STRATEGIE4. August 2023

Decision Management: Wie man eine entscheidungsorientierte IT-Architektur aufbaut

Jens Dauner ist Vice President und Managing Director DACH & Continental Europe bei FICO, einem Unternehmen für Decision Management.
Jens Dauner ist Vice President und Managing Director DACH & Continental Europe bei FICOFico

Banken haben sich bisher darauf konzentriert, sich zu datengetriebenen Unternehmen zu entwickeln – aber nicht alle sind glücklich über das Ergebnis. Wie Schiffbrüchige finden sich die Mitarbeitenden oftmals in einem Meer aus Daten wieder – und verdursten, weil sie diese nicht sinnvoll nutzen können. Die richtige Architektur kann helfen, die Datenflut praktisch nutzbar zu machen: Das führt zum Decision Management.

von Jens Dauner, Vice President und Managing Director DACH & Continental Europe bei FICO

Wenn Banken mit ihrem Decision Management nicht zufrieden sind, ist der Grund meist in einem dieser Bereiche zu finden:
1. Schlechtes Verständnis der Entscheidungsprozesse
2. Unpassende Analytikverfahren
3. Veraltete Logik

Hierbei wird der Frust schnell groß, wenn beispielsweise die Führungsebene wissen möchte, warum sich die vorhandene große Datenbasis und die entsprechenden Analytik-Tools nicht in gezielte, praktisch nutzbare und relevante Unternehmensentscheidungen übersetzen lassen.

Das Problem liegt hier zum einen in Silos und internen Hürden. Beispielsweise, wenn es Kommunikations- und Verständnisgräben zwischen den Analytik-, Software- und Fach-Experten gibt. Erschwerend hinzu kommt, dass Decision Management kein Fire-and-Forget Thema ist.”

Die Entscheidungsfindung muss kontinuierlich angepasst werden. Und wer am Ball bleiben möchte, sollte dies in möglichst kurzen Abständen tun. Ein Horrorszenario, wenn die verschiedenen Experten nicht auf derselben Wellenlänge kommunizieren.

Entscheidungsfindung neu angehen

Aber wie können Banken vollautomatisiert Entscheidungen treffen, die profitabler oder kundenorientierter sind? Wie kann man das Decision Management kontinuierlich verbessern? Eine Möglichkeit besteht darin, grundsätzlich eine neue Herangehensweise zu wählen. Statt von der Frage auszugehen „Welche Daten benötigen Sie?“ sollte die Überlegung „Welche Entscheidung müssen Sie treffen?“ im Fokus stehen. Daraus ergibt sich dann die Frage:

Was brauchen Sie, um diese Entscheidung zu treffen beziehungsweise um eine bessere Entscheidung zu treffen?“

Decision Management
Bei Decision Management geht es darum, für Unternehmen ein automatisiertes Entscheidungssystem aufzubauen und zu verwalten. Es handelt sich um eine Disziplin, die im Zuge der Digitalisierung über sämtliche Bereiche hinweg immer wichtiger wird: Überall dort, wo eine Bank mit Kunden interagiert, muss – meist in Echtzeit und komplett digitalisiert – eine Vielzahl an Entscheidungen getroffen werden, wie diese Interaktion ablaufen soll. Dabei müssen verschiedene Faktoren abgewogen werden, wie Preis- und Zinsentwicklungen, neue Produkte oder die aktuelle Lebenssituation eines Kunden. KI-gestützte Entscheidungsfindung auf der Grundlage von präskriptiver Analytik hilft dabei, diese Faktoren abzuwägen, agil mit veränderlichen Rahmenbedingungen umzugehen und die richtigen Maßnahmen einzuleiten, um die gesteckten Ziele optimal zu erreichen oder zu ermitteln, welcher Kreditzins, welche Kreditlinie oder welche Mahnstrategie im jeweiligen Fall die beste Entscheidung ist – sowohl für die Kunden als auch für die Bank.
Auch wenn die Zahl der möglichen Entscheidungen immens sein mag, die Voraussetzungen für bessere Entscheidungen sind bemerkenswert einheitlich – und gehen weit über das Vorhandensein der richtigen Daten hinaus. Mit diesem Ansatz werden Analytik und Daten in den täglichen Geschäftsbetrieb integriert, indem man bestehende Geschäftslogiken wie beispielsweise die einzelnen Schritte im Kreditentscheidungsprozess auf eine Plattform überträgt. Anstatt für jeden Anwendungsfall individuelle Lösungen immer wieder neu zu bauen, können sich Finanzinstitute darauf konzentrieren, die Kernkompetenzen zu identifizieren, die für bessere Entscheidungen benötigt werden, wie zum Beispiel Datenzugriff, Maschinelles Lernen, Entscheidungsautomatisierung und Simulation.

Vorteile einer plattformbasierten Entscheidungs-Architektur

Bei der Umsetzung eines entscheidungsorientierten Ansatzes bietet eine Plattform entscheidende Vorteile. Denn eine modulare Plattformlösung, die verschiedene Entscheidungsfähigkeiten wie Datenmanagement, Entwicklung und Durchführung von Analysen, Simulationen und Entscheidungsautomatisierung bereitstellt, kann es Banken ermöglichen, schnell neue Entscheidungsprozesse aufzusetzen, indem sie auf bestehende Regeln, Daten, Modelle und andere Assets aufbauen. Durch die Nutzung einer Plattform können Unternehmen auch sicherstellen, dass verschiedene Abteilungen und Teams auf die gleiche Datenbasis zugreifen und somit eine einheitliche Entscheidungsgrundlage haben. Zudem kann eine Plattform dazu beitragen, Entscheidungen zu automatisieren und auf diese Weise menschliche Fehler zu minimieren. Kurz gesagt:

Eine plattformbasierte Entscheidungs-Architektur kann Unternehmen dabei helfen, bessere und schnellere Entscheidungen zu treffen, die auf einheitlichen Daten, erweiterten Analytikmethoden und Geschäftsregeln beruhen.”

Decision Control Plane als übergeordnete Architekturebene

In der praktischen Umsetzung ist hierbei vor allem die Interoperabilität der einzelnen Komponenten zu beachten.

IDC definiert eine sogenannte Decision Control Plane als eine Architekturebene, die über einer Reihe von Entscheidungsprozessen sitzt. Diese Ebene verwaltet und steuert Entscheidungsinputs wie Daten, Geschäftsregeln und prädiktive Algorithmen.”

Die Decision Control Plane wird dabei oft aus einer Reihe von maßgeschneiderten Daten- und Analytikkomponenten entwickelt, was einen erheblichen Integrationsaufwand bedeuten kann. Außerdem steigt mit jeder hinzugefügten Komponente die Wahrscheinlichkeit für ein kombinatorisches Problem in der Gesamtlösung. Daher ist es entscheidend, bei der Planung und Umsetzung offene APIs zu verwenden, um die angesprochene Interoperabilität zu gewährleisten.

Bewährte Assets abteilungsübergreifend nutzen

Autor Jens Dauner, Fico
Jens Dauner ist Vice President und Managing Director DACH & Continental Europe bei FICO (Website), wo er bereits seit über 15 Jahren in verschiedenen Führungspositionen tätig ist. Sein akademischer Hintergrund umfasst ein Diplom in Elektrotechnik von der Hochschule Esslingen und eine Diplomarbeit an der University of Washington, ergänzt durch ein Auslandsstudium am RTC Galway in Irland.
Ist diese Architekturebene aber einmal umgesetzt, kann man auch das Konzept der sogenannten Composability voll zu seinem Vorteil nutzen. Die Idee dahinter ist, eine Methode zur Verbesserung von Entscheidungsprozessen zu haben. Es geht darum, modulare Komponenten zu erstellen, die gut wiederverwendbar sind und die in verschiedenen Bereichen im Unternehmen eingesetzt werden können. Dadurch lassen sich Kosten reduzieren, eine höhere Konsistenz erreichen und Produkte besser miteinander kombinieren.

Die Teams werden flexibler in ihrer Arbeit und können schnell und effizient Entscheidungen treffen, die auf Assets basieren, die schon genutzt und erprobt sind.”

Composability ermöglicht es Unternehmen darüber hinaus, mit einer minimalen Lösung (Minimal Viable Product) zu beginnen und dann weitere Komponenten hinzuzufügen. Früher dauerte die Umsetzung von Digitalisierungsprojekten typischerweise zwischen 9 und 15 Monaten. Durch die Verwendung von Plattform-basierten Ansätzen und minimalen Einstiegen sind Unternehmen in der Lage, in einem Zeitrahmen zwischen zehn Wochen und drei Monaten Projekte zu realisieren und Ergebnisse zu liefern, auf denen dann aufgebaut werden kann.

Fazit

Um sich erfolgreich im Wettbewerb zu behaupten, reicht es nicht aus, ein datengetriebenes Unternehmen zu sein.

Die Herausforderung besteht darin, Daten in fundierte und relevante Entscheidungen umzuwandeln, die das Geschäft voranbringen und die Kundenzufriedenheit erhöhen.”

Eine entscheidungsorientierte Architektur kann Banken dabei unterstützen, indem sie eine Plattform zur Verfügung stellt, auf der Daten effektiv genutzt und Entscheidungen automatisiert werden können. Durch die Implementierung einer solchen Architektur können sie sicherstellen, dass ihre Entscheidungen auf fundierten Daten und einem einheitlichen Ansatz basieren. IT-Anwender spielen bei der Implementierung eine zentrale Rolle. Es ist wichtig, dass sie eng mit den Entscheidungsträgern zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass die Architektur die Bedürfnisse des Unternehmens erfüllt und die angestrebten Digitalisierungsziele erreicht werden.Jens Dauner, Fico

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