STRATEGIE24. Februar 2023

Data Analytics vs. Data Culture – Neue Anforderungen für Versicherer

Andreas Hänel klärt über die Bedeutung datengetriebener Geschäftsmodelle auf
A4I Leipzig

Datengetriebene Projekte sind komplex und oft längerfristig angelegt. Umso wichtiger, dass sie funktionieren. In der Praxis zeigen sich aber häufig die gleichen Fehler, auch bei Versicherern. Agilität allein wird das Problem nicht lösen.

von Andreas Hänel, Geschäftsführer A4I Leipzig

Die Zukunft der Versicherungsbranche in Deutschland hängt maßgeblich von der Entwicklung innovativer Produkte und Erschließung neuer Geschäftsfelder ab. Eine wichtige Grundlage hierfür bildet der professionelle Umgang mit den eigenen Daten, denn diese sind das „neue Öl“. Doch solange diese unraffiniert in den Systemen schlummern, sind sie gleichzeitig relativ wertlos. Dem gegenüber stehen eine Vielzahl an Fragestellungen in den Fachbereichen, die mit diesen Daten beantwortet werden können.

Change in der Organisation

Die Umsetzung von datengetriebenen Innovationen bedeutet einen Change in allen Ebenen der Organisation.

Aspekte wie bereichsübergreifende Zusammenarbeit, nachhaltige Kommunikation und datengetriebene Entscheidungskultur werden immer wichtiger.​”

Das Zusammenbringen von fachlichem und technischem Know-how, siehe Abbildung 1, als Basis für die Entwicklung von neuen datengetriebenen Use Cases, wird ein Kern-Asset im Unternehmen.​ Für die Entwicklung dieser ist der Aufbau von Skills im Bereich Datenanalyse zwingende Voraussetzung.

Abbildung 1 Bereichsübergreifende Zusammenarbeit in Datenprojekten
Abbildung 1 A4I Leipzig

 

Warum scheitern datengetriebene Projekte?

Oft ist in den Unternehmen bereits ein breites Spektrum an Daten-Skills vorhanden. Datengetriebene Projekte verlangen jedoch den Unternehmen ein Höchstmaß an Agilität ab. Das Projektteam besteht meistens aus Mitarbeitenden mehrerer Abteilungen. Relevante Rollen sind hierbei der Fachbereich als Impulsgeber für den datengetriebenen Use Case, die IT-Abteilung als Datenzulieferer und Know-how-Träger, der Datenschutz, welcher die Rahmenbedingungen für einen sicheren Umgang mit den Daten schafft, der Analytik-Bereich für die Datenanalysen und, immer wieder unterschätzt, die interne Unternehmenskommunikation als Werber für das Projekt.

Es reicht hierbei nicht, wenn nur im Projekt agil gedacht wird. Auch die Organisationsstruktur muss immer öfter agilen Vorgaben genügen.

Gerade die bereichsübergreifende Zusammenarbeit ist eine große Herausforderung und der Schlüssel für ein erfolgreiches Projekt.”

Autor Andreas Hänel, A4I Leipzig
Andreas Hänel ist seit 2022 Geschäftsführer der neu gegründeten A4I Leipzig GmbH (Website), die branchenübergreifend Data-Analytics-Lösungen anbietet. Zuvor war der Diplom-Meteorologe bei den Energieforen Leipzig tätig, u.a. als Projektmanager und Leiter des Kompetenzfelds Analytik und IT.
Das klassische Bereichsdenken hat ausgedient. Datengetriebene Geschäftsmodelle entstehen oft an den Schnittstellen zwischen den unterschiedlichen Bereichen. Datengetriebenes Kundenmanagement ist z.B. nicht nur ein Thema für den Vertrieb, sondern auch für den Kundenservice sowie die Abrechnung. KI-gestütztes Assetmanagement hilft nicht nur dem Assetmanagement, sondern auch dem Controlling.

Verknüpfung von Organisations- und Datenstrategie

Zukünftig muss schon in der Unternehmensplanung (Unternehmensstrategie) die Datenstrategie einen wichtigen Platz einnehmen. Aus der Verknüpfung von Unternehmensstrategie und Datenstrategie ergeben sich die relevanten Schwerpunkte in der bereichsübergreifenden Zusammenarbeit. Diese Schwerpunkte sollten rechtzeitig in die Abteilungsstrategie überführt und ein kontinuierlicher Austausch zwischen den Bereichen im Rahmen der Planung etabliert werden. Kernergebnis dieser Planung kann sein, dass zukünftig nicht mehr nur in Bereichsteams, sondern immer stärker in projektbezogenen Teams geplant und gearbeitet wird.

Gerade datengetriebene Projekte erstrecken sich aufgrund ihrer Komplexität oft über einen längeren Zeitraum und haben einen starken Durchdringungsgrad im Unternehmen. Es lohnt sich hierbei, Mischteams aus verschiedenen Bereichen zu etablieren und in crossfunktionalen Teams zusammenzuarbeiten. Teamleitung wird hierbei durch Projektleitung ersetzt und der Austausch zwischen der Bereichsleitung nimmt einen höheren Stellenwert ein. Ein Vorteil bietet der Ansatz des Desksharings.

Die Voraussetzung für ein flexibles projektbezogenes Arbeiten ist die Nähe der Mitarbeitenden zueinander – die klassische Bürokultur hat hierbei ausgedient.”

Aber auch digitale Arbeitswerkzeuge wie z.B. MS Teams nehmen einen immer größeren Stellenwert ein, gerade wenn die Projektteams an unterschiedlichen Standorten arbeiten. Es wird zukünftig eine starke Verschmelzung der differierenden Arbeitskanäle geben.

Mit Pragmatismus zu den ersten Projekterfolgen

Abbildung 2 Erste Schritte in der Use-Case-Entwicklung
Abbildung 2 A4I Leipzig
Bei allen Ansätzen gilt es zu bedenken, dass ein gesunder Pragmatismus oft der beste Weg zum Erfolg ist. Entwickeln Sie zunächst kleine Use Cases, um schnelle Erfolgsstorys im Unternehmen zeigen zu können. Beschäftigen Sie sich mehr mit Ihren Daten und versuchen Sie zu verstehen, ob die Daten in ausreichender Qualität für den jeweiligen Use Case vorliegen. Bedenken Sie immer, das jedes Data-Analytics-Projekt auch ein Datenqualitätsprojekt ist. Versuchen Sie, in der Umsetzung in schnellen, agilen Zyklen zu ersten Ergebnissen zu kommen, um die Erfolgschancen des Use Cases abschätzen zu können. So schaffen Sie ein pragmatisches und transparentes Vorgehen (Abbildung 2).

Bedenken Sie jedoch: Es ist unwahrscheinlich, dass Ihr Unternehmen in Zukunft den gesamten Planungsprozess agil ausrichtet.

Auch die bereichsübergreifende Zusammenarbeit in crossfunktionalen Projektteams hat ihre Grenzen und unterliegt auch zukünftig den Rahmenbedingungen des Markts mit seinen vorhandenen Kerngeschäftsanforderungen.”

Es gilt hier, in Projekten klein anzufangen und über erste Erfolge eine Daseinsberechtigung für das Vorgehen zu etablieren. So sind die Mitarbeitenden als Anwender immer mitzunehmen. Ohne die Akzeptanz Ihrer Beschäftigten wird der beste datengetriebene Use Case nicht funktionieren und landet, wie in der Vergangenheit häufig, in der Schublade.Andreas Hänel, A4I Leipzig

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