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DIGITALE TRANSFORMATION24. April 2015

Digitalisierung: Lässt sich die Bankenbranche mit der Musikindustrie vergleichen?

Denys Prykhodov/bigstock.com
Denys Prykhodov/bigstock.com

Um die Herausforderungen, denen die Banken durch die fortschreitende Digitalisierung ausgesetzt sind, plastisch darzustellen, wird häufig der Vergleich zur Musikbranche gezogen. Diese wurde zunächst durch die Musiktauschbörse Napster (Vgl. dazu: Wie ein Mann die Musikindustrie ruinierte) und später vor allem durch Apples iTunes in ihren Grundfesten erschüttert. Seit einiger Zeit sorgen Streaming-Dienste wie Spotify für weiteren Veränderungsdruck. 

 

von Ralf Keuper, Blogger und Kolumnist

Mittlerweile scheint die Musikindustrie die schlimmsten Stürme überstanden zu haben. Selbst mit dem Streaming-Modell kann sie gut leben, wie der GoolgeWatchBlog in Statistik: So viel verdienen die Künstler durch Streaming bei YouTube & Google Play Music vor einigen Tagen feststellte.

Von diesem Punkt ist das Geschäftsmodell der Banken noch weit entfernt, sollte es ihn je erreichen.

Wie auch immer. Zurück zur Ausgangslage, d.h. zur Frage, welches Dilemma die Bankenbranche und die Musikindustrie teil(t)en.

Das Problem der Musikindustrie zu der Zeit, als das Internet und neue Herausforderer das eigene Geschäftsmodell immer mehr infrage zu stellen begannen, beschrieb Tim Renner, lange Jahre Chef von Universal Music in Deutschland einmal so:

” Vertikale Integration scheint für die Musikindustrie eigentlich immer nur zu bedeuten, dass sie sich integrieren lässt, sobald eine technische Innovation durchzusetzen ist. Auch in Zeiten gewaltiger Umsätze und Renditen, ob in den zwanziger, sechziger, siebziger oder neunziger Jahren, unternahm sie selbst nie einen ernsthaften Anlauf, den Spieß umzudrehen, die Geräte offensiv an sich zu binden und somit Entwicklungen selbst moderieren zu können. Es scheint, als würde sich die Innovationskraft der Musikfirmen in der Konzentration auf den Inhalt erschöpfen. Als gesellschaftlicher Treiber agieren die Künstler und ihre Inhalte. Als Firmen werden sie weiterhin getrieben – von technologischen Neuerungen.”
(in: Kinder. Der Tod ist gar nicht so schlimm. Über die Zukunft der Musik- und Medienindustrie)

Diese Diagnose beschreibt die gegenwärtige Situation, in der sich die Banken befinden, zutreffend. In der Vergangenheit reichte es aus, wenn die Banken technologische Neuerungen in ihre internen Abläufe und Systemlandschaften integrierten. So lange sie die Absatzkanäle kontrollierten und in Finanzfragen als Hauptanlaufstelle wahrgenommen wurden, bestand für weitergehende Bemühungen, wie Renner sie am Beispiel der Musikindustrie beschreibt, kein allzu großer Bedarf. Es galt sich auf die eigenen Produkte und Services zu konzentrieren, die man für unverwechselbar und unabkömmlich hielt. Die Filiale als Absatzkanal hielt man und hält man z.T. auch noch für unschlagbar.

Mittlerweile werden die Banken von technologischen und sozialen Neuerungen getrieben, z.B. durch die diversen FinTech-Startups. Von Moderation und Mitwirkung kaum eine Spur. Der Wandel wird auch im Banking von Apple, Samsung, Google & Co gestaltet und vorangetrieben, u.a. mit Hardware, Software und Content. Die Absatzkanäle haben sich ins Netz und mit steigender Tendenz in die digitalen Ökosysteme verlagert.

Während die Musikindustrie noch über Musikrechte einen Anspruch auf Content und Kreativität erheben kann, ist das Angebot der Banken weniger exklusiv. Welcher Conent wird von den Banken hergestellt, der so einzigartig ist, dass die Kunden ihnen ihre Produkte aus den Händen reißen?

Was für die Musikindustrie die Musikrechte, ist für die Banken (noch) die Regulierung. Ohne sie wäre die Lage noch kritischer als jetzt, wenngleich natürlich dagegen der Einwand erhoben werden kann, dass die Regulierung den Handlungsspielraum der Banken stark einschränkt.

Die entscheidende Frage für die Banken wird sein, ob und wie ihnen ein Turnaround, ähnlich dem der Muskindustrie gelingen kann?rk

Ralf Keuper (Bank-, Diplomkaufmann und FinTech-Experte)
Blog-Autor Ralf Keuper ist Bank- und Diplomkaufmann. Bild: Xing
Ralf Keuper

Ralf Keuper ist Bank- und Diplomkaufmann und seit rund 15 Jahren in verschiedenen Positionen beratend im Bankenumfeld tätig. Er gehört zudem mit seinem Blog bankstil zu den Top10-Bloggern im FinTech-Bereich und berät Banken bei der digitalen Transformation sowie  FinTech-Startups bei ihrem Markteintritt. Keuper hat unter anderem als Senior Consultant Banking bei der COR&FJA AG und Senior Consultant Banking & Financing bei Steria Mummert Consulting AG gearbeitet.

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