IT-PRAXIS10. Juli 2019

S/4HANA-Migration: 8 Schritte für die Datenmigration

Frank Schuler, SAP Mentor und Vice President SAP Technical Architecture, SynitiSyniti

Zwei Drittel der SAP-Kunden planen ihre Zukunft mit S/4HANA, aber der Umstieg bereitet vielen noch Kopfzerbrechen. Kein Wunder, zeigen doch Statistiken von Gartner, dass die Hälfte aller Datenmigrationsprojekte Budget oder Zeitplan sprengen, und das mit negativen Auswirkungen auf das Geschäft. Oft sind unzureichende Datenqualität und mangelhafte Planung Hauptursachen des Scheiterns; dabei ließen sich mit der richtigen Vorgehensweise – zerlegt in acht entscheidende Schritte – die meisten Probleme bei der Daten-Migration vermeiden.

von Frank Schuler, SAP Mentor und Vice President SAP Technical Architecture, Syniti

Der erste entscheidende Schritt für eine reibungslose Datenmigration, der leider oft vernachlässigt wird, ist die gründliche Vorbereitung.

Vorbereitung: Dazu gehört das Festlegen von Teamrollen und Zeitplänen, aber auch die korrekte Definition des Projektumfangs und Migrationsstroms.”

Unternehmen sollten sich hier nicht nur auf klare Verantwortlichkeiten im Projektteam einigen, sondern auch ein verstärktes Augenmerk auf besondere Geschäftserfordernisse wie etwa das Erstellen von Auditberichten legen. Mit Hinblick auf das übergeordnete Unternehmensziel sollte das Projekt so ausgerichtet sein, dass sich Prozesse später wiederverwenden lassen und das Team von Skalierungseffekten profitiert. Mit der richtigen Planung ist auch eine mehrschichtige und komplexe Migration machbar.

Datenquellen identifizieren

Der zweite wichtige Grundstein für den Projekterfolg ist die Phase der Datenextraktion.”

In diesem zweiten Schritt sollte das Unternehmen sich einen umfassenden und abteilungsübergreifenden Überblick über die Gesamtheit seiner Quelldaten verschaffen, alle Datenquellen eindeutig identifizieren und die zugrundeliegenden Eigenschaften und Anforderungen jeder Datenquelle im Detail verstehen. Nur daraus wird ersichtlich, ob und in welchem Umfang noch spezieller Code für die Datenextraktion programmiert werden muss. Mit einem klaren Überblick aller bestehenden Datenquellen in den unterschiedlichen Geschäftsbereichen lassen sich Datensätze zudem schneller auffinden. Tatsächlich führen nur die wenigsten Unternehmen diese Phase vollständig aus, obwohl eine korrekte Umsetzung den Zeit- und Ressourcenaufwand im weiteren Projektverlauf meistens deutlich verringert.

Acht Schritte der Migration
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Die anschließende Datenprofilierung analysiert die Quelldaten und hilft dabei, die für die S/4HANA-Umstellung kritischen Bereiche abzustecken. Dieser wichtige dritte Schritt stellt sicher, dass ausschließlich geschäftsrelevante Daten bereinigt, vereinheitlicht und auf das neue System migriert werden. Redundante und veraltete Daten ziehen den Migrationsprozess sonst nur unnötig in die Länge und kosten wertvollen Speicherplatz. Dieser Schritt macht auch deutlich, wie komplex und aufwändig sich der Migrationsprozess wirklich gestalten wird. Sind die zu migrierenden Daten festgelegt, sollten diese anschließend den richtigen Mitarbeitern oder Fachbereichen zur Bereinigung zugewiesen werden.

Blaupause für das neue System

Schritt vier, um die Migration weiter auf Erfolgskurs zu halten, sollte die Konzipierung der Zieldaten für das neue Softwaresystem sein, unabhängig von der Quelle, aus der diese stammen. Hierbei wird quasi eine S/4HANA-Blaupause erstellt; sie definiert die optimalen von S/4HANA benötigten Daten sowie künftige Datenanforderungen und zeigt damit auch etwaige Lücken auf. Die hierbei erstellten Regeln gelten nach dem Go-Live auch weiterhin und helfen bei der langfristigen Datenqualitätssicherung. Weil sich das Design und die Entwicklung der S/4HANA-Lösung während der Implementierungsphase noch ändern kann, ist es wichtig, dass die Zieldatenkonzeptionierung synchron dazu im gleichen Tempo erfolgt. Sonst wird Nacharbeit fällig, und die Einführung des neuen Systems verzögert sich.

Autor Frank Schuler, Syniti
Frank Schuler ist SAP Mentor und Vice President SAP Technical Architecture bei Syniti. Als echter Enthusiast für SAP-Technologie hilft er Kunden, das Potenzial ihrer Daten voll auszunutzen. Daneben bloggt er regelmäßig zu verschiedenen SAP-Themen. Nach seinem Studium in Florida und Passau arbeitete er unter anderem als leitender Berater für Accenture und SAP.

Schritt fünf: Auf die Konzipierung folgt die entscheidende Abbildung der Quelldaten auf die neuen S/4HANA-Datenfelder. In dieser Phase des Datenabgleichs kommen viele Projekte ins Stolpern, weil der Abbildungsprozess bei ihnen in einer Vielzahl von separaten Arbeitsblättern stattfindet, die sich nur schwer verwalten lassen. Mit einem maßgeschneiderten Softwaretool für die Datenmigration, das eine klar definierte Schnittstellenlogik zwischen den Altdatenquellen und dem neuen System zentral verwaltet, behalten Unternehmen dagegen den Überblick. Datenqualitätsprozesse und Regeln lassen sich damit festlegen, nachverfolgen und wiederverwenden sowie leicht auf ihre Vollständigkeit prüfen.

Datenanreicherung und Validierung

Vor der eigentlichen Migration sind bestehende Altdatensätze oft noch mit fehlenden Informationen zu ergänzen, etwa wenn S/4HANA zusätzliche Datenfelder abfragt oder andere Lücken identifiziert wurden. Diese Aufgabe erledigen am besten die relevanten Geschäftsanwender, die für diese Daten verantwortlich sind. Unternehmen, die diesen sechsten Schritt der manuellen Datenanreicherung auslassen, riskieren nicht nur Probleme beim Go-Live, sondern können im Anschluss oft auch die Möglichkeiten ihres neuen S/4HANA-Systems nicht optimal ausnutzen. Damit der Datenaufbau sich für die nicht-technischen Kollegen möglichst einfach und reibungslos gestaltet, ist ein sorgfältig kontrollierter Validierungsprozess ratsam, der fehlerhafte oder lückenhafte Datensätze automatisch kennzeichnet, an die Fachbereiche weiterleitet und es Mitarbeitern erlaubt, die nötigen Korrekturen an ihren Daten selbst im System vorzunehmen. Dabei sollten die Daten dynamisch mit dem Zieldatenkonzept verknüpft sein, um den weiteren Projektablauf nicht zu unterbrechen.

Den Migrationsprozess erst simulieren

Migration der Daten
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Die sechs vorbereitenden Projektphasen kulminieren im siebten und vorletzten Schritt, nämlich der kritischen Phase der Datentransformation. Aufgabe dieser Phase ist die Erstellung vollständig validierter und sauberer Daten mit der vom Unternehmen in Zukunft benötigten Datenqualität sowie die Simulation, das Testen und die Validierung des Datenladeprozesses in Vorbereitung auf den eigentlichen Go-Live. Hier finden die zuvor erstellen Regeln und Konfigurationen für die Quell- und Zieldaten ihre Anwendung. Wichtig für den Erfolg dieser Phase ist, dass sich die Daten außerhalb von S/4HANA validieren lassen, ohne sie zuerst in das neue System zu laden, und dass sich die Datenmigration zunächst „auf dem Trockenen“ proben lässt. Bei mangelhafter Umsetzung riskieren Unternehmen sonst, dass sie Tausende noch notwendiger Datenvalidierungen von Hand durchführen oder eine zeitraubende Fehlersuche vornehmen müssen. Auch hier ist ein spezielles Migrationstool hilfreich, weil es Transparenz schafft und Validierungsprozesse automatisiert.

Der letzte achte Schritt schließlich ist das Übertragen der Daten in das neue S/4HANA-System. Alle kaufmännischen und technischen Abstimmungen sollten zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen sein, so dass dem reibungslosen Laden der Daten nichts mehr im Wege steht. Gerade in dieser Phase wirken sich Mängel bei der Vorbereitung katastrophal aus: Wurden die Daten nur oberflächlich oder gar nicht auf ihre Qualität hin geprüft, das Laden nicht getestet oder nur ein geringer Anteil der Altdaten richtig transformiert, dann kann der Start mit dem neuen SAP-System extrem holprig sein. Im Extremfall funktionieren die neuen Anwendungen gar nicht, wenn nach der Migration Daten nicht vorhanden, nicht korrekt konvertiert oder formatiert sind, was zu einer No-Go-Entscheidung und damit zu einer Nachbesserungsphase des Projekts führen würde.

Im schlimmsten Fall jedoch wird der nur noch sehr stichpunktartige Pre-Go-Live-Regressionstest erfolgreich abgeschlossen und die mangelhafte Datenqualität dabei gar nicht erkannt.”

Das bedeutet dann nicht nur kostspielige Betriebsunterbrechungen, es wirkt sich auch massiv auf die Akzeptanz bei den Geschäftsanwendern aus. Wer bei der Planung und Vorarbeit Abstriche macht, riskiert also, sich während des Go-Live echte Probleme einzuhandeln.

Die oben beschriebene Methodik hat sich dagegen bereits in zahlreichen Umstellungsprojekten bewährt. Projektteams, die Schritt für Schritt vorgehen und sich so gründlich auf ihren Wechsel zu S/4HANA vorbereiten, sollten ihre Daten-Migration souverän meistern.Frank Schuler, Syniti

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