STRATEGIE21. September 2023

Ausnahmesituation im euro­päischen Stellenmarkt: UBS wird massiv Personal freisetzen – was tun?

Jeanne Branthover, Managing Partner und Mitglied des Board von DHR rechnet mit Turbulenzen im europäischen Stellenmarkt.
DHR Global

Die Übernahme der Credit Suisse durch den Branchenprimus UBS in diesem Jahr markiert eine der bedeutendsten Bankenfusionen der vergangenen Jahre. Es ist davon auszugehen, dass die Schweizer Großbank UBS massiv Personal freisetzen wird, um redundante Positionen abzubauen. Spitzenkräfte, die lange Zeit nicht verfügbar waren, werden nun wieder rekrutierbar. Personalabteilungen haben somit die Gelegenheit, diese Top-Entscheider für sich zu gewinnen. Doch gerade in dieser Situation braucht es eine geeignete Strategie für Personalentwicklung und Recruiting, statt im Blindflug zu agieren.

von Jeanne Branthover, Managing Partner und Leiterin der Finanzdienstleistungspraxis bei DHR Global

Durch die Konsolidierung werden die Karten auf dem europäischen Stellenmarkt neu gemischt – und Arbeitgeber bringen sich in Position für den Wettbewerb um die besten Manager.

Während in der Branche zuvor Fachkräftemangel herrschte und Bewerber sich in der Position befanden, aus einem großen Stellenangebot zu ihren Bedingungen wählen zu können, verschiebt sich das Kräfteverhältnis nun in Richtung der Unternehmen.”

Der Stellenabbau wird auch zu einer Anpassung der Gehälter und Boni in den Finanzmärkten führen, was zusätzliche Chancen für Unternehmen mit kleinerem Personalbudget eröffnet, Talente zu gewinnen.

Viele Akteure im Bankensektor werden die Ausnahmesituation für sich nutzen und einzelne Mitarbeiter sowie ganze Teams abwerben.”

Unternehmen wählen Talente zu ihren Bedingungen

Am Stellenmarkt wird diese Entwicklung mit hoher Dynamik und schnellem Tempo sichtbar werden, sodass Personalabteilungen vor der Herausforderung stehen, zeitnahe und innovative Strategien für die Personalsuche zu entwickeln.

In der Konsolidierungsphase besteht nun die Möglichkeit, dass herausragende Talente wieder verfügbar werden – und das zu angemessenen Konditionen.”

Zuvor ist es aber unbedingt erforderlich, die eigene Qualifikationslücke zu bewerten und so den tatsächlichen Personalbedarf zu ermitteln. Im ersten Schritt sollte das Unternehmen dazu veranlassen, den Blick intensiver auf die eigenen Leute zu richten und Fragen zu stellen: Befinden sich die richtigen Personen in leitenden Positionen? Haben wir Leute an Bord, die uns signifikante Einnahmen bringen werden? Haben wir Führungskräfte, die unsere Mitarbeiter durch schwierigere Zeit navigieren können?

Strategische Personalentwicklung und Mitarbeiterbindung

Der erste Schritt wäre zu eruieren, ob sich nicht in den eigenen Reihen geeignete Kandidaten finden, die gefördert und zur Führungskraft weiterentwickelt werden können. Denn:

Auch wenn die veränderte Situation am Stellenmarkt verlockend wirkt – externe Personalzugänge sind teuer.”

Autorin Jeanne E. Branthover
Jeanne E. Branthover ist Managing Partner der Global Financial Services/Fintech Practice und Mitglied des CEO/Board sowie des Executive Committee von DHR (Website). Sie be­rät Kun­den in den Be­rei­chen Nach­fol­ge­pla­nung, Chan­ge-Pro­zes­se in Or­ga­ni­sa­tio­nen, Pre­ci­si­on Re­cruit­ing und Ta­lent­ma­nage­ment. Be­vor sie zu DHR kam, war sie Ge­schäfts­füh­re­rin und In­ha­be­rin ei­nes Per­so­nal­be­ra­tungs­un­ter­neh­mens.
Brant­ho­ver wur­de u. a. von der Busi­ness­Week zu ei­ner der 50 ein­fluss­reichs­ten Head­hun­ter der Welt er­nannt und er­hielt 2016 den Col­le­ge of Edu­ca­ti­on Award der Uni­ver­si­ty of Ma­ry­land Alum­ni As­so­cia­ti­on. Dar­über hin­aus war sie die ers­te weib­li­che Prä­si­den­tin des United Way’s Community Fund.
Neue Mitarbeiter müssen rekrutiert werden, verhandeln ihr Gehalt komplett neu und erfordern ein kostenintensives Onboarding. Unternehmen verlieren also wertvolles Potenzial, wenn Mitarbeiter nicht gefördert werden. Unternehmen mit starken HR-Ressourcen, die sich Zeit für regelmäßige Evaluierungen nehmen, können ein ausgeprägtes Verständnis für ihre Belegschaft und deren Bedürfnisse entwickeln und sie dann zielgerichtet fördern. Es geht darum zu verstehen, wonach ein Mitarbeiter in seiner beruflichen Entwicklung sucht und dann eine Einschätzung abzugeben, ob das Unternehmen dies leisten kann. Dann kann der Mitarbeiter entsprechend gefördert werden und der Weg auf den hart umkämpften externen Stellenmarkt bleibt erspart.

Die Kandidatenauswahl analytisch angehen

Geht es darum, die richtige Person für eine freie Stelle zu finden, können Personalberatungen als externe, branchenkundige Quelle eine sinnvolle Unterstützung sein. Sie verfügen über zahlreiche gepflegte Datenbanken und können durch eine vertrauliche Recherche gewährleisten, dass die beste Person die Position erhält. Zunächst werden die Qualifikationen aller potenziellen Kandidaten – ob intern oder extern – in ein Bewertungsraster mit den festgelegten „Must Haves“ des Unternehmens überführt. Jede Person wird anhand der gleichen Fragen in das Raster eingestuft. Erst diese Analyse zeigt, welche Qualifikationen bereits vorhanden sind und ob es neue Kräfte braucht.

Neben der Eignung der jeweiligen Person ist es auch wichtig zu erfassen, ob ein Fit zur Unternehmenskultur besteht.”

Auch hier kann eine externe Beratung unterstützen. Die Finalisten bekommen im Vorstellungsgespräch ein firmeneigenes Tool zur Bewertung von Führungsqualitäten an die Hand, um zu erfassen, welche Kultur und welche Werte der Arbeitgeber vertritt und welcher Typ Mensch in das Unternehmen passt.

Mit Employer Branding zur erfolgreichen Personalgewinnung

Ist der geeignete Kandidat gefunden, gilt es, diese Person, insbesondere wenn extern angeworben wird, für die Stelle zu gewinnen.

Die Attraktivität eines Unternehmens als Arbeitgeber wird zu einem entscheidenden Faktor, um sich im Wettbewerb um außergewöhnliche Talente zu behaupten und langfristig erfolgreiche Mitarbeiter zu binden.”

Geld spielt bei der Wahl des Arbeitgebers lange nicht mehr die größte Rolle – das gilt für den Finanzsektor wie für jede andere Branche auch. Wollen sich Banken und Finanzinstitute glaubwürdig als attraktive Arbeitgebermarke – vor allem im Segment Führungskräfte – positionieren, braucht es mehr als einen Dienstwagen und Flexibilität hinsichtlich Arbeitszeit oder -ort.

Stellenmarkt: Gewappnet für den „War of Talents“

Die aktuellen Dynamiken im Finanzsektor haben für neue Spielregeln im europäischen Stellenmarkt gesorgt. Nach Zeiten eines verstärkten Fachkräftemangels haben Unternehmen nun die Möglichkeit, qualifizierte Führungskräfte für sich zu gewinnen.

Top-Manager sind begehrt und die Konkurrenz ist groß. Um in diesem rasanten Umfeld strategisch und zielgerichtet vorzugehen, und sich dabei dennoch nicht die begehrtesten Köpfe entgehen zu lassen, braucht es eine passgenaue Recruiting-Strategie.”

Wenn es darum geht, nicht nur die besten Kandidaten zu finden, sondern sie auch dazu zu bringen, „Ja“ zu sagen, kann eine Personalvermittlung für Führungskräfte als erfolgreiche Erweiterung des Unternehmens im Markt agieren.Jeanne Branthover, DHR Global

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