EVENTS & MESSEN20. November 2014

SWIFT und Deutsche Bundesbank: Konferenz zur neuen T2S-Plattform

Steigenberger Hotel Metropolitan, Frankfurt
Steigenberger Hotel Metropolitan, Frankfurt
Mit dem Näherrücken der zum Juni 2015 geplanten Betriebsaufnahme des zentralen Wertpapier-Abwicklungsservice TARGET2 Securities war das Interesse an Information aus erster Hand groß: SWIFT und die Deutsche Bundesbank hatten Vertreter der Banken aus ganz Deutschland zu einer gemeinsam ausgerichteten Veranstaltung Ende Oktober in Frankfurt eingeladen. Mehr als 125 Teilnehmer kamen im Steigenberger Hotel Metropolitan am Frankfurter Hauptbahnhof zur Konferenz: „Liquiditätsmanagement in der T2S-Welt“.

In seiner Begrüßung verwies Jürgen Marstatt, verantwortlich für die Aktivitäten von SWIFT in Deutschland, auf den bedeutenden Beitrag der Bundesbank zu Inhalt und Agenda der Veranstaltung. Dies eröffne den Teilnehmern einen umfassenden, detaillierten Einblick in Betrieb und Optionen von T2S. Damit sei unter anderem auch die zentrale Frage einer direkten oder indirekten Anbindung an die Plattform für die einzelnen Institute leichter zu entscheiden – wobei eine im Hause vorhandene SWIFT-Infrastruktur bereits die Voraussetzung für den Direktanschluss an die Plattform biete.

Einführung in T2S und seine Funktionen

Die Referenten der Deutschen Bundesbank – Christine Stein, Andreas Werchan und Steffen Bruns –erläuterten zunächst im Einzelnen das integrierte, durch die Zentralbank betriebene Modell von T2S: Ein harmonisierter, standardisierter Echtzeit-Service „Delivery-versus-Payment“ (DvP) des Eurosystems zur Wertpapierabwicklung in Zentralbankgeld für Zentralverwahrer (CSDs). Die weitergehenden Services wie Custody, Asset Servicing etc. werden wie bisher von den CSDs angeboten. Auch die vertragliche Beziehung zwischen CSDs und ihren Kunden bleibt bestehen. Ausführlich vorgestellt wurde die Rolle der Bundesbank als Bereitsteller von Zentralbankgeld und für die geldliche Verrechnung auf den von ihr geführten T2S-Geldkonten (Dedicated Cash Accounts – DCAs) der teilnehmenden Banken sowie das Angebot der Selbstbesicherung (Auto-Collateralisation) als ein wesentlicher Mechanismus zur Reduzierung des Liquiditätsbedarfs.

Zu den bisherigen T2S-Meilensteinen zählt das „Eurosystem Acceptance Testing“. Es begann nach der fristgerechten Lieferung der T2S-Software von den vier verantwortlichen Zentralbanken (4ZB) an das Eurosystem im März 2014. Ende Juni/Anfang Juli startete die Pilottestphase für die Teilnehmer der ersten Migrationswelle und bereits am 1. Oktober 2014 die Nutzertestphase mit allen CSDs und Notenbanken. Das „Go-Live“ der vier Migrationswellen beginnt mit der ersten Welle am 22. Juni 2015, gefolgt von der zweiten im März 2016. Die Migration des deutschen Marktes mit Clearstream findet im Rahmen der dritten Welle im September 2016 statt, die vierte Welle folgt im Februar 2014.

ECB
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T2S-Geschäftstag und technische Anbindungsoptionen

Einen anschaulichen Einblick vermittelte die Schilderung des künftigen T2S-Geschäftstages mit seinen einzelnen Funktionsabläufen. Dabei wurden die Nachtverarbeitung nach dem Geschäftstagesbeginn um 18:45 Uhr mit ihren zwei Abwicklungszyklen in mehreren Sequenzen sowie die Echtzeitverarbeitung bis zum Tagesende um 18:45 Uhr – mit Beginn der Cut-Off Procedures sowie der Erstellung und dem Versand der Reports ab 16:00 Uhr – detailliert dargestellt.

Breiten Raum nahm anschließend die Erläuterung der Anbindungsoptionen für die Wertpapier- und Cash-Seite ein. Die Teilnehmer mit direkter technischer Anbindung an die T2S-Plattform (Directly Connected Party – DCPs) können sich dabei für manuellen Informationsaustausch (U2A – User to Application) mit der Benutzeroberfläche ICM oder automatisierten Informationsaustausch über eine interne Bankanwendung mit TARGET2/T2S (A2A – Application to Application) entscheiden. Dabei ist der höhere Aufwand für entsprechend größeren Funktionsumfang zu bedenken. Teilnehmer ohne direkte technische Anbindung an T2S (Indirectly Connected Party – ICPs) mit indirektem Zugang über TARGET2 können wählen zwischen Standardservices oder weiteren Zusatzservices, die ebenfalls einen höheren Aufwand für den entsprechend breiteren Funktionsumfang aufweisen.

Liquiditätsmanagement, Voraussetzungen und wichtige Services

Zu berücksichtigen ist jedoch, dass aufgrund der fehlenden Funktionalität die Standardservices allein für ein Liquiditätsmanagement nicht ausreichend sind. Sie können daher nur in Verbindung mit direkter Anbindung an T2S genutzt werden. Die Zusatzservices (Value Added Services – VAS) bieten ausreichenden Funktionsumfang für das Liquiditätsmanagement in einer bekannten Umgebung (ICM) und sollten daher für die meisten Banken die geeignete Lösung sein. Mit der Anbindung als ICP kann der T2S-Anpassungsaufwand so gering wie möglich gehalten werden. Eine direkte Anbindung ist nur für Banken zu empfehlen, die den erweiterten Funktionsumfang der T2S-Plattform nutzen wollen. Die dafür notwendigen Anpassungen sowie Veränderungen der Arbeitsabläufe erfordern eine gründliche Analyse und Planung. Auch DCPs können ergänzend die TARGET2-Zusatzservices nutzen.

Von SWIFT wurden den Teilnehmern umfassende Informationen zu den Messaging- und Bildschirm-Zugängen sowie über die Schulungen und Consulting-Services zu T2S- und TARGET2-ISO-Standards vermittelt. Thomas Redelberger erläuterte die technische Konnektivität über SWIFT zu T2 und T2S und gab einen Überblick über den Direktzugang zu T2S mit dem SWIFT Value Added Network (VAN) sowie den Informationsaustausch mit U2A und A2A. Sämtliche Funktionalitäten, die auch SWIFT-Nutzer simultan über denselben Anschluss einsetzen können, werden auch von T2 und T2S genutzt –Nachrichtentypen, Dateien und Bildschirmzugänge. 85 Prozent des gesamten Geschäftsvolumens von T2S, so wird erwartet, werden künftig durch SWIFT übermittelt werden.

Die Trainings- und Serviceleistungen, die SWIFT zur Implementierung der T2S-Anbindung und zur operativen Unterstützung der Teilnehmer bei der Nutzung von ISO-Standards bereitstellt, stellte An Vanschoenwinkel von SWIFT aus Brüssel vor: Ein breites Spektrum an Analysen, Lösungsangeboten und Hilfen für die geschäftlichen und technischen Auswirkungen der T2S-Wertpapierabwicklung bis hin zum End-to-End-Projektmanagement, mit dem Swift seine Anwender entlang ihres gesamten Weges nach individuellem Bedarf begleitet.

Liquidität und Selbstbesicherung – Zusammenspiel von T2 und T2S

Das Abschlussthema, begleitet von zahlreichen interessierten Fragen und lebhaften Diskussionen, drehte sich noch einmal intensiv um das Liquiditätsmanagement in Zusammenspiel von T2 und T2S sowie um die Selbstbesicherung als Liquiditätsquelle in T2S.

Mit der Einführung von T2S muss für die geldliche Verrechnung mit sämtlichen nach T2S migrierten CSDs in der Regel Liquidität von PM-Konten auf die DCAs übertragen werden. DCAs werden immer auf Guthabenbasis geführt und nur innerhalb eines Geschäftstages genutzt; auf diesen Konten verbleiben keine Übernacht-Guthaben. Auch in T2S wird es eine Verrechnung sowohl in der Nachtverarbeitung als auch während des Tages geben. Am Ende des Tages wird die Liquidität auf das PM-Konto in T2 rücktransferiert. Für den Start des Geschäftstages können in T2 Daueraufträge definiert werden, die täglich den entsprechenden Betrag auf einem DCA bereitstellen. Die Belastung der Daueraufträge in T2 erfolgt zum Tagesbeginn und die Gutschrift in T2S umgehend nach Start der Nachtverarbeitung. Zusätzliche manuelle Aufträge sind möglich. Die Liquidität kann während des gesamten Geschäftstages auf den DCAs in beide Richtungen angepasst werden.

Die Auto-Collateralisation (Selbstbesicherung) ist in diesem Zusammenspiel die optionale Gewährung von Innertageskredit in T2S. Sie wird durch Mangel an Liquidität ausgelöst und verwendet Collateral erst, wenn es tatsächlich benötigt wird. Als Voraussetzungen von Seiten der Bundesbank ist ein eigenes T2-PM-Konto mit Kreditlinie, ein eigenes DCA und Freischaltung des DCA für T2S Auto-Collateralisation erforderlich und von Seiten des Zentralverwahrers ein Wertpapierkonto bei einem T2S-CSD sowie die Freischaltung von mindestens einem Konto für T2S Auto-Collateralisation.

Zum Ende der höchst informativen und von reger Beteiligung geprägten Veranstaltung dankte Jürgen Marstatt für die tiefen Einblicke in die T2S-Welt, die den Teilnehmern durch die detaillierten und klar strukturierten Erläuterungen der Referenten ermöglicht wurden.

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