EVENTS & MESSEN3. Dezember 2019

FinTech Inn 2019: In Litauen wird die Zukunft der Banken verhandelt

Die FinTech-Branche wächst weiter mit rasantem Tempo. Das zeigte auch die Konferenz FinTech Inn in Vilnius (Hauptstadt von Litauen). Zur Eröffnung kamen viel Politik-Prominenz, Banker und eine deutsche Digitalministerin. Das IT-Finanzmagazin hat sich umgehört.

von Helge Denker

Fintech Inn in Litauen
Fintech Inn 2019
Vilnius (Hauptstadt von Litauen) liegt ganz am nordöstlichen Rand von Europa. Hier, an der EU-Außengrenze, bis zur Grenze zu Weißrussland sind es 35 Kilometer, findet die größte FinTech-Konferenz des Baltikums statt. Litauen will sich damit als weltoffener Finanzplatz und als EU-Testmarkt für FinTech-Firmen empfehlen.

Fintech Inn in Litauen
Fintech Inn

Zu Lettland und Estland gibt es enge wirtschaftliche Verbindungen: “Sie nennen uns die Baltik-Mafia”, erklärt Sarune Smalakyte. Sie ist Chefin von Rockit, einem staatlichen Unternehmen, das FinTech-Startups unterstützt und auf der Konferenz um neue Firmen wirbt. Finanziert wird Rockit von der Swedbank, eine der größten Banken in Nordeuropa und im Baltikum.

Sarune ist eine typische Vertreterin der FinTech-Szene Litauens: jung, weiblich, gut gebildet, mehrsprachig und weltoffen. Auf der “FinTech Inn” finden sich viele junge Leute wie sie, darunter auffällig viele Frauen. Die Konferenz ist, wie die Branche, im Vergleich zu 2018 sprunghaft gewachsen: Über 3.000 Teilnehmer sind es dieses Jahr, 2018 waren es keinen 300. 2019 sind hier über 500 FinTech-Firmen vertreten. Das Wachstum der jungen Branche läge bei etwa 40 Prozent pro Jahr, erklärt Marius Skuodis, Vize-Wirtschaftsminister Litauens.

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Auf den drei Bühnen der FinTech geben sich Sprecher aus den USA, China und der EU das Mikro in die Hand, darunter auch Matteo Carbone, “InsurTech”-Experte aus Italien und Laurence Cooke als Kanada, Chef der “Nanopay Corporation”, in das Goldman Sachs mehr als zehn Millionen Dollar gesteckt hat.

Auch Tamaz Georgadze, Gründer der deutschen FinTech-Plattform “Raisin”, stellt auf der FinTech sein Start-up vor. Es vermittelte Festgeld von Banken aus ganz Europa an private Kunden in der Regel zu höheren Zinsen, als ihm in seinem Land geboten werden. Rund 17,5 Milliarden Euro fanden so ihren Weg vom Geber zum Nehmer. 220.000 Kunden und 88 Partner-Banken konnte Raisin bereits gewinnen.

Ebenfalls in Litauen vertreten: Bitwala, ein deutscher Online-Vermittler der Solaris-Bank, die ein kostenloses Konto anbietet, über das man Kryptowährungen wie Bitcoin kaufen und verkaufen kann. Geld verdient Bitwala mit einem Prozent Provision pro Transaktion. 2013 gegründet, hätte die Firma 2018 beinahe Schiffbruch erlitten, als ihr Dienstleister für Prepaid-Karten seine Lizenz verlor. Inzwischen bietet Bitwala eine Mastercard-Debitkarte an. Trades aus einem Wallet in Bitcoin sind mit Bitwala (noch) nicht möglich. Dennoch ist die Kombination aus Online-Konto und Bitcoin-Börse sehr spannend. Um die extrem volatile Kryptowährung machen viele klassischen Banken auch 2019 noch einen großen Bogen.

Fintech Inn

In China ist Mobile Payment längst ein Multi-Milliarden-Business, erklärt Hu Yan, CEO und Gründer von A.E.Money, auf einer FinTech-Bühne. 67,7 Milliarden Dollar wurde an nur einem Tag, dem 11.11.2019, an die chinesischen Online-Shops “Tmall.com” und “JD.com” mobil transferiert. Über 800 Millionen Menschen nutzen heute Mobile Payment in China. “Das verändert die ökonomische Struktur des Landes”, betont Yan.

Von diesen Zahlen ist Europa noch weit entfernt. Auch mobile Payment, der bekannteste Bereich von FinTech, steckt hier immer noch in den Anfangsphase. Reine Online-Banken wie N26 oder Kredit-Plattformen wie “Raisin,” sind längst nicht jedem bekannt. Doch auch hier gibt es kleine Fortschritte. “FinTech hat sich von einem Witz zu einem Business entwickelt, in das Geld investiert wird”, erklärt Simonas Gustainis, Managing Partner von BaltCap. Die private Investment-Firma steckt Geld in junge Unternehmen im Baltikum. Andere warnen vor Übertreibungen:

Tomas Nemura, Chief Marketing Officer der Fintech-Firma MoQ
LinkedIn

Wir müssen ehrlich zu uns selbst sein: FinTech-Produkte sind nice to have und kein must-have,”

Tomas Nemura, Chief Marketing Officer der Fintech-Firma MoQ

Hessens Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung, Kristina Sinemus (CDU), warnt vor einem zu hohem Tempo bei der digitalen Disruption der Finanzbranche: “Manche Menschen wünschen keine Veränderung bei ihren Bankgeschäften”, betont sie mit Blick auf Deutschland, “wir müssen die Öffentlichkeit auf diesen Prozess vorbereiten.” Auch die zum Teil großen Bedenken in Sachen Datenschutz und Privatsphäre müsse man berücksichtigen. Das Bargeld-Land Deutschland, es wird sich nicht über Nacht in ein FinTech-El Dorado verwandeln.

Die Fintech-Landschaft in Litauen
Die Fintech-Landschaft in LitauenBarclays

Übrigens: Und auch auf der FinTech Inn war bargeldloses Bezahlen nur mit der EC-Karte möglich. Apple oder Google Pay? Wenigstens Paypal? Fehlanzeige. Es ist also noch ein langer Weg. Auch in Litauen.Helge Denker

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