STUDIEN & UMFRAGEN6. Juni 2025

Digitaler Euro: Hohe Kosten, fraglicher Nutzen – Banken fordern Kurskorrektur

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Ob der digitale Euro in der Eurozone tatsächlich kommt, ist noch ungewiss. Dass er – wenn überhaupt – nur mit sehr eingeschränkten Fähigkeiten, ohne die Programmierbarkeit und nur in einer einzigen Ausprägung (also nicht zielgruppenspezifisch für Privatpersonen, Corporates und Maschinen) kommt, gilt indes als sicher. Und dass er nicht vor 2028 in den Regelbetrieb kommt, gilt als wahrscheinlich. Jetzt zeigt eine Studie von PwC, dass die Sache für die beteiligten Staaten und die Banken verdammt teuer werden könnte.

Eine aktuelle Analyse zeigt, dass europäische Banken mit erheblichen finanziellen Belastungen durch die Einführung des digitalen Euro rechnen müssen. Für 19 untersuchte Kreditinstitute wurden die Anpassungskosten auf insgesamt mehr als zwei Milliarden Euro geschätzt. Übertragen auf alle Banken im Euroraum könnten die Gesamtausgaben je nach Ausgestaltung des digitalen Euro zwischen 18 und 30 Milliarden Euro betragen. Die PwC-Studie zu den Kosten eines digitalen Euro wurde von den drei Europäischen Kreditverbänden (European Credit Sector Associations – ECSAs) in Auftrag gegeben.

In ihrer derzeitigen Ausgestaltung bietet die Idee eines digitalen Euro nach Ansicht führender deutscher Bankenverbände kaum erkennbaren Nutzen für Verbraucher oder Unternehmen. Aus diesem Grund sprechen sich die Spitzenorganisationen der Sparkassen-Finanzgruppe sowie der Genossenschaftlichen FinanzGruppe Volksbanken Raiffeisenbanken für eine engere Zusammenarbeit mit bestehenden privaten Finanzinitiativen auf europäischer Ebene aus.

Dr. Joachim Schmalzl Geschäftsführendes Vorstandsmitglied, Deutscher Sparkassen- und Giroverband e. V.DSGV
Dr. Joachim Schmalzl Geschäftsführendes Vorstandsmitglied, Deutscher Sparkassen- und Giroverband e. V.DSGV

Diese Kosten in Zeiten multipler Herausforderungen zu schultern, ohne dass daraus ein echter Nutzen entsteht, ist nicht vermittelbar. So, wie das Projekt aktuell aufgesetzt ist, gefährdet es andere Innovationsvorhaben und bindet personelle Ressourcen auf Jahre hinaus. Ein digitaler Euro kann nur erfolgreich sein, wenn er auf praxistaugliche Weise Mehrwert für alle Beteiligten schafft – und das geht nur mit den Banken.”

Joachim Schmalzl, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des DSGV

Nach derzeitigen Planungen müssten Institute nahezu die Hälfte ihres Fachpersonals in IT und Zahlungsverkehr allein auf die Umsetzung des digitalen Euro konzentrieren – obwohl der Bedarf in der Bevölkerung noch nicht erkennbar sei. Die vorhandenen Bezahllösungen – von Karten über Apps bis hin zu digitalen Wallets – funktionierten bereits zuverlässig und effizient, erklärt Schmalzl und betont, dass die Verbraucher daher einen digitalen Euro in Frage stellen würden.

Zudem bestehe die Sorge, dass internationale Technologiekonzerne durch staatlich geschaffene Infrastrukturen der EZB ungewollt gestärkt werden könnten. Diese Unternehmen erhielten damit leichteren Zugang zum europäischen Zahlungsverkehr – möglicherweise zum Nachteil heimischer Anbieter. Daher weht nämlich der Wind: Für die Banken entsteht durch digitales Zentralbankgeld eine Verpflichtung, zu der es ihnen schwerfällt, einen eigenen Nutzen und offenbar auch ertragreiche Geschäfts- und Erlösmodelle zu entwickeln. Denn ein Argument für den E-Euro ist die in der Standardausprägung kostenfreie Nutzung durch die Verbraucher.

Tanja Müller-Ziegler, Vorstandsmitglied des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), betont, die Banken seien innovationsbereit und nicht investitionsscheu, sähen aber keinen Sinn in Doppelstrukturen. Zudem fordert sie einen verlässlichen Rechtsrahmen.

Tanja Müller-Ziegler, neue Vorständin des BVRBVR
Tanja Müller-Ziegler, neue Vorständin des BVRBVR

Der digitale Euro darf nicht auf Kosten der Wettbewerbsfähigkeit europäischer Anbieter gehen – er muss sie stärken. Es geht um nichts weniger als die Souveränität Europas im Zahlungsverkehr, gerade im Umfeld geopolitischer Risiken. Dabei kann auch der digitale Euro ein Baustein europäischer Resilienz sein, wenn er richtig ausgestaltet ist. Er darf keine bestehenden privatwirtschaftlichen Systeme verdrängen, sondern nur dort ergänzen, wo ein realer Nutzen für alle erkennbar ist.”

Tanja Müller-Ziegler, Vorstandsmitglied des BVR

Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen plädieren beide Verbände für eine deutlich schlankere Ausgestaltung des digitalen Euro. Sie sprechen sich für eine klare Aufgabentrennung zwischen staatlichen Stellen und der Privatwirtschaft aus. Zudem fordern sie, bestehende marktwirtschaftliche Zahlungslösungen stärker einzubeziehen – etwa Systeme wie Wero, die bereits heute grenzüberschreitend funktionieren, ganz ohne staatliche Steuerung. Die vollständige Studie finden Interessenten zum kostenlosen Download. tw

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