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PRODUKTE14. Dezember 2021

“Wenn’s um Bitcoin geht – Sparkasse”? Die Hintergründe zur Krypto-Offensive

Tupungato / Bigstock

Die Sparkassen wollen ihren Kunden in Zukunft ein Handels- und Verwahrangebot für Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum anbieten. Das geht aus Plänen hervor, die jetzt bekannt wurden, aber noch alles andere als „in trockenen Tüchern“ sind. Eine Sensation wäre es dennoch, wenn gerade die Sparkassen hier die Ersten unter den deutschen Banken wären, die als größerer Handelspartner für den Mainstream ein solches Angebot ausrollen. Gleichzeitig darf man sich aber fragen, ob das gutgehen kann, wenn Kleinsparer in komplexe Hype-Themen wie die Kryptowährungen investieren – und wie der Bankberater der lokalen Sparkasse hier beratend mithalten können soll.

Wie interne Quellen im Sparkassen-Ökosystem bestätigen, könnten die Sparkassen – genauer gesagt jene der 376 Institute, die das wollen – den Kunden ab Frühjahr oder Sommer eine eigene Wallet und eine Handelsmöglichkeit aus dem Girokonto heraus anbieten. Laut Medienberichten ist das Krypto-Projekt bei der S-Payment und dem Deutschen Sparkassenverlag aufgehängt. Noch sei aber nicht klar, ob ein solches Angebot wirklich ausgerollt werde, die dazugehörigen Gremiensitzungen finden frühestens im Februar statt.

Auch ist derzeit offen, ob die beiden Partner, die als gruppeneigener Dienstleister für die einzelnen Sparkassen agieren, das Angebot ganz alleine auf die Beine stellen wollen oder ob es noch einen Dienstleister aus der FinTech- und Krypto-Szene geben wird. Insofern ist es dann auch reine Spekulation, welches Unternehmen hierfür in Frage kommen würde, welches vor allem technisch dazu in der Lage und  zugleich politisch gewollt wäre. Denkbar wäre zudem, dass entweder die S-Payment als zentraler Dienstleister oder eine der großen Sparkassen bei der Bafin eine Krypto-Verwahrlizenz beantragt. Interessant auch: Bislang taucht die Finanzinformatik (FI) der Sparkassen in all diesen Plänen nicht auf, soweit bekannt.

Welche Rolle spielt beim Kryptoangebot der Sparkassen die S-Payment?

Dass die S-Payment hier erfolgreich ein Vorzeigeprodukt auf die Beine stellen könnte, daran zweifeln wenige, sie haben in der Vergangenheit bereits Apple Pay auf der Girocard auf den Weg gebracht und waren damit in Deutschland die erste Bank, die das geschafft hat. Sicher wäre es auch hier eine enorme Leistung, als erste deutsche große Retail-Bank mit einer Kundenzahl von stolzen 50 Millionen das Thema Bitcoin im Mainstream salonfähig zu machen.

>Mechanik/bigstock.com

Unklar ist aber vor allem, ob und in welchem Umfang ein solcher Service für den durchschnittlichen Sparkassenkunden überhaupt erstrebenswert und realisierbar wäre. Denn einerseits ist das Krypto-Thema durchaus in aller Munde, andererseits dürften gerade viele Kunden, die an den derzeit nur eingeschränkt stattfindenden Stammtischen über die Chancen von Kryptowährungen schwadronieren, nicht das Handwerkszeug haben, die Chancen und Risiken solide zu beurteilen.

Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Umfrage der Sparkassen: Demnach kennen zwar 92 Prozent der Befragten Bitcoin im Besonderen und Kryptowährungen prinzipiell, doch nur ein Fünftel derer, die sie auch besitzen, würde Bitcoin und Co. als alternatives Zahlungsmittel sehen.

Laut einer aktuellen Befragung besitzen oder besaßen 11 Prozent der Kunden bereits eine oder mehrere Kryptowährungen. Für den Großteil der aktuellen Besitzer ist laut der Studie die Investition in digitale Währungen vor allem eine Geldanlage.“

Erik Meierhoff, Geschäftsführer der S-Payment

Und so lässt man bei den Sparkassen im Moment noch offen, ob aus dem Projekt wirklich ein Produkt wird und ob das bereits, wie vielfach berichtet, im Frühjahr oder Sommer kommenden Jahres soweit ist. Die Sparkassen-Finanzgruppe beobachte kontinuierlich aktuelle Trendthemen und Innovationen im Rahmen ihrer digitalen Zahlungsverkehrs- und Payment-Strategie, heißt es sehr allgemein auf Nachfrage. Man sehe die Kryptowelt zwar als einen Zukunftsmarkt, in dem die Sparkassen-Finanzgruppe perspektivisch mit passenden Angeboten vertreten sein will, doch dazu seien noch viele Details zu klären. Insgesamt zeigen sich die offiziellen Gesprächspartner eher verschlossen, befürchten, das Thema werde insbesondere jetzt nachdem über die Pläne in einem so frühen Stadium berichtet wird, zerredet und könnten der dezentralen wie komplexen Politikgemengelage des Hauses zum Opfer fallen.

Verhaltener Optimismus der Marktbegleiter

Auch innerhalb der Branche sind die Reaktionen auf die Meldungen eher gemischt: Ein Experte aus dem Umfeld der Sparkassen befürchtet, das Projekt könnte einmal mehr an der Struktur des Sparkassen-Ökosystems scheitern wie dereinst das Jugendkonto Yomo, das zum Spielball der unterschiedlichen Mächte wurde. Auch hier könne es passieren, dass ein durchaus interessanter Ansatz von zu wenigen der 12.000 Geschäftsstellen mitgetragen werde – und je weniger mitziehen, umso teurer und weniger attraktiv werde es für die Verbleibenden unter den Sparkassen.

Unklar ist auch, ob eine Institution wie die Sparkassen es schaffen könnte, vernünftige und marktgerechte Konditionen für die damit verbundenen Services zu präsentieren. Und, das gibt ein weiterer Kryptoexperte zu bedenken, Bitcoin, Ethereum und Co. sind kein Thema, das jeder Wald- und Wiesen-Mitarbeiter verkaufen könne, weil es hierfür neben dem wirtschaftlichen Hintergrund auch einen soliden technischen Hintergrund brauche, wenn man den Kunden dies sinnvoll und vernünftig verkaufen wolle. Zu erwarten ist, dass die großen Sparkassen aus Hamburg, Frankfurt, Köln und München mitmachen, bei vielen Kleineren dürfte das Interesse zwar da sein, die Bereitschaft, das Thema vollumfänglich zu erfassen und an den Kunden zu bringen, aber eher begrenzt.

Sind Sparkassenkunden reif für den Bitcoin?

Ivochkina / Bigstock

Und damit verbunden ist auch noch eine weitere Herausforderung: Denn anders als viele Medienvertreter sich das vorstellen, wird es nicht so einfach sein, den Bestandskunden juristisch wasserdicht zu onboarden. Die Tatsache, dass man den Kunden bereits authentifiziert hat und dieser bekannt ist, reicht hier halt nicht aus, wenn es auch die Grundlage dafür ist – mindestens eine entsprechende Abfrage und das Hinzufügen einer neuen Anlageklasse in der Selbstauskunft sind hier erforderlich. Bewusst sein sollten sich die Kunden aber darüber, dass Bitcoin und Co. deutlich volatiler sind als ihre langweilige, aber derzeit ertragreichen ETFs oder Volksaktien. Dass Bitcoin, Ripple und Ether nicht nur steigen können, haben sie in den letzten Wochen bewiesen. Und so manchen Anleger dürfte das an die sich wandelnde Chance-Risiko-Bewertung der Dotcom-Zeit Ende der 90er erinnern.

Doch wenn die Sparkassen mit einem breiten Bitcoin-Handel für ihre Kunden an den Markt gehen, könnten sie in Deutschland damit die Ersten aus der Riege der Banken und Sparkassen sein. Denn die Zahl derer, die bei nicht in Deutschland beheimateten Kryptobörsen zurückschrecken und selbst FinTechs weniger vertrauen als der guten alten Bank mit dem roten S, dürfte groß sein.

Zudem hat sich bislang weder ein Kreditkartenunternehmen wie Visa und Mastercard und auch nicht Payment-Dienstleister Paypal mit seinen 23 Millionen deutschen Konten mit dem in den USA schon gelaunchen Kryptohandelsangebot an den Start gewagt. Und die Bafin wird hier insbesondere seit dem Skandal um Wirecard und unter dem neuen Bafin-Chef Mark Branson auch genau hinschauen, wem sie was genehmigen – wobei die Sparkassen hier immerhin deutlich bessere Karten hätten als so manches Krypto-Start-up.

Sparkassenpläne könnten Mitbewerber in Zugzwang bringen

Dass die Pläne jetzt zumindest bekannt sind, könnte aber auch dazu führen, dass andere Banken oder auch die bereits genannten internationalen Digitalkonzerne Morgenluft wittern und mit einer Krypto-Wallet samt Handelsfunktionen in den Mainstream in Deutschland drängen. Ein Signal ist das aber auch für die krypto-affinen Kunden, die bisher eher auf Dienste wie Bison oder BSDEX (aus dem Dunstkreis der Börse Stuttgart) und Nuri (ehemals Bitwala) oder aber Justtrade (Sutor-Bank) und Scalable Capital gesetzt haben. Denn im Ohr haben wir noch die Aussage der Sparkassengruppe, dass man verstärkt auf Digitalisierung setzen wolle und in den nächsten Jahren insgesamt eine Milliarde Euro investieren werde. Das war 2018 und 2019, doch danach kam Corona, was zwar einerseits das Geschäft der Sparkassen nicht einfacher gemacht hat, dafür aber vieles in Sachen Digitalisierung vorangetrieben hat. Am klaren Bekenntnis zur Digitalisierung dürfte sich also seitens der Sparkassen-Finanzgruppe nichts geändert haben – im Gegenteil. tw

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