Zwischen Tech-Giganten und Vertrauensbonus: Banken suchen ihre Rolle im digitalen Wertpapiergeschäft

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Im Mittelpunkt der Analyse stehen drei miteinander verflochtene Trends: die fortschreitende Automatisierung von Prozessen, die strategische Auslagerung von Standardfunktionen an spezialisierte Dienstleister sowie die Abkehr von starren Eigenentwicklungen hin zu modular aufgebauten IT-Infrastrukturen. Diese Leitlinien, so die Berater, seien keine optionalen Anpassungen mehr, sondern notwendige Schritte, um langfristig im Wettbewerb bestehen zu können.
„Institute müssen sich von der Vorstellung verabschieden, sämtliche Leistungen selbst erbringen zu können“, erklärt Philip Mayer, Senior Manager bei Cofinpro und Co-Autor der Studie. Gerade im Wertpapiergeschäft sei es effizienter, standardisierte Abläufe wie Abwicklung oder Settlement an hochskalierte Partner auszulagern, um eigene Ressourcen auf differenzierende Stärken zu konzentrieren.

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Es ergibt oftmals Sinn, Standardfunktionen zu spezialisierten Anbietern zu verlagern, die eine hochskalierte Abwicklung gewährleisten. So bleiben Banken effizient und innovationsfähig. Wer sich auf die eigenen Stärken konzentriert, schafft Mehrwerte, die Kunden tatsächlich honorieren.“
Philip Mayer, Senior Manager bei Cofinpro
Strategische Neuausrichtung sichtbar
Die jüngsten Entwicklungen am Markt bestätigen diese Diagnose. Eine deutsche Direktbank hat sich von ihrem langjährigen Wertpapierdienstleister getrennt und setzt künftig auf ein FinTech, das mit schnelleren Prozessen und günstigeren Konditionen punktet. Gleichzeitig baut eine europäische Großbank gemeinsam mit Partnern eine cloudbasierte Post-Trade-Plattform auf, um Abläufe zu harmonisieren und über Landesgrenzen hinweg zu digitalisieren. Beide Beispiele stehen für eine branchenweite Tendenz: Wertschöpfungsketten werden gestrafft, Technologiepartnerschaften ausgebaut, Prozesse radikal automatisiert. Das Ziel ist klar: Kosten senken, Skalierbarkeit erhöhen und die Wettbewerbsfähigkeit des Wertpapiergeschäfts auf Jahre hinaus sichern.
Besonders kritisch beurteilen die Autoren des Thesenpapiers die noch immer weit verbreitete Abhängigkeit von monolithischen IT-Systemen. „Starre Architekturen sind der größte Hemmschuh für Fortschritt“, betont Cofinpro-Manager Stefan Söllner. Gefordert seien stattdessen Plattformansätze mit Microservices, offene Schnittstellen und API-Strukturen. Nur so könnten Banken neue Angebote schnell zur Marktreife bringen, regulatorische Vorgaben effizient umsetzen und externe Partnerlösungen flexibel integrieren. Die Alternative sei riskant: Institute, die an proprietären Eigenentwicklungen festhalten, würden technische Schulden aufbauen, Innovationsgeschwindigkeit verlieren und ihre Wettbewerbsposition nachhaltig schwächen.
Zwischen Big Tech und Vertrauenskapital
Neben technischen Fragen weist das Thesenpapier auch auf die strategische Konkurrenzsituation hin. Banken treffen zunehmend auf globale Technologiekonzerne, die in puncto Benutzerfreundlichkeit Maßstäbe setzen. „Tech-Unternehmen sind UX-Champions. Banken verfügen dagegen über ein hohes Vertrauenskapital. Doch Vertrauen allein reicht nicht mehr aus“, sagt Mayer. Der Schlüssel liege in der Kombination beider Dimensionen: Sicherheit und Regulierung auf der einen Seite, intuitive Bedienung und digitale Einfachheit auf der anderen.
Die entscheidende Frage ist nicht mehr, wie der Kunde zur Bank kommt, sondern wie die Bank dauerhaft im Alltag des Kunden präsent bleibt. Wer Technologie, Partnernetzwerke und Kundenerlebnis zusammendenkt, wird nicht mehr als Produktlieferant wahrgenommen, sondern als Lösungsanbieter.“
Stefan Söllner, Manager bei Cofinpro
Automatisieren oder auslagern – die Weichenstellung für das nächste Jahrzehnt
Das Thesenpapier fasst die Zukunftsagenda des Wertpapiergeschäfts in einer klaren Formel zusammen: konsequente Prozessautomatisierung, eine stringente „Automate-or-Outsource“-Strategie und der Aufbau modularer, API-fähiger Plattformen. Die jüngsten Entscheidungen führender Institute seien, so Mayer, nur ein erster Schritt. „Die Weichen für die nächsten zehn Jahre werden jetzt gestellt.“ – Das vollständige Thesenpapier „Sechs Thesen zum Wertpapiergeschäft von morgen“ steht zum kostenlosen Download ohne Angabe persönlicher Daten bereit.tw
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