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STRATEGIE2. November 2021

CBDC/ Digitaler Euro: Szenarien, Designoptionen und Auswirkungen – von Bundesbanker Burkhard Balz

CBDC/ Digitaler Euro: Szenarien, Designoptionen und Auswirkungen – von Bundesbanker Burkhard Balz
Deutsche Bundesbank

Vor wenigen Tagen sprach Burkhard Balz, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank, bei der Düsseldorfer Fachtagung und dem Forum „Die digitale Zukunft des Zahlungsverkehrs“ der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank in Nordrhein-Westfalen. Er betonte Motive, Optionen und Design eines digitalen Euro. Die Zusammenfassung seiner Rede.

von Burkhard Balz, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank

Im Kern geht es um eine grund­sätz­li­che­ Frage:

Wie wol­len wir als Ge­sell­schaft die digitalen Möglichkeiten nut­zen?”

Man­che avant­gar­dis­ti­schen Ideen schei­nen jetzt Wirk­lich­keit zu werden: autonom fah­ren­de Autos, Ge­schäf­te ohne Kassen, Ban­king ohne Ban­ken. Und der frische Wind des Wan­dels stellt zu­neh­mend auch unser Verständnis von Geld und sei­ner Rolle in Frage.

Motive für einen digitalen Euro

Neue tech­ni­sche Mög­lich­kei­ten wie das Be­zah­len mit Smart­wat­ches und Smart­pho­nes oder In­stant Pa­y­ments ver­ein­fa­chen unser all­täg­li­ches Leben. War­te­zei­ten ver­kür­zen sich und Waren aus On­line­shops wer­den in ei­ni­gen Fäl­len sogar tag­gleich aus­ge­lie­fert.

Für einen zu­sätz­li­chen Di­gi­ta­li­sie­rungs­schub sorg­te die Co­ro­na-Pan­de­mie. Vor allem die Mög­lich­keit, kon­takt­los zu be­zah­len, dürf­te ma­ß­geb­lich zum Rück­gang der Bargeldnutzung bei­ge­tra­gen haben. Di­gi­ta­les, di­rekt von der No­ten­bank herausgegebenes Geld exis­tiert der­zeit für all­täg­li­che Zah­lungs­zwe­cke nicht. Gleichzeitig kann aber die mehr als 350 Jahre alte Bank­no­te in vie­len digitalen Bezahlsituationen gar nicht ein­ge­setzt wer­den.

Big­Techs ver­än­dern Pro­zes­se und re­vo­lu­tio­nie­ren das Kun­den­er­leb­nis. Sie schaf­fen Platt­form­lö­sun­gen, die sämt­li­che Schrit­te des Kauf­pro­zes­ses und der Lie­fer­ket­ten in­te­grie­ren. Auf­grund ihrer na­he­zu unbegrenzten Reich­wei­te kön­nen Big­Techs mit bequemen, ma­ß­ge­schnei­der­ten Lö­sun­gen Nut­zer­zah­len in Mil­lio­nen- oder gar Mil­li­ar­den­hö­he ge­ne­rie­ren. Staats­gren­zen ver­lie­ren zu­se­hends an Be­deu­tung. Glo­bal ope­rie­ren­de Un­ter­neh­men kön­nen ver­mehrt ei­ge­ne Stan­dards und Re­geln durch­set­zen.

Big­Techs haben viel Er­fah­rung darin, Pro­duk­te kon­se­quent auf den Nut­zer­be­darf aus­zu­rich­ten und Daten mit dem Ziel eines ver­bes­ser­ten Kun­den­er­leb­nis­ses aus­zu­wer­ten. Dies gibt ihnen an man­cher Stel­le einen nicht zu un­ter­schät­zen­den Vor­sprung.

Für be­son­de­re Auf­merk­sam­keit haben Ideen aus dem Big­Tech-Be­reich ge­sorgt, den Zah­lungs­ver­kehr mit Hilfe von so­ge­nann­ten Sta­ble Coins zu re­vo­lu­tio­nie­ren.”

Dabei han­delt es sich um Kryp­to-Token, deren Wert­ent­wick­lung zum Bei­spiel an den US-Dol­lar oder den Euro ge­bun­den ist.

Als Zen­tral­bank haben wir einen an­de­ren Fokus als pri­vat­wirt­schaft­li­che Ak­teu­re. Als Hü­te­rin der Wäh­rung ste­hen wir für das Ver­trau­en und die Sta­bi­li­tät un­se­rer gemeinsamen Wäh­rung, dem Euro. Zu­sätz­lich stehen wir für die Si­cher­heit und Effizienz des Zah­lungs­ver­kehrs. Wir müs­sen des­halb re­le­van­te Marktentwicklungen auf­merk­sam ver­fol­gen und im Rah­men un­se­res Man­dats dar­auf re­agie­ren.

Di­gi­ta­ler Euro – Op­tio­nen und De­sign

Die Diskussionen im Eu­ro­sys­tem rund um das Thema di­gi­ta­les Zen­tral­bank­geld sind nun in das Pro­jekt digitaler Euro ge­mün­det. Der Be­richt der High-Level Task Force der EZB  skiz­zier­te mög­li­che Sze­na­ri­en, die die Ein­füh­rung eines di­gi­ta­len Euro erforderlich ma­chen könn­ten.

Technische Ex­pe­ri­men­te zeig­ten be­reits, dass einer Ein­füh­rung keine grö­ße­ren tech­ni­schen Hin­der­nis­se im Wege ste­hen wür­den. So­wohl konto-ba­sier­te Sys­te­me als auch block­chain-ba­sier­te Al­ter­na­ti­ven konnten nach­weis­lich mehr als 40.000 Trans­ak­tio­nen pro Se­kun­de ver­ar­bei­ten. Auch zen­tra­le und dezentrale Ele­men­te las­sen sich kombinieren.

Der EZB-Rat hat im Som­mer ent­schie­den, den di­gi­ta­len Euro in ein kon­kre­tes Pro­jekt zu über­füh­ren. Die Un­ter­su­chungs­pha­se hat am 1. Ok­to­ber 2021 be­gon­nen und soll zwei Jahre dau­ern. Darin müs­sen wir bestimmen, wel­che Ein­satz­mög­lich­kei­ten für einen di­gi­ta­len Euro zu­al­ler­erst in Frage kämen und wel­che Aus­ge­stal­tungs­mög­lich­kei­ten zur Ver­fü­gung stün­den.

Fest steht, dass der di­gi­ta­le Euro vom Eu­ro­sys­tem selbst aus­ge­ge­ben würde und von allen Privatpersonen und Un­ter­neh­men ge­nutzt wer­den könn­te. Er würde dem­nach den Zu­gang zu aus­fall­si­che­rem Zen­tral­bank­geld auch in di­gi­ta­ler Form si­cher­stel­len und als Er­gän­zung zum Bar­geld die Aus­wahl an Zah­lungs­mit­teln ver­grö­ßern.”

Ein gro­ßer Vor­teil wäre, dass Bür­ge­rin­nen und Bür­ger sowie Un­ter­neh­men künf­tig auch im di­gi­ta­len Raum mit Zen­tral­bank­geld zah­len könn­ten. Dabei soll­te ein möglichst hoher Schutz der Pri­vat­sphä­re ge­währ­leis­tet wer­den.

Wei­ter­hin soll­ten mög­li­che Syn­er­gi­en mit dem Pri­vat­sek­tor ge­nutzt wer­den. An der Schnitt­stel­le zum Kun­den ver­fü­gen Kre­dit­in­sti­tu­te und an­de­re Zah­lungs­dienst­leis­ter über hohe Ex­per­ti­se hinsichtlich kundenfreundlicher Be­zahl­lö­sun­gen.

Der Pri­vat­sek­tor könnte die Aus­ga­be an den End­kun­den über­neh­men, ent­spre­chen­de Zahlungsprodukte schaf­fen und sogar auf­bau­end auf dem di­gi­ta­len Euro neue Anwendungen im In­ter­net der Dinge er­mög­li­chen. Denk­bar wären etwa voll­stän­dig au­to­ma­ti­sier­te Zah­lun­gen mittels Smart Con­tracts, die so­wohl für die In­dus­trie als auch für den Fi­nanz­sek­tor von gro­ßem In­ter­es­se sein dürf­ten.”

Alle Über­le­gun­gen zum di­gi­ta­len Euro ste­hen unter der Prä­mis­se, ein markt­fä­hi­ges und breit ak­zep­tier­tes Pro­dukt zu ent­wi­ckeln, das nicht zu einer Ver­drän­gung pri­va­ter Ak­teu­re führt. Daher bleibt die Bun­des­bank im Ver­lauf der an­ste­hen­den Un­ter­su­chun­gen im Dia­log mit den re­le­van­ten Marktak­teu­ren. Ge­lingt es uns eu­ro­pa­weit, die In­ter­es­sen und An­lie­gen sämt­li­cher Ak­teu­re zu ver­ste­hen und zu be­rück­sich­ti­gen, könn­te der di­gi­ta­le Euro einen ech­ten Mehr­wert schaf­fen.

Zu­gleich müs­sen wir Ri­si­ken für den Zah­lungs­ver­kehr, das Fi­nanz­sys­tem und die Re­al­wirt­schaft im Auge be­hal­ten und sorg­sam ab­wä­gen. Zu den mög­li­chen Ge­fah­ren zählt ein Sze­na­rio, in dem Kun­den ihre Einlagen in grö­ße­rem Um­fang in di­gi­ta­le Euro um­schich­ten. Dies könn­te die Rolle der Ban­ken im Fi­nanz­sys­tem grund­le­gend ver­än­dern und Aus­wir­kun­gen auf die Kre­dit­ver­ga­be haben. Sol­che Ri­si­ken müs­sen begrenzt wer­den. Denk­ba­re An­sät­ze zum Ge­gen­steu­ern wären etwa Höchst­be­trä­ge oder Ge­büh­ren, die ab einer be­stimm­ten Höhe bei Hal­tung des di­gi­ta­len Euros an­fie­len.

Der EZB-Rat ent­schei­det aber erst nach Ab­schluss der Un­ter­su­chungs­pha­se, ob ein di­gi­ta­ler Euro eingeführt wird. An­schlie­ßend könn­te eine drei­jäh­ri­ge Phase der Rea­li­sie­rung und Markt­ein­füh­rung fol­gen.

Das Ver­trau­en in die Wäh­rung ist das wohl höchs­te Gut aus Sicht einer Zen­tral­bank. Ein digitaler Euro könnte zu mehr Wett­be­werb und sin­ken­den Trans­ak­ti­ons­kos­ten bei­­tra­gen. Um auch die eu­ro­päi­sche Sou­ve­rä­ni­tät im Zah­lungs­ver­kehr zu stär­ken, soll­ten wir vor­be­rei­tet sein.”

Es ist un­se­re Auf­ga­be, in­ner­halb un­se­res Man­da­tes die not­wen­di­gen Rah­men­be­din­gun­gen für die Di­gi­ta­li­sie­rung im Geld­we­sen und Zah­lungs­ver­kehr zu schaf­fen. Ein sol­cher Rah­men muss so be­schaf­fen sein, dass pri­vat­wirt­schaft­li­che Ak­teu­re zu In­no­va­ti­on an­ge­regt wer­den. Nur, wenn wir als Zen­tral­ban­ken auf dem neu­es­ten Stand der Tech­nik sind, wer­den wir auch künf­tig das sta­bi­le Grund­ge­rüst eines ef­fi­zi­en­ten und si­che­ren Zah­lungs­ver­kehrs in einer di­gi­ta­li­sier­ten Welt bie­ten und das große Ver­trau­en in un­se­re ge­mein­sa­me Wäh­rung si­chern kön­nen.

Die vollständige Rede können Sie hier nachlesen.pp

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