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STRATEGIE26. Februar 2022

Frankfurt School: Russland kann Swift mit Krypto-Währungen nur teilweise umgehen

Auch Russland ist an Swift angeschlossen. Noch.
bigstock.com

Ein Rauswurf von Russland aus dem internationalen Zahlungssystem Swift gilt als technisch aufwändig – und hat eventuell auch enorme Auswirkungen auf Unternehmen in Europa. Experten befürchten nun, dass Russland dank Bitcoin & Co. auch ohne Swift klarkommen könnte.

Ein Ausschluss Russlands vom internationalen Banken-Kommunikationsnetzwerk Swift muss nach Einschätzung von Experten mittel- und langfristig nicht zu einer kompletten finanziellen Isolation führen. Russland stünden im Bereich der Digitalwährungen zumindest theoretisch zwei Swift-Alternativen zu Verfügung, sagte Philipp Sandner (Website), Wirtschaftswissenschaftler an der Frankfurt School of Finance & Management (Website), der Deutschen Presse-Agentur. Zum einen könne Russland auf klassische Kryptowährungen ausweichen. Zum anderen könne Präsident Wladimir Putin versuchen, sein Land an die neue chinesische Digitalwährung e-Yuan (eCNY) anzudocken.

Professor Philipp Sandner, Frankfurt School of Finance & Management
Frankfurt School

Kurzfristig sind die Ausweichmöglichkeiten in Richtung Krypto-Assets wie Bitcoin und Ethereum sowie e-Yuan noch eher theoretischer Natur. In einem Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten kann man schon viel bewegen. Man wird das aber nicht in wenigen Tagen umsetzen können.”

Professor Philipp Sandner, Frankfurt School of Finance & Management

Höhere Hürden sieht Sandner bei einem Ausweichen auf die chinesische Digitalwährung, die zu den Olympischen Winterspielen in China eingeführt wurde:

Beim digitalen e-Yuan ging es bislang nur um den Zahlungsverkehr im Inland. Eine Anbindung von Menschen und Firmen aus dem Ausland stand bislang dort nicht im Fokus.”

Man könne über Kryptowährungsplattformen seit Jahren Werte verschieben, sagte Sandner. Das gelte nicht nur für den Bitcoin oder Ethereum, sondern auch für sogenannte Stablecoins, die fest an den US-Dollar gebunden sind, wie Tether (USDT), USD Coin von Circle oder PAX. “Der Transfer auch von großen Summen funktioniert. Bislang machen da aber vor allem Individuen mit, hauptsächlich junge Leute, die technikaffin sind. Die machen aber nur rund fünf Prozent der Bevölkerung aus.” Firmen hätten in der Regel gar keine Erfahrungen mit Bitcoin & Co., sondern seien fest im Swift-System verankert.

Ross S. Delston, ein Experte für die Einhaltung von Anti-Geldwäsche-Vorschriften, glaubt, dass Russland sich bereits seit längerer Zeit auf die Finanzsanktionen vorbereitet hat.

“Wenn die Russen beschließen – und ich bin mir sicher, dass sie das bereits tun –, keine andere Währung als Kryptowährungen zu verwenden, können sie praktisch alle Sanktionen umgehen.”

Ross S. Delston, ein Experte für die Einhaltung von Anti-Geldwäsche-Vorschriften (Website)

Es sei allerdings nicht so einfach, Sanktionen zu umgehen, indem man sein gesamtes Dollar-Vermögen in Bitcoin umschichte. “Es ist schwer, etwas mit Kryptowährungen zu kaufen, vor allem große Dinge.”

Professor Sandner forderte die europäische Politik auf, sich intensiver mit dem Thema Blockchain zu beschäftigen.

Auf der politischen Ebene in Europa herrscht zu wenig Verständnis über die Dinge, die in diesem Bereich geschehen, egal ob wir jetzt über den Bitcoin oder den e-Yuan sprechen. Und das ist schon gefährlich, weil man dann nicht richtig damit umgehen kann.”

Update 26.2. 12:48/ dpa: In Italien bahnt sich ein Richtungswechsel hin zu einem Ausschluss Russlands aus dem Banken-Informationssystem Swift an. Der sozialdemokratische Parteichef Enrico Letta schrieb am Samstag bei Twitter, dass Ministerpräsident Mario Draghi eine entsprechende Maßnahme gegen die Russen als Folge ihrer Invasion in die Ukraine unterstütze. Lettas Partito Democratico ist Teil der Regierung. Draghi selbst bestätigte dies nicht, sondern ließ mitteilten, dass Italien die Linie der EU bei den Sanktionen gegen Russland voll unterstütze, «einschließlich jene, die Swift betreffen». Damit blockieren nur noch Deutschland und Ungarn diese Sanktion.dpa

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