FINTECH INTERVIEW28. Februar 2017

‘Der internationale Geld­transfer­markt interessiert Banken traditionell nicht’ – Do­­ra Ziambra, Azimo

Do­­ra Ziambra, Head of Business Development bei AzimoAzimo

Azimo macht Aus­lands­über­wei­sungen und steht damit nicht nur im Wettbewerb zu Banken, sondern auch zu Transferwise & Co. Nun will das FinTech mit deutschen Banken kooperieren, ihnen neue Einnahmen bieten – und ist intensiv auf der Suche nach neuen Bankpartnern. Wir haben mit Do­ra Ziambra, Head of Business Development, bei Azimo gesprochen.

Frau Ziambra, warum wird Azimo Banken Konkurrenz bei Auslandsüberweisungen machen?

Die Art und Weise, wie wir unser Geld verwalten und wie wir auf unser Geld zugreifen, verändert sich grundlegend. Vorbei sind die Tage der Papier-Scheck Bücher und Cash-only-Zahlungen.

Die Digitalisierung greift in alle Lebensbereiche ein und verändert das Konsumentenverhalten und die Erwartungen an Produkte und Dienstleistungen grundlegend. Gerade digital-affine Kunden erwarten heute schon von Bankdienstleistungen die gleiche Benutzerfreundlichkeit, die ihnen Facebook und Google schon lange bieten.”

Niemand möchte heute mehr in eine Bankfiliale oder in einen Geldtransfer-Shop gehen und endlose Formulare ausfüllen. Kunden erwarten von Banking-Produkten heute, dass diese immer und überall verfügbar sind, auf jedem Gerät und mit minimalem Aufwand.

Die technische Evolution ist auch eine Geschichte der Demokratisierung von Exklusivem für die Massen und der sozialen Inklusion für Entwicklungsländer. FinTech-Unternehmen wie Azimo nutzen die Macht des Mobilen, um das Problem vieler Menschen auf der Welt zu lösen, die bisher keinen Zugang zu einem klassischen Bankkonto haben und so auch nicht in der Lage sind, Geld international zu versenden beziehungsweise zu erhalten.

Was wir tun, steht nicht wirklich in direktem Wettbewerb mit dem Angebot klassischer Banken. Tatsächlich arbeiten wir sogar mit einem großen Banken-Netzwerk auf der ganzen Welt eng zusammen.”

Uns geht es vielmehr um die Veränderung und Weiterentwicklung der intransparenten Remittance Industrie hin zu mehr Kundenfreundlichkeit und Transparenz.

Aber sie betreiben eindeutig “Unbundling Banks” – soll eine Bank mit Ihnen zusammenarbeiten wollen?

Der internationale Geldtransfermarkt interessiert Banken traditionell nicht und so ist dieser Bereich schon lange von sogenannte Nicht-Banken besetzt.”

Die Gründe dafür sind vielfältig, doch klar ist, dass unsere Kunden von großen Finanzinstituten konsequent ignoriert werden und es bisher keine optimale Lösung von Banken für Menschen insbesondere in Entwicklungsländern gibt.

Gleichzeitig sind wir auch eine Umsatzquelle für Banken, da wir bei jeder Transaktion einen gewissen Anteil an die Bank abgeben.”

Mit welchen deutschen Banken arbeiten Sie bisher schon zusammen?

Azimo arbeitet direkt mit dem deutschen Bankennetz zusammen, so dass wir auf alle gängigen deutsche Bankkonten, wie Deutsche Bank, Commerzbank, DZ Bank und viele mehr direkt einzahlen können.

Wie schaffen Sie es, die Leistung günstiger anzubieten?

Klassischerweise arbeiten Geldtransfer-Anbieter mit einem großen Netzwerk an Mittelsmännern, die das Geschäft vor Ort offline abwickeln. Dieses System von Mittelsmännern kostet viel Geld.

Wir ersetzen etwa die Hälfte dieser Wertschöpfungskette direkt durch die Digitalisierung dieses Prozesses.”

Bei Azimo gibt es keine Agenten, sondern wir fungieren lediglich als reine Online-Plattform. Wir teilen unsere Provision also immer auch mit der Bank.  Wir bringen Empfänger und Sender ohne Mittelsmann zusammen – das spart enorm viele Kosten.

Wir sind ein Unternehmen, das von Migranten gegründet und beschäftigt wird. Daher verstehen wir die Bedeutung eines zuverlässigen und kostengünstigen Geldtransferdienstes.”

Wir glauben, dass unsere Kunden so viel von ihrem Geld wie möglich behalten sollten, was für uns bedeutet, dass wir nur eine angemessene und transparente Gebühr verlangen sollten.

Beispiel: Azimo bietet 500 £ für £ 6,25 für Polen an. Zum Vergleich: Western Union verspricht, Bargeld bis zu £ 700 aus dem Vereinigten Königreich nach Polen für £ 3,90 zu senden – aber in dieser Zahl sind die stark schwankenden und oft hohen Kosten für FX nicht enthalten. Der Unterschied zwischen den beiden Unternehmen hebt die Debatte über mangelnde Transparenz und die Auswirkungen auf die Preisgestaltung hervor.

Sinkt für Banken durch Azimo nicht der Ertrag an der Auslandsüberweisung?

Mobile Technologien machen Informationen jederzeit zugänglich, was zu einer Demokratisierung des Bankensektors beiträgt – Kunden erwarten heute in erster Linie Transparenz und klare durchsichtige Prozesse. Ich denke, traditionelle Banken sollten schnell ihre Geschäftsmodelle und Services anpassen, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.

Klar ist, dass besonders im Bereich der Geldüberweisungen die neuen FinTechs niedrigere Preise treiben. Auf jeder Bankenkonferenz wird über Digitalisierung und FinTechs gesprochen. Doch nur wenige Banken ergreifen bisher umfassende Schritte. Doch ganz ohne Banken geht es natürlich auch in Zukunft nicht. Innovationstreiber wie Azimo werden den Wandel der aktuellen Bankenlandschaft allerdings erheblich beschleunigen.

Ich glaube, dass eine Orientierung und engere Ausrichtung am eigentlichen Kundenbedürfnis im klassischen Banking längst überfällig ist. FinTechs wie wir sind deshalb erfolgreich, weil wir ein konkretes Problem des Kunden in einer für ihn verständlichen und nachvollziehbaren Form lösen. Wir treiben die Veränderung in den Großbanken an und das wird sicher für Umdenken in den Chefetagen sorgen – hin zu mehr Kundennähe und Transparenz.

Do­ra Ziambra, Azimo
Do­ra Ziambra ist seit 2014 Head of Business Development von Azimo. Als Head of Business Development ist sie maßgeblich daran beteiligt, das Partner-Netzwerk von Azimo in über 190 Ländern aufzubauen und das Geschäft in neuen Märkten zu etablieren und zu entwickeln.
Vor Azimo begann Ziambra als Derivate­händle­rin in Chicago, bau­te ihr ei­genes Opti­ons­handelsge­schäft in Deutsch­land auf, arbeite­te im in­ternatio­na­len Bankge­schäft in London und Frankfurt und war als Gründungs­be­ra­te­rin in Afri­ka tätig. Sie kann be­reits heu­te auf ei­ne in­ternatio­nale Karrie­re zurück­bli­cken – un­ter an­derm war sie für die EZB, Deut­sche Börse und PayPal tätig. Twit­ter:@Do­raziexplora

Wie wickelt Azimo das technologisch ab?

Dazu setzen wir auf einen reinen Online-Service ohne teure Repräsentanten und Infrastruktur in den einzelnen Ländern. Das Prinzip ist einfach: Nach der Registrierung geben Nutzer die Details der Transfers in ein Online-Formular ein. Jede beliebige Summe kann auf Konten, an kooperierende Geldempfangsstellen, mobile Wallets und sogar an Privatadressen versendet werden. Azimo funktioniert nur über Online-Kanäle über seine Website, mobile App oder Facebook.

Wie stellen Sie (Stichwort PSD2) die sichere Authentifizierung sicher?

Es werden hohe Sicherheitsanforderungen für die Auslösung und Verarbeitung elektronischer Zahlungen eingeführt und die Verbraucherrechte gestärkt. PSD2 verpflichtet zu einer sicheren End-to-End-Verschlüsselung zwischen Kunde und Zahlungsdienstleister: So wird u.a. eine verstärkte Kundenauthentifizierung verlangt. Gewinner wird am Ende vor allem der Kunde sein. Wir arbeiten täglich daran, diese Richtlinien in unsere Prozesse zu integrieren.

Wichtig ist dabei zu erwähnen, dass Azimo keine Bank ist – aber wir sind so sicher wie eine.

Wir sind ein E-Geldinstitut, autorisiert durch die Financial Conduct Authority (FCA) unter den Bestimmungen des elektronischen Geldverkehrs 2011 (FRN 900220), elektronische Geldtransfers zu bearbeiten und auszuführen.”

In über 190 Ländern auf der ganzen Welt versorgen wir Menschen mit unserem sicheren und zuverlässigen Service.

Sehen Sie sich auch als Konkurrenz zu PayPal oder Transferwise?

Unser Fokus liegt auf unserem Produkt: Wir wollen einen Service entwickeln, der allen Menschen ermöglicht, Geld international zu versenden. Wir konzentrieren uns ausschließlich darauf, das Problem der teuren und intransparenten Auslandsüberweisungen für unsere Kunden optimal zu lösen. Geld kann heute schon aus über 24 Ländern in über 190 Länder auf der ganzen Welt gesendet werden. Unser Ziel ist es, Auslandsüberweisungen in alle Regionen der Welt einfacher, billiger und schneller anzubieten.

Wie schnell ist das Geld für den Empfänger verfügbar?

Eine Transaktion dauert mit Azimo gewöhnlich nur einen Werktag. Die genauen Auszahlungsmethoden und die Transferdauer werden auf unserer Webseite übersichtlich angezeigt. Die angegebene Übertragungsdauer kann leicht variieren auf Grund von Sicherheitsverifikationen, Zeitverschiebungen und veränderten Marktbedingungen im Zielland. Wir können auch kein Geld überweisen, wenn Banken geschlossen haben.

Wann haben Sie persönlich das letzte Mal Geld über Ihren Dienst ins Ausland überwiesen?

Ich schicke sehr regelmäßig Geld mit Azimo ins Ausland. Ehrlich gesagt kommen über 70% unserer Mitarbeiter unseres Londoner Büros ursprünglich nicht aus dem Vereinigten Königreich. Das heißt, dass wir alle auch privat mit dem Service in Kontakt sind – das ist uns sehr wichtig, um unsere Kunden wirklich zu verstehen und so den Service ständig weiterzuentwickeln.

Frau Ziambra, vielen Dank für das Interview.aj

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