: So startete ein großes Investmenthaus mit einem verwalteten Vermögen von über 100 Milliarden Euro mit der Migration zu einer Plattform-as-a-Service (PaaS)-Lösung, wobei als nächster Schritt eine vollständige SaaS-Umstellung geplant ist.

PaaS vor SaaS? Welche Strategie für große Finanzinstitute am sinnvollsten ist

Autor: Alberto Cocco, Objectways
Alberto Cuccu leitet Objectways internationale Geschäfte und ist Mitglied des Vorstands der Gruppe, als COO für die Objectway-Gesellschaften in Großbritannien, Belgien und Deutschland. Mit mehr als 20 Jahren Erfahrung in der Finanz­­dienst­leistungs­branche hat Alberto die Entwicklung des Produktangebots des Unternehmens vorangetrieben, um eine effektive Wertschöpfung für Objectways (Website) internationale Märkte zu liefern.
SaaS-Lösungen bieten viele Vorteile, wie eine schnelle Einführung, geringer Wartungsaufwand, niedrigere Gesamtbetriebskosten, Skalierbarkeit, Personalisierung – die Liste ist lang. Das Endziel einer Cloud-Strategie ist immer ein Übergang zu SaaS.

Dennoch können traditionelle Unternehmen mit komplexen Altsystemen und strengen Compliance-Anforderungen strategisch davon profitieren, mit PaaS zu starten.”

Diese Organisationen verfügen womöglich bereits über interne PaaS-Kapazitäten und Layer für die Anwendungsbereitstellung. Doch der sprunghafte Übergang zu SaaS könnte von einer traditionellen, vielschichtigen Einrichtung als zu disruptiv empfunden werden. In solchen Fällen ermöglicht PaaS den Institutionen, das Plattformmanagement zunächst auszulagern – ein Sprungbrett zur SaaS-Einführung, das eine Unterbrechung des Anwendungsmanagementbetriebs vermeidet.

In einem zweiten Schritt kann der SaaS-Übergang durch die Auslagerung von Anwendungs-Support, Verwaltung und Updates abgeschlossen werden. Diese Phase kann nach verschiedenen Ansätzen erfolgen, zum Beispiel ‚Reduzieren und Auslagern‘, ‚Aufheben und Verlagern‘, ‚Aufheben und Optimieren‘”. Umgekehrt riskieren Institutionen, die schnelle und groß angelegte Migrationen ohne ausreichende Vorbereitung durchführen, später kostspielige Anpassungen und mögliche Betriebsausfälle. Einer IBM-Studie zufolge beläuft sich der durch ein Datenleck bei Finanzdienstleistern verursachte Schaden auf durchschnittlich 5,9 Millionen US-Dollar pro Vorfall.

DORA ändert die Spielregeln

Mit dem Digital Operational Resilience Act (DORA), der im Januar 2025 in Kraft getreten ist, gelten neue Anforderungen an die digitale Resilienz von Finanzunternehmen. Was auf den ersten Blick wie eine regulatorische Hürde erscheint, eröffnet neue Handlungsspielräume. Vor DORA mussten Banken oft selbst prüfen, ob Cloud-Modelle aus regulatorischer Sicht vertretbar sind- jetzt schaffen einheitliche EU-Standards Klarheit – das reduziert die Ungewissheit und stärkt das Vertrauen in moderne Plattformen.

Darüber hinaus zwingt DORA die Banken, ihre IT-Architekturen an den Grundsätzen der Resilienz, Transparenz und Prüfbarkeit auszurichten.”

Damit werden Betriebsmodelle, die auf modularen Architekturen und konfigurierbaren Komponenten basieren, nicht nur attraktiver, sondern auch zu einer regulatorischen Notwendigkeit. Diejenigen, die Compliance jetzt strategisch einsetzen, sichern sich einen Vorsprung.

Skalierbarkeit mithilfe der Cloud aufbauen

Die Cloud-Migration muss vom Standpunkt des Kunden aus betrachtet werden. Welche digitalen Anwendungen brauchen die Anleger? Wie können diese direkt mit Middleware und Backend verknüpft werden? Ziel ist es, Daten über alle Systemebenen hinweg in Echtzeit und konsistent verfügbar zu machen.

Ein Projekt mit einem großen Vermögensverwalter demonstriert den Erfolg: In der ersten Phase ging das Frontend innerhalb von sechs Monaten live – die digitale Nutzungsrate stieg von 20 auf über 60 Prozent. Im nächsten Schritt wurden das Kundenerlebnis und die Abläufe im Investment-Management zusammengeführt, um Kunden und Beratern gleichermaßen Echtzeitdaten zur Verfügung zu stellen. Bei diesem Projekt unterstützte das Unternehmen zudem die Integration von drei akquirierten Unternehmen. Diese Schritte waren Teil einer umfassenderen Cloud-Strategie, die später zur vollständigen Migration der Backoffice- und Portfoliosysteme auf ein PaaS-Modell führte. Das Unternehmen hat nun mit der vollständigen SaaS-Umstellung begonnen und verfolgt dabei eine „Shift-and-Optimise“-Strategie, bei der bestehende Systeme in die Cloud migriert und gleichzeitig erweitert werden. Dies spiegelt einen breiteren Branchentrend hin zu Cloud-fähigen Lösungen wider, die durch modulare, zusammensetzbare Technologien ermöglicht werden.

Das Frontend liefert schnelle Proof Points.”

Aber ohne ein skalierbares, Straight-Through-Processing-fähiges Backend, das Transaktionen durchgängig automatisiert und ohne manuelle Eingriffe abwickelt, bleibt das Erfolgspotenzial begrenzt.

Monate oder Jahre? So lange dauert die Cloud-Umstellung wirklich

Ebenfalls ein häufiges Missverständnis bei Cloud-Migrationsprojekten: der Zeitrahmen. Viele Institute planen sechs bis zwölf Monate. Das kann realistisch sein, hängt aber stark von der Ausgangssituation und den internen Prozessen ab.

Spätestens wenn Altsysteme oder regulatorische Anforderungen eine Rolle spielen, reicht eine kurzfristige Roadmap nicht aus. Besser ist, man setzt auf einen phasenweisen Ansatz mit agilen Meilensteinen, um langfristige Ergebnisse zu gewährleisten. Es ist nicht nur die Technologie, die entscheidend ist.

Die beste Plattform ist nutzlos, wenn das Betriebsmodell nicht mithalten kann. Es braucht agile Teams, eine zukunftsorientierte Denkweise und eine Kultur, die Veränderungen zulässt.”

Studien von McKinsey und Accenture sprechen von einer „Cloud 2.0“-Ära: Technologie, Datenmanagement, Sicherheit und Benutzererfahrung werden als Komponenten einer ganzheitlichen Transformation gesehen.Alberto Cuccu, Objectways

Über Objectway
Objectway bietet eine As-a-Service-Wachstumsplattform für Banken, Vermögens- und Asset-Manager und deren Investoren. Die Plattform biete Finanzinstituten Skalierbarkeit. Das End-to-End-Lösungsdesign ermögliche eine konsistente Betreuung der Kunden sowohl im lokalen als auch im internationalen Umfeld.

Objectway verwalte über 1 Billion Euro an Vermögenswerten und unterstütze mehr als 100.000 Anlageexperten (Finanzberater, Privatbankiers, Kundenbetreuer) bei der Verwaltung von über 700 Milliarden Euro AUM für mehr als 5 Millionen Anleger. Das Unternehmen ist über 30 Jahren alt und der Umsatz der Gruppe übersteigt 115 Millionen Euro (GJ 2022).

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