STRATEGIE5. April 2024

10-Punkte-Plan: So gelingt die ESG-Transformation

Schwerpunkt: ESG / Nachhaltigkeit
Dr. Daniel Sommer, Partner bei KPMG KPMG

Durch geopolitische Spannungen oder den Klimawandel werden die nicht-finanziellen Risiken für Finanzunternehmen immer relevanter. Ausgerechnet in einer Zeit, in der der Transformationsdruck steigt. Für Banken bedeutet das, sich für derartige Risiken wappnen zu müssen. Dafür braucht es einen guten Plan.

von Dr. Matthias Mayer und Dr. Daniel Sommer, beide Partner bei KPMG

Dr. Matthias Mayer, Partner bei KPMG KPMG
Der Februar war ein besonderer Monat. Nicht weil er 29 Tage hatte, das kommt schließlich alle vier Jahre vor. Sondern weil er so warm war wie nie zuvor. Laut Deutschem Wetterdienst lag das Temperaturmittel mit 6,6°C ganze 6,2°C über dem Wert der internationalen Referenzperiode von 1961 bis 1990. Selbst der Monat März war innerhalb dieser Periode im Schnitt nur halb so warm. Der Klimawandel schreitet weiter voran.

Vor diesem Hintergrund steigt auch der Transformationsdruck auf die Wirtschaft. Dringender denn je sind Unternehmen angehalten, ihren Treibhausgasausstoß zu reduzieren. Die Finanzwirtschaft spielt dabei eine wichtige Rolle:

Allein in Deutschland sind für den Umbau zur klimaneutralen Wirtschaft schätzungsweise rund sechs Billionen Euro Investitionen notwendig – ein Großteil davon wird von Banken finanziert oder durch sie auf dem Kapitalmarkt umgesetzt.

Zusätzlich zum Klimawandel gerät die geopolitische Stabilität ins Wanken. Der Konflikt im Nahen Osten eskaliert und weitet sich so stark aus, dass deutsche Kriegsschiffe die Wirtschaftswege im Roten Meer sichern müssen. China isoliert sich immer weiter von der Weltwirtschaft, plant mit der Neuen Seidenstraße gar eigene Handelsrouten. Und sollte Donald Trump im November in der Tat erneut zum Präsidenten gewählt werden, droht auch die USA als zuverlässiger Partner wegzubrechen.

Die zweifache Zeitenwende

Seit Russland im Februar 2022 die Ukraine überfallen hat, war oft von einer Zeitenwende die Rede. Eigentlich sind es sogar zwei: Zum einen müssen im Zeichen des Klimawandels fossile Energieträger mehr denn je von erneuerbaren Alternativen abgelöst werden. Das ist seit jeher der Kern der ESG-Transformation, das „E“ in „ESG“. Zusätzlich dazu werden durch die zahlreichen geopolitischen Veränderungen die seit Jahrzehnten geltenden Grundannahmen einer globalisierten Wirtschaft fundamental verändert – und das hat Folgen für die Banken.

Für Finanzinstitute ergeben sich Chancen und Risiken. Chancen, weil der Finanzierungsbedarf für die Grüne Transformation durch den beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien steigt. Auch Konnektivitäts- und Digitalisierungsprojekte erhalten mit zunehmender Technologisierung mehr Aufmerksamkeit – und wollen finanziert werden. Das erhöht das Wachstum etwa im Kreditgeschäft. Aber es drohen auch Gefahren.

Durch ein größeres Kreditrisiko im Business- und Retailgeschäft steigt der Anteil des Risikokapitals, was sich auf die Kapitalrentabilität auswirkt.

Aber auch nicht-finanzielle Risiken im Bereich Cyber, Compliance oder Reputation steigen durch die politische Lage. Von Russland gesteuerte Hackerangriffe oder die jüngsten Meldungen über Abhöraktionen sind ein Indiz dafür. Zudem steht die Finanzwirtschaft plötzlich vor dem Dilemma, die breit geforderte Aufrüstung hierzulande mitzufinanzieren. Wie ESG-konform kann das sein?!

Neben „E“ rücken nun also „S“ und „G“ stärker in den Fokus. Dabei drohen Banken ihre ESG-Transformation zu verschleppen. Das ist der falsche Weg. Was es braucht, ist eine größere Widerstandsfähigkeit gegenüber nicht-finanzieller Risiken – also mehr statt weniger ESG-Transformation. Ein Zehn-Punkte-Plan hilft dabei.

Zehn Schritte Richtung Zukunft

Die zehn Schritte: Im ersten Schritt müssen die neuen geopolitischen Rahmenbedingungen reflektiert und verankert werden. Das Ergebnis ist eine den Gegebenheiten angepasste und umfangreich definierte ESG-Agenda. Zweitens sollte der Dialog mit der Politik gestärkt werden, schließlich werden staatliche Aktivitäten künftig eine größere Bedeutung haben.

<strong>Dr. Matthias Mayer und Dr. Daniel Sommer</strong>

sind beide Partner bei KMPG. Mayer ist Chief Markets Officer im Bereich Financial Services. Er verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in den Bereichen Finanz- und Risikomanagement und blickt fortlaufend auf die Trends und Entwicklungen, die auf den Finanzsektor und insbesondere auf Banken einwirken und denkt Handlungsfelder für die Institute vor. Dr. Daniel Sommer  berät Banken in den Gebieten Risiko, Finanzen, und Regulatorik. Er ist Mitglied des KPMG Global Financial Risk Management Steering Committee.

Die Schritte drei und vier beziehen sich auf den Ausbau des Geschäfts. So sollten künftig Kompetenzen in den ESG-Themenfeldern wie erneuerbare Energien oder Kreislaufwirtschaft ausgebaut und mit Elementen des Investment-Banking verknüpft werden. Im fünften und sechsten Schritt geht es darum, das Kredit- und Compliance-Risikomanagement anzupassen. Das heißt, ESG-Aspekte umfassend als Kreditrisiken zu interpretieren und die Compliance-Funktion mit lernenden Algorithmen zu entwickeln.

Eine besondere Bedeutung kommt künftig nicht-finanziellen Risiken zu, die Banken verstärkt in den Fokus nehmen sollten. So geht es bei den Schritten sieben bis zehn darum, das IT-Risikomanagement Stück für Stück ins Risikomanagement zu integrieren, eigene Bankprozesse auf ihre Unabhängigkeit von globalen Lieferketten zu prüfen, nicht-finanzielle Risiken in Modellierungen zu integrieren und sie als wesentlichen Erfolgsfaktor für die Steuerung der Bank zu verstehen sowie die Kommunikation zu professionalisieren, um Reputationsrisiken entgegenwirken zu können. Denn wie das Klima, wird sich auch die Geopolitik wandeln. Aber genauso haben Banken auch hier die Möglichkeit, sich auf diesen Wandel einzustellen.Dr. Matthias Mayer/Dr. Daniel Sommer /dk

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