STRATEGIE23. September 2025

EUDI-Wallet: Digitale Vertrauensanker – Pflicht und Chance für Banken

Schwerpunkt: Zahlungsverkehr & EU-ID
Janina Buchholz ist Expertin für die EUDI-Wallet.
Janina Buchholz,  Senior Solution Managerin, Bundesdruckerei Bundesdruckerei

Die EUDI-Wallet soll einen Meilenstein für die digitale Transformation von Verwaltung und Wirtschaft in der EU markieren, denn ab Ende 2026 sollen Bürger aller Mitgliedstaaten nach eIDAS 2.0 eine staatliche digitale Brieftasche nutzen können, die Identitätsdaten und Nachweise sicher auf dem Smartphone speichert und die europaweit anerkannt ist. Die Bundesdruckerei unterstützt Banken und andere sogenannte Relying Parties dabei, im Rahmen von Pilotprojekten Szenarien Ende-zu-Ende zu erproben.

von Janina Buchholz, Senior Solution Managerin, Bundesdruckerei

Die Aufgabe kann nervenaufreibend sein – oder ganz einfach: Erika Mustermann möchte für ihre 16-jährige Tochter, die ein Auslandsjahr in Frankreich absolviert, ein Konto eröffnen. Früher bedeutete das: Formulare ausfüllen, Geburtsurkunde kopieren und Ausweise vorlegen. Heute nutzt Erika die EUDI-Wallet. Mit wenigen Schritten überträgt sie einmalig ihre persönlichen Daten aus dem Personalausweis in die digitale Brieftasche auf dem Smartphone. Anschließend fügt sie mit Hilfe dieser digitalen Identität (PID) die Daten ihrer Tochter und ihre Erziehungsberechtigung als Nachweis der Wallet hinzu und übermittelt alles sicher und schnell an die Bank. Nur wenige Minuten später ist das Konto eröffnet – digital und rechtskonform.

Das Beispiel aus der nahen Zukunft macht deutlich, dass die EUDI-Wallet einen Meilenstein für die digitale Transformation von Verwaltung und Wirtschaft in der EU markiert.

Ab Ende 2026 sollen Bürger aller Mitgliedstaaten nach eIDAS 2.0 eine staatliche digitale Brieftasche nutzen können, die Identitätsdaten und Nachweise sicher auf dem Smartphone speichert und die europaweit anerkannt ist.”

Ergänzend dazu können private Anbieter Wallets bereitstellen, um Wahlfreiheit zu ermöglichen. Für Banken bedeutet die Akzeptanz der EUDI-Wallet nicht nur eine regulatorische Pflicht, etwa für die Auslösung von Zahlungen, sondern die Möglichkeit, zentrale Prozesse effizienter, sicherer und kundenfreundlicher zu gestalten.

Finanzinstitute müssen Wallet ab Ende 2027 als Authentisierungsinstrument akzeptieren

Finanzinstitute müssen die Wallet grundsätzlich ab Ende 2027 als Authentisierungsinstrument akzeptieren. Damit wird sie Teil von Onboarding, Kreditentscheidungen und Freigaben auch im Privatkundengeschäft. Die Vorteile liegen dabei auf der Hand: Sicherheit durch staatliche Vertrauensanker und moderne Kryptografie, Datensparsamkeit durch selektive Offenlegung, Interoperabilität und Standardisierung für nahtlose technische Integration. Zugleich eröffnen sich neue Anwendungsmöglichkeiten, etwa für einen zukünftigen digitalen Euro oder die Eröffnung eines Kinderkontos.

PID als Herzstück der Wallet

Autor Janina Buchholz, Bundesdruckerei
Eine Person mit langen, blonden Haaren und einem freundlichen Ausdruck ist abgebildet. Sie trägt ein schwarzes Oberteil und hat die Hände gefaltet. Der Hintergrund ist in einem sanften Blau gehalten. Die Darstellung könnte im Kontext der EUDI-Wallet relevant sein.Janina Buchholz ist Senior Solution Managerin bei der Bundesdruckerei (Webseite). Sie arbeitet am Aufbau der nationalen Infrastruktur der EUDI-Wallet und bringt hier ihre Expertise zu digitalen Identitäten in die Entwicklung der digitalen Brieftasche ein. Ein Schwerpunkt von Buchholz liegt dabei auf der sicheren Integration der Kernidentität (PID) und weiteren Nachweisen in die Wallet.

Als Experte für sichere Identitäten und Infrastrukturen bringt die Bundesdruckerei-Gruppe ihre Erfahrung bereits seit längerem in die Umsetzung der EUDI-Wallet und deren Ökosystem ein – auch bei ihrem Herzstück, der PID. Verantwortlich für den sogenannten PID-Provider-Dienst, setzt das Technologieunternehmen des Bundes im Auftrag der Bundesregierung das Hintergrundsystem für die Ausstellung dieser digitalen Kernidentität der Wallet um.

Basis dafür ist die Online-Ausweisfunktion (eID) des Personalausweises, die im europäischen Notifizierungsverfahren das höchste eIDAS-Vertrauensniveau erreicht hat. Aus den im Chip gespeicherten Daten wie Name, Geburtsdatum oder Meldeadresse erzeugt der PID-Provider eine kryptografisch abgesicherte PID, die in die Wallet übertragen wird – interoperabel über Länder- und Systemgrenzen hinweg. Eltern wie Erika Mustermann können so ihre Identität und die ihres Kindes digital und rechtssicher nachweisen.

Banken erhalten staatlich geprüfte Identitätsdaten und Nachweise, die sich direkt und ohne zusätzliche Prüfungen in KYC-Prozesse integrieren lassen.”

QEAA: Attribute mit Mehrwert

Neben der Kernidentität spielen künftig die Qualified Electronic Attestations of Attributes (QEAA) eine entscheidende Rolle. Der neue eIDAS-Vertrauensdienst erweitert die PID um qualifizierte Nachweise, etwa zu Identitäten juristischer Personen (OrgID), Vertretungsbefugnissen oder familiären Rollen wie der Erziehungsberechtigung. Banken können so Prozesse wie die Kontoeröffnung Minderjähriger effizient, rechtssicher und vollständig digital abbilden.

QEAA sind eindeutig, standardisiert und fälschungssicher, denn sie werden ausschließlich von qualifizierten Vertrauensdiensteanbietern (QTSP) validiert.”

QTSP stellen also sicher, dass Attribute aus authentischen Quellen verifiziert, kryptografisch geschützt und als maschinenlesbare Credentials in die Wallet eingebracht werden können. In Deutschland übernimmt diese Aufgabe unter anderem die D-Trust, ein Unternehmen der Bundesdruckerei-Gruppe.

Potenzial vollständig digitaler Prozesse

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Die Bundesdruckerei unterstützt Banken und andere sogenannte Relying Parties dabei, im Rahmen von Pilotprojekten Szenarien Ende-zu-Ende zu erproben. Bereits heute zeigt ein Use Case im EU-Projekt Large Scale Pilot POTENTIAL, wie eine Kontoeröffnungen grenzüberschreitend digital und rechtssicher möglich werden kann. Für die Banken ist die Akzeptanz der EUDI-Wallet Pflicht – und Chance zugleich. Sie beschleunigt bei den Instituten die Abläufe und schafft das Potenzial vollständig digitaler Prozesse. Zudem plant die EU-Kommission aktuell den Entwurf für ein Pendant zur EUDI-Wallet für juristische Personen und Unternehmen: die European Business Wallet (EUBW). Entscheidend für den Erfolg der digitalen Identitätslösungen wird auch sein, dass Kernidentität (PID) und qualifizierte Nachweise (QEAA) zuverlässig bereitgestellt werden. Hier liefert die Bundesdruckerei-Gruppe als PID-Provider, QTSP und Architekt zentraler Komponenten die Grundlage.Janina Buchholz, Bundesdruckerei/dk

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