STRATEGIE18. April 2024

ESG-Daten managen: Nicht die Plattform, sondern Datenintegration ist die Krux

Schwerpunkt: ESG / Nachhaltigkeit
Ulrike Gehmacher, Head of ESG-Office Erste Group <q>Erste Group/Wirlphoto</q>
Ulrike Gehmacher, Head of ESG-Office Erste Group Erste Group/Wirlphoto

Wie tragen Finanzinstitute dazu bei, Klimaziele zu erreichen? Welche Plattformen können hier unterstützen und auf was ist zu achten? Ulrike Gehmacher ist Head of ESG-Office bei der Erste Group. Im Interview mit Dunja Koelwel erklärt sie, wie ihr Haus ESG-Daten managt.

Frau Gehmacher, CSRD verpflichtet Finanzinstitute ab Ende 2024 offenzulegen, in welchem Maße sie selbst zur Erreichung der EU-Klimaziele beitragen und wie ESG-konform ihre Portfolios sind. Wie weit sind Sie, die Anforderungen von CSRD intern umzusetzen?

Da sich die Erste Group bereits seit Jahren mit Offenlegungen im ESG-Bereich und den ESG-Daten auseinandersetzt und nichtfinanzielle Berichte veröffentlicht, sehen wir uns bestmöglich vorbereitet. Mit einem gruppenweiten CSRD-Projekt wurde im Frühjahr 2023 begonnen, um die zeitgerechte Umsetzung der entsprechenden neuen Offenlegungserfordernisse sicherzustellen.

Wenn Sie gegenüber der Politik etwas Dampf ablassen könnten, was würden Sie bemängeln?

Uns geht es nicht um Dampf ablassen, sondern um ein konstruktives Miteinander. Zur Zielerreichung und Umsetzung der im EU Green Deal festgelegten Maßnahmen wurden zahlreiche Regulatorien und Gesetze in die nationale Umsetzung gebracht.

Um die ambitionierten EU-Klimaziele – CO₂-Neutralität bis 2050 – zu erreichen, muss das Volumen an nachhaltigen Finanzierungen stark steigen.”

Das damit verbundene Budget wird über Finanzierungen und Förderungen eine nachhaltige Wirtschaft stärken und am europäischen Markt neue Geschäftsfelder eröffnen. Als Bank sehen wir hier Potenzial, einen Beitrag zum grünen Wandel in der Region zu leisten, indem wir unsere Kunden auf diesem Weg der Transformation begleiten.

Es braucht mehr Anreize durch die Politik, die den Wandel in unserer Region unterstützen:

  • Förderungen wie zb erneuerbares Wärmegesetz in Österreich
  • Inklusion von ESG-Kriterien im öffentlichen Vergabesystem (öffentliche Ausschreibungen)
  • Steuererleichterungen (Kest-Begünstigung von nachhaltigen Veranlagungen)
  • Erleichterungen bei der Eigenkapitalhinterlegung bei grünen Finanzierungen

Gleichzeitig müssen Hürden für ESG-Daten minimiert werden:

  • Geschäftliche Herausforderungen: Hohe Inflation und Anstieg der Lebenshaltungskosten, geopolitische Unruhen, hohe Energienachfrage
  • Die Erwartungen der Regulierungsbehörden führen zu einem hohen Aufwand bei der Datenerfassung und Berichterstattung, während Kundendaten oft nicht verfügbar oder standardisiert sind
  • EPCs-Energieleistungszertifikate (EPCs) sind von entscheidender Bedeutung für die Dekarbonisierung im Bereich Commercial Real Estate, sind jedoch schwer zu erhalten und nicht länderübergreifend standardisiert.

Mittlerweile gibt es etliche Softwareanbieter, deren Lösung helfen soll, ESG-Daten einfacher zu managen. Haben Sie mit einer solchen Software schon Erfahrungen gesammelt und wenn ja, welche?

Ulrike Gehmacher, Erste Group
Ulrike Gehmacher ist Head of ESG-Office bei der Ers­te Group. Sie ver­fügt über lang­jäh­ri­ge Er­fah­rung in der Aus­ar­bei­tung von Nach­hal­tig­keits­stra­te­gi­en und de­ren Im­ple­men­tie­rung, so­wohl im Kern­ge­schäft als auch in der Kul­tur in­ter­na­tio­na­ler Un­ter­neh­men. Geh­ma­cher war zu­vor bei der Im­mo­fi­nanz, wo sie zu­letzt als Head of Group ESG für die Aus­ar­bei­tung der Nach­hal­tig­keits­stra­te­gie und des Dekar­bo­ni­sie­rungs­plans bis 2040 ver­ant­wort­lich war.

Für das Sammeln von ESG-Kundendaten in Österreich haben wir uns für eine Kooperation mit der Österreichischen Kontrollbank entschieden. Mit der ESG Data Plattform will die OeKB Finanzinstitutionen und Unternehmen, insbesondere auch KMUs, unterstützen, ihre ESG-Verpflichtungen zu erfüllen und so nicht zuletzt zur Erreichung der internationalen Nachhaltigkeitsziele beitragen. Für Banken wiederum erleichtert der Hub den Zugriff auf die aktuellen Nachhaltigkeitsdaten von Unternehmen, immer entsprechend der aktuellen Regulatorik, und beschleunigt somit die Umsetzung von nachhaltigen Projekten und Initiativen.

Die viel größere Herausforderung liegt meist aber nicht in der Auswahl der richtigen Plattform, sondern in der Integration der neuen Daten.”

Von der Kundenschnittstelle bis hin zum Reporting ergibt sich eine sehr lange Verarbeitungsstrecke, die von den neuen ESG-Anforderungen betroffen ist. Wo lagen/liegen Ihrer Erfahrung nach die meisten Probleme?

Herausfordernd ist insbesondere die Abhängigkeit und Verfügbarkeit von externen Daten und die kurze Zeitspanne zwischen der Veröffentlichung neuer Berichtsstandards und der Erstanwendung.

Frau Gehmacher, vielen Dank für das Gespräch!dk

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